Krawalle in Bulgarien: Regierung zieht Etatentwurf zurück
SOFIA (dpa-AFX) - Einen Monat vor der Einführung des Euro hat Bulgariens prowestliche Regierung nach einer Großdemonstration ihren umstrittenen Etatentwurf für 2026 zurückgezogen. Ministerpräsident Rossen Scheljaskow erklärte, die Regierung wolle Zugeständnisse machen und bis Jahresende neue Vorschläge machen.
Am Abend zuvor waren Zehntausende Menschen in der Hauptstadt Sofia auf die Straße gegangen. Sie protestierten gegen den Haushaltsplan, der bereits in erster Lesung vom Parlament verabschiedet worden war. Ein Kritikpunkt ist die geplante Erhöhung der Sozial- und Rentenbeiträge um zwei Prozentpunkte. Zudem bemängeln sie, dass der Etat Raum für Korruption biete. Die Demonstranten verlangten auch den Rücktritt der Regierung.
Krawalle nach friedlichem Großprotest
Die friedlich begonnene Demonstration, an der nach Angaben der Veranstalter 50.000 Menschen teilnahmen, mündete in der Nacht in Krawallen an Parteizentralen des Regierungslagers. Maskierte warfen Knallkörper, Flaschen, Dosen und andere Gegenstände in Richtung der Polizei. Die Polizei setzte Tränengas und Pfefferspray ein.
Auf beiden Seiten gab es Verletzte. Wegen Vandalismus wurden 71 Menschen festgenommen. Das prowestliche Oppositionsbündnis PP-DB, das zu Protesten auch in anderen Städten aufgerufen hatte, machte für die Ausschreitungen "Provokateure" verantwortlich.
Wie lange bleibt die Regierung?
Staatschef Rumen Radew forderte noch in der Krawallnacht den Rücktritt der Regierung. "Der Ausweg ist nur einer: Rücktritt und vorgezogene Wahlen", schrieb er auf Facebook. Das prowestliche Oppositionsbündnis PP-DB erklärte, sollte die Regierung nicht noch diese Woche zurücktreten, dann werde es einen Misstrauensantrag geben. Regierungschef Scheljaskow erklärte, angesichts der Euro-Einführung am 1. Januar 2026 sei jetzt keine Zeit für Rücktritte.
Bulgarien wird seit Januar 2025 von einem prowestlichen Koalitionskabinett regiert. Es wurde als Kompromisslösung nach der siebten Parlamentswahl binnen dreieinhalb Jahren aus Konservativen, Sozialisten und Populisten gebildet. Diese Minderheitsregierung ist im Parlament auf die bei der Opposition umstrittene Unterstützung einer vierten Partei, der DPS, angewiesen - gegen ihren Parteichef Deljan Peewski haben die USA und Großbritannien Sanktionen wegen Korruption verhängt./el/DP/nas