Jason Lemkin veröffentlichte am 18. Dezember 2022 einen Blog mit dem Titel „Right Back to Where We Were 3 Years Ago“ (zu Deutsch: Zurück an dem Punkt, an dem wir vor 3 Jahren standen). Er weckte meine Aufmerksamkeit, weil er eine frühere Version der folgenden Darstellung betrachtete: Abbildung 1: Kumulative Wertentwicklung ausgewählter Aktienindizes über 3 Jahre bis zum 30. Dezember 2022Quelle: WisdomTree, Bloomberg. Zeitraum vom 31. Dezember 2019 bis zum 30. Dezember 2022. Alle Renditen verstehen sich als Nettogesamtrenditen, d. h. es wird davon ausgegangen, dass Dividenden nach Abzug von Steuereinbehalten wiederangelegt werden. EMCLOUDN bezieht sich auf den BVP Nasdaq Emerging Cloud Index. S&P 500 bezieht sich auf den S&P 500 Index. Nasdaq 100 bezieht sich auf den Nasdaq 100 Index.Es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Die historische Wertentwicklung ist kein Hinweis auf die künftige Wertentwicklung, und Anlagen können im Wert sinken. Es handelt sich um eine beeindruckende Darstellung für diejenigen unter uns, die die Entwicklung von SaaS-Unternehmen (Software-as-a-Service) für Cloud-Computing verfolgen. Für uns geht daraus eindeutig hervor, dass der Effekt des „pandemiebedingten Vorziehens“ der Nachfrage nach Software in der Drei-Jahres-Entwicklung vollständig aufgehoben wurde. Daher ist es an der Zeit, eine einfache Frage zu stellen: Beschert uns der Markt einen „Neustart“, sodass wir jetzt wieder Zugang zu Unternehmen auf einem ähnlichen Niveau wie vor der Pandemie haben? Oder ist das Spiel vorbei und das Cloud-Geschäftsmodell zum Scheitern verurteilt? SaaS-Unternehmen haben sich seit 2019 erheblich weiterentwickelt In Abbildung 2 betrachten wir die Bewertung über den gleichen Zeitraum. Selbst wenn die Kursentwicklung der zugrunde liegenden Unternehmen in den meisten Fällen zunächst gestiegen und dann wieder gefallen ist – was zu der beobachteten Performance des BVP Nasdaq Emerging Cloud Index geführt hat – mussten unserer Analyse zufolge keine Unternehmen einen weitreichenden negativen Umsatzverlauf gegenüber dem Vorjahr hinnehmen. Stattdessen haben sich die Bandbreiten des Umsatzwachstums tendenziell nach unten verschoben, wobei sich der Medianwert des Index nun der Marke von 30 % annähert, während er vor etwa einem Jahr noch bei über 40 % lag. Wenn die Kurse gefallen, die Umsatzerlöse aber weiter gestiegen sind, lässt sich der Schluss ziehen, dass die aktuelle Bewertungschance besser ist als die vor drei Jahren im Dezember 2019. Aus Abbildung 2 ist ersichtlich, dass das Kurs-Umsatz-Verhältnis in diesem Zeitraum 7,0–8,0 x betrug; gegenwärtig liegt es indes unter 4,5 x. Auch wir sind der Ansicht, dass diese Titel derzeit günstiger sein sollten, da das Risiko heute höher ist und die Kapitalkosten ebenfalls gestiegen sind. Wir können nicht mit Gewissheit sagen, ob die aktuellen Kurse dieses Risiko vollkommen richtig wiedergeben. Dennoch ist es einfach wichtig, zu wissen, dass das Risiko offenbar einkalkuliert ist. Abbildung 2: Entwicklung des Kurs-Umsatz-Verhältnisses seit Auflegung des BVP Nasdaq Emerging Cloud IndexQuelle: WisdomTree, Bloomberg. Zeitraum vom 02. Oktober 2018 bis zum 29. Dezember 2022. Die historischen Daten zum Kurs-Umsatz-Verhältnis stammen von Bloomberg.Es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren.Die historische Wertentwicklung ist kein Hinweis auf die künftige Wertentwicklung, und Anlagen können im Wert sinken. Unserer Überzeugung nach ist die Bewertung von Software-as-a-Service-Unternehmen stets in Verbindung mit dem Umsatzwachstum zu betrachten. Bei vielen dieser Unternehmen schlagen sich positive Nettoeinnahmen noch nicht im Gewinn nieder. Wenn man also einen angemessenen Fundamentalwert heranziehen kann, scheint der Umsatz zu diesem Zeitpunkt in der Entwicklung des Megatrends am sinnvollsten zu sein. Wir betrachten dies als einen Megatrend – das heißt, der Zeithorizont, den wir im Auge haben, sind nicht die nächsten zwölf Monate oder wenige Jahre, sondern eine Entwicklung, die sich über zehn Jahre erstrecken dürfte. Abbildung 3 zeigt eine bemerkenswerte Entwicklung: Im Dezember 2021 waren die Unternehmen, die zu diesem Zeitpunkt im BVP Nasdaq Emerging Cloud Index enthalten waren (d. h. die Titel, die im Dezember 2021 Bestandteil des Index waren), gemessen am Verhältnis von Unternehmenswert zu Umsatz doppelt so teuer wie die Titel im Nasdaq 100. Eine Betrachtung desselben Verhältnisses im Dezember 2022 ergibt, dass der Index aus Software-as-a-Service-Aktien beinahe dasselbe kostet wie die allgemeine Technologie-Benchmark. Das Wachstum ist dagegen langsamer zurückgegangen als die Bewertung. Es handelt sich hier zwar um Umsatzwachstum und nicht um die Steigerung von Gewinnen oder Cashflow, aber wir stellen fest, dass die Unternehmen nach wie vor wachsen und einige von ihnen immer noch Ergebnisse liefern, die die Erwartungen der Wall Street übertreffen. Wenn der Nasdaq 100 um etwa 10 % ansteigt und der BVP Nasdaq Emerging Cloud Index um etwa 30 % zunimmt, bietet sich dann ein attraktiver Trade-off? Der Nasdaq Index bildet vor allem bewährte, etablierte Unternehmen ab, wobei einige der wertvollsten Unternehmen der Welt, gemessen an ihrer Marktkapitalisierung, die höchste Gewichtung erhalten. Die Risikoprofile dieser Aktiengruppen dürften recht unterschiedlich sein. Wenn wir aber nicht an die nächsten zwölf Monate, sondern an die nächsten zehn Jahre denken, leuchtet die Risikodifferenz dann möglicherweise ein? Unseres Erachtens lässt sich folgern, dass die Chance, dass der gegenwärtige Bewertungs-Trade-off sinnvoll ist, größer ist als zum kurzfristigen Markthoch im November 2021, auch wenn es unmöglich ist, die Zukunft mit Gewissheit vorherzusagen. Abbildung 3: SaaS-Unternehmen verzeichnen stärkeres Wachstum bei ähnlichem Gesamtmultiple wie der Nasdaq 100 IndexQuelle: WisdomTree, Bloomberg. Alle Fundamentaldaten stammen von Bloomberg. EMCLOUDN ist der BVP Nasdaq Emerging Cloud Index. Bei der Berechnung der dargestellten Kennzahlen sind die zugrunde liegenden Indexbestandteile und -gewichtungen zum 30. Dezember 2022 festgelegt, und nur die Fundamentaldaten ändern sich. Das Umsatzwachstum wird durch ein gewichtetes durchschnittliches Umsatzwachstum der Indexbestandteile dargestellt. Das Umsatzwachstum der zugrunde liegenden Indexbestandteile wird im Jahresvergleich entweder aus vierteljährlichen, halbjährlichen oder jährlichen Daten berechnet, je nachdem, welche Daten in Bloomberg (ab vierteljährlichen Daten) verfügbar sind. EV steht für Enterprise Value (Unternehmenswert). Das EV-Umsatz-Verhältnis (Verhältnis von Unternehmenswert zu Umsatz) ist durch ein gewichtetes harmonisches Mittel des EV-Umsatz-Verhältnisses für die Indexbestandteile dargestellt. Bei der Zusammenfassung der dargestellten Kennzahlen auf Indexebene wurde die Gewichtung der Indexbestandteile mit fehlenden Daten anteilig auf die Indexbestandteile verteilt, für die Daten für den angegebenen Zeitraum vorliegen.Es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren.Die historische Wertentwicklung ist kein Hinweis auf die künftige Wertentwicklung, und Anlagen können im Wert sinken. Der springende Punkt: Was machen SaaS-Unternehmen? Unserer Meinung nach ist keine Diskussion über Cloud-Computing- oder SaaS-Unternehmen vollständig, ohne auf die Tätigkeit dieser Unternehmen einzugehen. SaaS ist nur ein Geschäftsmodell – eine Möglichkeit, Software anzubieten bzw. zu nutzen, die im Wettbewerb mit anderen Möglichkeiten für das Angebot bzw. die Nutzung von Software steht. Bevorzugen die Menschen Abonnementmodelle oder würden sie lieber wieder in einer Welt leben, in der sie eine DVD kaufen und ihre eigene Kopie in der Hand halten müssen? Wenn die Software notwendig und wertvoll ist und das Unternehmen seine Strategie umsetzen kann, haben wir Vertrauen in die langfristige Zukunft. Ist die Software hingegen eine Ermessensfrage und eher eine Option als ein Muss, kann es mehr Risiken geben. Die folgenden Funktionsgruppen dienen unserer Ansicht nach als Ausgangspunkt: Cybersicherheit: Unternehmen wie CrowdStrike, SentinelOne, Cloudflare, Zscaler und Darktrace konzentrieren sich auf Cybersicherheit. Ein Abonnement für Cybersecurity-Schutz ist sinnvoll, denn wir wissen, dass sich die Angreifer ständig weiterentwickeln. Ein gleichbleibender Schutz würde schließlich an seine Grenzen stoßen. Zahlreiche SaaS-Cybersicherheitsunternehmen notieren nicht unbedingt zu einstelligen Kurs-Umsatz-Multiplikatoren, aber es gilt auch, dass Cybersicherheit im Jahr 2022 vor allem aufgrund des Russland-Ukraine-Konflikts massive Aufmerksamkeit von Anlegern erhalten hat. Softwareentwicklung: Unternehmen wie Twilio, Atlassian und New Relic betreiben Plattformen, die für die Softwareentwicklung nützlich sind. Twilio und Atlassian sahen sich während ihrer jüngsten vierteljährlichen Gewinnberichterstattung mit schwierigen Kursentwicklungen konfrontiert. Allerdings halten wir den Service, den sie für die Softwareentwicklung bieten, nach wie vor für unverzichtbar. Geschäftsdienstleistungen: Ein Unternehmen wie Bill.com ist sehr interessant, da es ein Beispiel für einen Dienst ist, der kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Verwaltung ihrer Ausgaben hilft. Das ist ein guter Fall, den man im Gedächtnis behalten sollte, denn Unternehmen neigen dazu, solche Dienste in Anspruch zu nehmen, um ihre Effizienz zu steigern und Kosten und Zeit zu sparen. Wir können nicht behaupten, dass dieses (oder ähnliche) Unternehmen immun gegen den Druck der Rezession ist, möchten aber darauf hinweisen, dass es wohl auch nicht das erste Abonnement ist, das gestrichen wird. Cloud-Computing- und Software-as-a-Service-Unternehmen können noch nicht auf eine lange Betriebsgeschichte zurückblicken, sodass wir ihre Leistung während der globalen Finanzkrise der Jahre 2008-09 nicht einschätzen können. Wir müssen davon ausgehen, dass ihre Entwicklung beim Platzen der „Technologieblase“ deutlich negativ gewesen wäre, wenn sie 2001 und 2002 existiert hätten. Die These, dass diese Unternehmen völlig rezessionssicher sind, hat sich 2022 nicht bewahrheitet. Wir möchten jedoch anmerken, dass ihre Umsatzerlöse immer noch wachsen. Es ist also auch nicht der Fall, dass diese Unternehmen sofort wieder eine negative Umsatzentwicklung und wegbrechende Fundamentaldaten aufweisen. Wenn man dies als Megatrend ansieht, wie wir es bei WisdomTree tun, könnte der aktuelle Zeitraum in den kommenden Monaten ein viel interessanterer Einstiegspunkt sein als alles, was wir in letzter Zeit erlebt haben, auch wenn die kurzfristige Performance immer noch für Herausforderungen sorgen könnte. Zudem könnte Sie folgende Lektüre interessieren...+ Cloud Computing: Was sagen uns die großen Akteure?+ Cloud Computing: Behalten wir das Wachstum im Blick! ]]>