Am 16. November 2022 erhob sich die Voyager-Maschine der britischen Royal Air Force (RAF), die militärische Variante des Airbus A330, für 90 Minuten über Oxfordshire in die Lüfte. Was von außen wie ein Routine-Testflug aussah, wurde im Nachhinein als bahnbrechend eingestuft. Warum? Es handelte sich um den weltweit ersten Flug eines militärischen Transportflugzeugs und den ersten eines Flugzeugtyps überhaupt in Großbritannien, der mit 100 % nachhaltigem Flugbenzin durchgeführt wurde. Was sind erneuerbare Kraftstoffe? Erneuerbare Kohlenwasserstoff-Biokraftstoffe (auch grüne Biokraftstoffe oder Drop-in-Biokraftstoffe genannt) sind Kraftstoffe, die durch eine Vielzahl biologischer, thermischer und chemischer Prozesse aus Biomasse hergestellt werden. Diese Produkte sind chemisch identisch mit herkömmlichem Benzin, Diesel oder Flugzeugtreibstoff1. Mit anderen Worten, erneuerbare Kraftstoffe sind Energiequellen, die chemisch mit fossilen Kraftstoffen identisch sind, aber aus häuslichen, gewerblichen oder landwirtschaftlichen Abfällen gewonnen werden (siehe Abbildung 1 unten). Abbildung 1: Abfälle in Energie umwandelnQuelle: WisdomTree, Januar 2023. Was ist daran so aufregend? Erneuerbare Kraftstoffe wie erneuerbarer Diesel und nachhaltiger Düsenkraftstoff können die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen um etwa 80–90 % reduzieren2. Und weil sie wesentlich sauberer verbrennen, bleiben auch die Motorfilter länger sauber und müssen seltener gewartet werden. Da außerdem Altspeiseöl, Pflanzenöl, Verarbeitungsabfälle und Tierfettabfälle als Rohstoffe verwendet werden, verringert die Produktion dieser Brennstoffe den Bioabfall und damit die Emissionen aus Deponien. Damit sind erneuerbare Kraftstoffe eine Schlüsselkomponente der Kreislaufwirtschaft. Wenn es um die Nutzung natürlicher Ressourcen geht, hat die Menschheit in der Vergangenheit weitgehend linear gehandelt. Das Kreislaufmodell hingegen ist viel weniger verschwenderisch und strebt eine möglichst hohe Recyclingquote an (siehe Abbildung 2 unten). Abbildung 2: Die KreislaufwirtschaftQuelle: WisdomTree, Ellen MacArthur Foundation, 2023. Der springende Punkt bei den erneuerbaren Kraftstoffen ist die Unmittelbarkeit, mit der sie ihre Wirkung entfalten können. Sie werden deshalb als Drop-in-Kraftstoffe bezeichnet, weil sie fossile Kraftstoffe in Verbrennungsmotoren mit geringen oder ganz ohne Modifikationen ersetzen können. Bei einem ausreichend großen Angebot könnten nicht ohne weiteres elektrifizierbare Transportmittel wie schwere Lastwagen, Schiffe und Flugzeuge auf erneuerbare Kraftstoffe umgestellt werden, was die Umweltbilanz erheblich verbessern würde. Nach Angaben von BP „entspricht ein Hin- und Rückflug zwischen London und San Francisco einem Fußabdruck von fast 1 Tonne CO2-Äquivalent pro Economy-Ticket. Angesichts der erwarteten Verdoppelung der Flugpassagierzahlen auf über 8 Milliarden bis zum Jahr 2050 müssen wir unbedingt handeln, um die Kohlenstoffemissionen des Luftverkehrs zu reduzieren.“ Die Herausforderung Erneuerbare Kraftstoffe oder Biokraftstoffe stecken noch in den Kinderschuhen. Die offenkundige erste Hürde, die es zu überwinden gilt, ist ein wettbewerbsfähiger Preis im Vergleich zu fossilen Brennstoffen. Die Kostenschätzungen variieren, aber die Zahlen der International Air Transport Association (IATA) bieten einen ersten Hinweis auf die Größenordnung. Im Mai 2022 meldete die IATA einen weltweiten Durchschnittspreis für Flugzeugtreibstoff von etwa 4,15 $ pro Gallone. Der US-Durchschnittspreis für eine Gallone nachhaltigen Flugzeugtreibstoffs liegt dagegen bei etwa 8,67 $. Das entspricht in etwa dem doppelten Preis der herkömmlichen umweltschädlichen Technologie. Das ist gar kein schlechter Ausgangspunkt. Wenn man bedenkt, wie schnell die Kosten für die Energiespeicherung in Akkus in den letzten zehn Jahren gesunken sind, könnten erneuerbare Brennstoffe schon bald wettbewerbsfähig werden, wenn ausreichend investiert wird und Skaleneffekte erzielt werden. Die IATA prognostiziert darüber hinaus, dass erneuerbare Kraftstoffe bis 2025 einen Anteil von 2 % an allen Flugkraftstoffen ausmachen könnten – ein möglicher Wendepunkt in Bezug auf ihre Wettbewerbsfähigkeit. Die Unternehmen handeln Unternehmen, die ihre eigenen Netto-Null-Ziele verfolgen, haben bereits begonnen auszuloten, inwieweit erneuerbare Brennstoffe ihre Abfallmenge verringern können. Darling Ingredients Inc, die ihre Marke Diamond Green Diesel aus recycelten Tierfetten, ungenießbarem Maisöl und Altspeiseöl herstellen, wurden im März 2022 von der Fast-Food-Kette Chick-fil-A beauftragt, Altspeiseöl in sauberen Treibstoff zu verwandeln. Ebenfalls im Jahr 2020 ging McDonald's eine Partnerschaft mit der Neste Corporation ein, um Altpflanzenöl in erneuerbaren Diesel umzuwandeln und die Lastwagen damit zu betanken, die die Filialen beliefern. Nach Angaben von TortoiseEcofin haben sowohl Darling Ingredients als auch Neste einen negativen CO2-Fußabdruck, da die von beiden Unternehmen produzierten Emissionen geringer sind als die durch ihre erneuerbaren Kraftstoffe vermiedenen Emissionen3. Ein letztes Wort Mit erneuerbaren Kraftstoffen allein lässt sich der Klimawandel nicht bekämpfen. Das kann keine einzelne Lösung leisten. Aber sie können uns helfen, sinnvolle Fortschritte zu erzielen. Der Intergovernmental Panel on Climate Change (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen; IPCC) betont, wie wichtig es für die Welt ist, die globalen Treibhausgasemissionen in diesem Jahrzehnt zu halbieren, um zumindest eine Chance zu haben, die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Das bedeutet, dass sofort wirksame Lösungen eine wichtige Rolle spielen. Biokraftstoffe können die Emissionen aus Abfällen in Deponien reduzieren und als wesentlich sauberere Alternative zu fossilen Brennstoffen die Dekarbonisierungsbemühungen der Welt beschleunigen. Dazu werden keine andersartigen Motoren benötigt. Es fehlt nur noch die Finanzierung, um die gewünschte Größenordnung zu erreichen. Quellen1 Nach Angaben des US-Energieministeriums.2 Nach Angaben von Neste, Januar 2023.3 Basierend auf Scope 1- und Scope 2-Emissionen. Scope 1 umfasst direkte Emissionen aus eigenen oder selbst kontrollierten Quellen. Scope 2 umfasst indirekte Emissionen aus der Erzeugung von eingekauftem Strom, Dampf, Wärme und Kälte, die das meldende Unternehmen verbraucht. Zudem könnte Sie folgende Lektüre interessieren...+ Sind recycelte Batteriemetalle genauso effektiv wie neu abgebaute?+ WisdomTree Thematischer Ausblick – die Zukunft ist grün und stark vernetzt. Und sie beginnt jetzt. ]]>