Die Aufregung war groß, als den 180.000 flatex-Kunden am 2. März eine "Information zur Einführung von Negativzinsen auf Guthaben" ins Haus flatterte. Man sehe sich gezwungen, so flatex-Chef Frank Niehage, den Kunden ab 15. März 2017 einen Negativzins in Höhe von derzeit 0,40% p.a. auf ihre bei der biw AG gehaltenen Guthaben zu berechnen. Zugleich kündigte der Finanzdienstleister an, auch eventuelle weitere Anpassungen des Negativzinssatzes durch die EZB an die Kunden weiterreichen zu wollen.
finanzen.net berichtete ausführlich über die Strafzinsen für flatex-Kunden, die laut flatex-Chef Niehage einer Zusatzbelastung von im Durchschnitt 40 Euro pro Jahr gleichkommen. Im Schnitt wohlgemerkt, denn die Zusatzkosten können durchaus auch geringer oder höher ausfallen, je nachdem, welche Beträge auf dem Cashkonto bei flatex lagern.
Strafzinsen auch bei anderen Banken und Brokern?
Zahlreiche Anleger, die nicht bereit sind, Strafzinsen auf ihre Einlagen zu zahlen, haben sich zwischenzeitlich auf die Suche nach Alternativen begeben. Der finanzen.net Online Broker-Vergleich, der die Konditionen der wichtigsten Anbieter vergleicht, hatte so viele Zugriffe wie selten zuvor. Und auch das finanzen.net Brokerage-Angebot war deutlich stärker als sonst frequentiert. Wenig verwunderlich, hatte die flatex-Konkurrenz doch umgehend die Werbetrommel gerührt, um die Gunst der Stunde zu nutzen und abwanderungswilligen flatex-Kunden ihre Kontenmodelle "ohne Negativzinsen" schmackhaft zu machen. "Keine Lust auf Negativzinsen? Dann wechseln Sie jetzt." hieß es beispielsweise bei der comdirect.
Die Verunsicherung unter Anlegern ist jedenfalls spürbar. Viele Depotkunden stellen sich die Frage, ob das Beispiel flatex Schule machen und vielleicht auch die eigene Depotbank bald mit Negativzinsen um die Ecke kommen könnte. finanzen.net hat sich deshalb unter den bedeutendsten Onlinebrokern umgehört und die Anbieter nach ihren diesbezüglichen Planungen befragt.
Das sagen Deutsche Bank, ING-DiBa und Targobank zu Negativzinsen
Eine Sprecherin der Deutschen Bank teilte finanzen.net auf Anfrage mit, dass das Institut "sehr aufmerksam und fortlaufend die Auswirkungen der negativen Marktzinsen auf die Kunden und die Bank beobachte". Die Deutsche Bank "plant derzeit nicht, im breiten Kundengeschäft Kosten für Einlagen an die Kunden weiterzugeben". Mit institutionellen Kunden mit zusätzlichem Bedarf an Einlageprodukten stehe die Bank im engen Dialog, um passende Anlagealternativen oder Kompensationsmodelle zu vereinbaren." Diese Aussagen gelten so auch für maxblue, die Online-Investment-Plattform der Deutschen Bank, so die Sprecherin der Deutschen Bank.
Ziemlich eindeutig hingegen die Aussagen der ING-DiBa. Laut eines Unternehmenssprechers gebe es "überhaupt keine Überlegungen bezüglich der Einführung von Negativzinsen für unsere Sparkunden". Negativzinsen wolle man "auf jeden Fall vermeiden" und man sei "sehr zuversichtlich, dass uns das auch über 2017 hinaus gelingen wird".
Dass vielen Banken die von der Europäischen Zentralbank (EZB) berechneten Strafzinsen weh tun, räumte auch Axel Bäumer von der Targobank im Hintergrundgespräch ein. Dennoch ein klares Statement des Unternehmenssprechers: "Die Targobank plant nicht, Negativzinsen einzuführen."

Consorsbank und comdirect wollen keine Strafzinsen
Auch die Branchengrößen comdirect und Consorsbank, die erst kürzlich die Übernahme der DAB Bank vollzogen hat, teilen unisono mit, dass es derzeit keine Überlegungen zur Einführung von Strafzinsen gebe. Die Frage, ob die Einführung von Negativzinsen bis Ende 2017 ausgeschlossen sei, beantwortete Dirk Althoff von der Consorsbank wie folgt: "Es wäre unseriös, Dinge kategorisch auszuschließen. Ich bin mir aber recht sicher, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Negativzinsen in 2017 geben wird."
Auch bei der comdirect, so Sprecherin Katharina Bremer, plane man "Negativzinsen für unsere Kunden zu vermeiden". Gleichzeitig "beobachte man aber auch weiterhin den Markt und die Entwicklungen". Auf die Frage, wann sich die comdirect gezwungen sehe, Negativzinsen einzuführen, teilt die comdirect mit: "Natürlich prüfen wir, wie wir im Interesse aller Beteiligten bestmöglich auf die anhaltende Niedrigzinsphase reagieren können. Und klar ist auch: Hohe Einlagen, die dauerhaft zinslos auf den Konten deponiert werden, nutzen niemandem etwas. Nicht den Kunden, da sie einen realen Wertverlust erleiden, wenn sie ihr Geld auf ihrem Konto liegen lassen. Und auch nicht der Bank, die dafür bezahlen muss, ihr Geld bei der EZB zu deponieren. Wir schauen daher gemeinsam mit den Kunden, wie wir eine für alle Beteiligten optimale Lösung finden."
Für LYNX sind Negativzinsen nichts Neues
Kein neues Thema sind Strafzinsen hingegen beim Broker LYNX, der seine Kundenkonten über Interactive Brokers (IB) in Großbritannien führt. Die gibt es bereits. Anders als bei der BIW (flatex, ViTrade), die schon ab dem erste Euro Negativzinsen erhebt, berechnet LYNX Negativzinsen jedoch "ausschließlich ab einem Volumen von 100.000 Euro und größer", so Klaus Schulz. "Die Einführung von Negativzinsen ab dem ersten Euro ist zum aktuellen Stand nicht geplant." Auf die Frage, ob die Einführung von Negativzinsen bis Ende 2017 ausgeschlossen werden könne, entgegnet der Marketingverantwortliche: "Wir vermeiden dies, solange wie es wirtschaftlich sinnvoll ist."
Keine derartigen Überlegungen bei DKB, S Broker und DEGIRO
Auch beim Broker der Sparkassen (S Broker) und der niederländischen DEGIRO will man von Strafzinsen derzeit nichts wissen. Alexander Rackwitz vom S Broker beteuert, dass "die Weitergabe so genannter Negativzinsen an unsere Kunden bzw. die Erhebung von Verwahrentgelten [...] derzeit nicht geplant" sei. "Keine Überlegungen zur Einführung von Negativzinsen" gebe es auch bei DEGIRO, so Jan Jirsa, der bei den Niederländern für die DACH-Region (Deutschland, Österreich und die Schweiz) verantwortlich ist.
Auf die Frage, ob man die Einführung von Strafzinsen bis Ende 2017 ausschließen könne, teilt der Sparkassenbroker schriftlich mit: "Die Einführung von Negativzinsen können wir - ebenso wie viele andere Institute - nicht kategorisch ausschließen. Eine solche Einführung ist beim S Broker jedoch derzeit nicht geplant." Bei DEGIRO klingt das hingegen so: "Negativzinsen erscheinen aus heutiger Sicht sehr unwahrscheinlich."
Auch von der DKB-Pressestelle erfuhr finanzen.net, dass "derzeit keine Negativzinsen geplant" seien. Eine verbindliche Aussage auf die Frage, ob die Einführung von Negativzinsen bis Ende 2017 ausgeschlossen werden könne, erhielt finanzen.net hingegen nicht.
IG und OnVista Bank legen sich fest
Auch wenn alle zwölf befragten Institute beteuern, dass es "aktuell" keine Überlegungen zur Einführung von Negativzinsen gebe, wollten sich nur zwei davon verbindlich auf den Zeitraum bis Ende 2017 festlegen. Sowohl bei IG Markets, einer 100-prozentigen Tochter der britischen IG Group, als auch bei der OnVista Bank aus Frankfurt, denke man nicht darüber nach, die EZB-Strafzinsen an die Kunden weiterzureichen. Die Einführung negativer Zinsen bis Ende 2017 schließen sowohl IG als auch die OVB definitiv aus. Letztere ist auch für das finanzen.net Festpreis-Depot verantwortlich, gute Nachrichten also für finanzen.net-Nutzer.
Passend zum Thema:
» Stiftung Warentest: Sparpotenzial bis zu 627 Euro bei den Depotkosten
» Broker Vergleich: die Konditionen von Onlinebrokern im Überblick
» flatex führt Strafzinsen auf Guthaben ein
» Online Broker - günstiges Trading bei finanzen.net Online Brokerage
Bildquellen: igor.stevanovic / Shutterstock.com, StockThings / Shutterstock.com