Als ein treibender Kopf des Berliner Technologie-Ökosystems hat Jan Beckers zuvor über 25 Unternehmen - darunter Solarisbank, Clark oder Fyber - mitgegründet und aufgebaut. 2014 wurde er sogar als Deutschlands Unternehmer des Jahres in Deutschland von den Wirtschaftsprüfern von EY ausgezeichnet. Das Know-How, das er sich als erfolgreicher Startup-Entrepreneur und Investor angeeignet hat, nutzt er nun auch an den Märkten als Chief Investment Officer des BIT Global Internet Leaders-Fonds.
Erst erfolgreicher Gründer, dann Techinvestor? Das ist doch eine überraschende Wendung?
Jan Beckers: So überraschend war das für mein Umfeld nicht. Ich habe neben den Firmengründungen schon immer auch investiert. So bin ich etwa in der ersten Finanzierungsrunde bei Delivery Hero eingestiegen, habe bereits Pre-IPO Anteile an Facebook und LinkedIn erworben. Eine kanadische Digitalplattform für Rechtsanwälte, an der ich mich beteiligt habe, als die Bewertung bei knapp einer Million US-Dollar lag, ist heute mehr als eine Milliarde wert. Investieren ist meine größte Passion, und mein Track Record war immer sehr gut, besser als der der allermeisten klassischen Asset Manager. Deswegen wollte ich auch andere mit auf diese Reise mitnehmen.
Stimmt es, dass Sie als Student ihr erstes Unternehmen gegründet haben?
Beckers: Das stimmt. Ich habe mich schon als Jugendlicher sehr für Wirtschaft interessiert und mich intensiv mit ökonomischen Themen beschäftigt. Mehr noch als die Theorie reizte mich die Anwendung des Erlernten. So gründete ich neben meinem BWL-Studium in Münster mein erstes Unternehmen und wurde der führende Partyveranstalter der Stadt. Um mir einen strategischen Vorteil zu verschaffen, habe ich zuerst das Eventportal Studenta.de gegründet, dort über alle Partys in der Stadt informiert, Termine und Fotos ins Netz gestellt. Das hat gut funktioniert. So begann ich selbst Veranstaltungen zu organisieren und wurde noch während meines Studiums tatsächlich der erste Partyveranstalter am Platz.
Können Sie den Lesern verraten, worauf ein guter Investor stets achten sollte?
Beckers: Zu dieser Frage könnte ich lange sprechen. Es gibt vieles, worauf ein guter Investor achten sollte. Aber vielleicht als Beispiel: sowohl beim Gründen von Unternehmen als auch beim Investieren geht es zunächst auch darum, frühzeitig die richtigen Fragen zu stellen: Wohin entwickelt sich die Technologie? Wohin entwickeln sich die Märkte? Was wird Erfolg haben? Für die richtigen Antworten braucht es Instinkt und eine tiefgreifende Datenanalyse.
Wie sorgen Sie dafür, dass BIT Capital ein solcher guter Investor ist?
Beckers: BIT Capital zählt inzwischen über 20 Mitarbeiter im Investmentteam. Damit verfügen wir über eines der größten Teams im Bereich Technologie in Europa. Wir treffen Entscheidungen als Sektorexperten, die dank ihrer Erfahrung tief in den Maschinenraum blicken. BIT Capital ist in seinem Kern ein Tech-Unternehmen. Das Team vereint Finanzexperten, Digitalunternehmer, Datenexperten und Softwareentwickler. Unser Investmentteam besteht aus Experten, die in Industrien tätig waren in denen sie heute investieren. Als Sektorspezialisten zeichnen sie sich durch ihr Industrie-Knowhow aus und verstehen zu dem wie ein Fonds gemanagt wird. Bei der Auswahl und Bewertung von Unternehmen tauchen wir so tief in den Maschinenraum ein. Wir kennen die Menschen, verstehen die Technologie und analysieren die Daten hinter den Erfolgen.
Sie haben also ein einzigartiges Team. Wie kann man ihren Investmentansatz beschreiben?
Beckers: Unser Investmentansatz ist vereinfacht gesagt eine Kombination aus Fundamentalanalyse und Unternehmerblick. Wir kommen aus dem Value-Investing, haben diesen Ansatz aber durch Technologieverständnis und der Analyse von Daten stark erweitert - auch aus alternativen Quellen. So haben wir auf der einen Seite einen klassischen Finanzanalysten-Blick, auf der anderen Seite unseren Blick als Unternehmer mit einem tiefgreifenden Branchen- und Geschäftsmodellverständnis. In Kombination mit einer fortlaufenden Datenanalyse ist das gerade in dynamischen Märkten sehr von Nutzen.
Beim Investieren spielt TIming ein gewichtige Rolle. Zuletzt sind die Kurse von Technologieunternehmen stark gefallen. Lohnt es sich für Anleger aktuell über einen Wiedereinstieg nachzudenken?
2022 war für Investoren auf der ganzen Welt ein außerordentlich schwieriges Jahr. Die Folgen der Zinspolitik der Notenbanken betrafen den gesamten Markt und fielen für Investoren in fast allen Assetklassen drastisch aus. Das klassische und als stabil geltende 60/40-Portfolio hatte eines der schlechtesten Jahre in fast 100 Jahren. Einzig der Energiesektor konnte in diesem Marktumfeld profitieren. Der Crash der Technologiemärkte erreichte insgesamt ein Ausmaß vergleichbar nur mit dem Platzen der Dotcom-Blase vor zwanzig Jahren: Mehr als 1000 Werte im Nasdaq Composite-Index haben zeitweise 80% und mehr verloren.
Die Bewertungen sind inzwischen attraktiv. Eine klare Antwort auf die Frage, wo genau der Boden liegt, gibt es nie. Aber es gibt einige Indizien, die für einen guten Einstiegszeitpunkt sprechen. Der S&P 500 hat im Jahr 2022 Tiefststände erreicht. Seit Jahresanfang haben sich die meisten Techwerte erholt. Es könnte gut sein, dass Technologieunternehmen, die als erstes vom Crash betroffen waren, sich auch als erstes wieder erholen.
Welche Sektoren finden Sie aktuell besonders interessant?
Technologie bleibt weiterhin unser Fokus. Wir sind besonders gut darin die Tech-Gewinner von morgen zu identifizieren. Wir sind nach wie vor vom langfristigen Potenzial überzeugt, das mit den entsprechenden technologischen Entwicklungen einhergeht. Angesichts dessen steht das kommende Jahr für BIT Capital im Zeichen der Erschließung weiterer technologischer Megatrends.
So rücken zum Beispiel beim BIT Global Leaders-Fonds verstärkt Sektoren mit attraktiven Chancen-Risiko-Profilen wie Cleantech und Biotech in den Fokus. Jeder Sektor des Fonds wird dabei durch eine aktive, fundamental gemanagte Substrategie repräsentiert, die jeweils ein Lead-Analyst mit tiefgreifender Sektorexpertise verantwortet. Ziel dieser Diversifikation über verschiedene Sektoren ist ein stabileres Profil über einen Kapitalmarktzyklus hinweg, verglichen mit anderen Themenfonds. Sobald die Herausforderung der weltweit stark angestiegenen Inflation gelöst ist, sehen wir die Technologiemärkte bereit für eine nachhaltige Erholung. Dann sollten unternehmensspezifische Fundamentaldaten wieder in den Fokus der Börsenanalysten rücken, und die Unterschiede in der Wertentwicklung einzelner Aktien dürften frappierend ausfallen.
Dieser Artikel ist ein Zusammenschluss von zwei Interviews von Jan Beckers, die in früheren Fassungen in bei Fondsprofessionell und Citywire veröffentlicht wurden. Um auf den aktuellen Standard adaptiert zu werden, wurden Textabschnitte adaptiert, ergänzt oder rausgenommen. Die ursprünglichen Interviews in der vollen Fassung können Sie unter den jeweiligen Links aufrufen.