Aktien wie Rohstoffe sind zyklische Anlagen. Aktien entwickeln sich jedoch in der Regel als Vorreiter des Konjunkturzyklus, während Rohstoffe tendenziell hinterherhinken. Unseres Erachtens werden Rohstoffe dem Aktienmarkt folgen und sich mit dem Eintritt in die nächste Phase des Konjunkturzyklus erholen. In unserem letzten Blog behandelten wir die Diversifikations-Superkräfte von Rohstoffen. In diesem Blog befassen wir uns mit dem Verhalten von Rohstoffen über den Konjunkturzyklus hinweg. Aus Analysen geht hervor, dass Broad Commodities trotz ihres zyklischen Verhaltens andere konjunkturabhängige Anlagen wie Aktien über den Wirtschaftszyklus hinweg sehr gut ergänzen: Rohstoffe behaupten sich in der frühen Phase einer Rezession, in der Aktien am meisten leiden, verhältnismäßig gut. Sie schneiden generell auch in der Spätphase eines Wirtschaftsaufschwungs gut ab, wenn Aktien normalerweise keinen zweiten Aufwind erfahren. Wertentwicklung zyklischer Anlagen in der Zeit nach COVID-19 Dank der enormen finanz- und geldpolitischen Unterstützung erholten sich die meisten zyklischen Vermögenswerte bis Mitte des Jahres 2020. Während die Aktienrallye Ende 2021 zum Erliegen kam, hielten sich Rohstoffe noch bis Mitte des Jahres 2022. Rohstoffe verzeichneten einen länger andauernden Aufschwung, was zum Teil auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen war, der Rohstoffschocks (vor allem in den Bereichen Energie und Landwirtschaft) auslöste, aber auch darauf, dass Rohstoffe traditionell eine spätzyklische Performance aufweisen. Alle zyklischen Anlagen sind durch die Straffung der Geldpolitik seitens der Zentralbanken der Industrieländer und die Besorgnis über die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum unter Druck geraten. Bis Oktober 2022 hatten Aktienbenchmarks wie der S&P 500 und der MSCI ACWI die Talsohle durchschritten; seitdem sind sie im Allgemeinen gestiegen. Rohstoffe hingegen sind seit Oktober 2022 weiter gesunken, was einmal mehr zeigt, dass ihr Zyklus sich von dem des Aktienmarktes unterscheidet. Die Aktienrallye der letzten Zeit könnte jedoch ein „Frühindikator“ für eine Erholung bei Rohstoffen sein. Rohstoffe profitieren von Wirtschaftswachstum Intuitiv betrachtet, sollten Rohstoffe von einem positiven wirtschaftlichen Umfeld profitieren. Wenn die Wirtschaft wächst, braucht sie dafür Grundstoffe. Metalle werden für den Bau neuer Häuser, neuer Fabriken, neuer Infrastruktur, neuer Autos usw. benötigt. Es wird mehr Energie verbraucht, um Waren und Menschen zu befördern. Insgesamt ist es also logisch, dass Rohstoffe das Verhalten einer zyklischen Anlage aufweisen. Umgekehrt sollte die Nachfrage nach Rohstoffen sinken, wenn sich die Wirtschaft abkühlt und die Nachfrage nach diesen Gütern abnimmt. Um die Beziehung zwischen Rohstoffen und dem Konjunkturzyklus näher zu untersuchen, greifen wir auf das National Bureau of Economic Research (NBER) Business Cycle Dating Committee zurück, das eine Chronologie der US-Konjunkturzyklen führt. Die Chronologie zeigt die Daten von Höchst- und Tiefstständen auf, die den Rahmen für wirtschaftliche Rezessionen und Expansionen bilden. Durch den Vergleich der Wertentwicklung verschiedener Vermögenswerte in diesen Rezessions- und Expansionsphasen lässt sich ihre Konjunkturabhängigkeit bewerten. Wie Abbildung 1 zeigt, haben Aktien in Phasen der Expansion durchschnittlich um 0,86 % pro Monat zugelegt. Das ist die größte Wertentwicklung unter den betrachteten Anlageklassen. Dem folgen Rohstoffe (+0,80 %), Hochzinsanleihen (+0,56 %) und Unternehmensanleihen (+0,35 %). In Zeiten der Rezession haben Hochzinsanleihen (+0,15 %) und Aktien (+0,36 %) weniger gut abgeschnitten. Auf der anderen Seite des Spektrums verzeichneten US-Staatsanleihen und Unternehmensanleihen eine starke Performance (0,88 % bzw. 0,87 %). Aktien, Rohstoffe und Hochzinsanleihen sind zyklische Vermögenswerte, was bei Aktien und Rohstoffen am stärksten ausgeprägt ist. Abbildung 1: Performance verschiedener Anlageklassen in wirtschaftlichen Expansions- und RezessionsphasenQuelle: WisdomTree, Bloomberg, S&P. Von Januar 1960 bis Januar 2023. Die Berechnungen beruhen auf monatlichen Renditen in USD. Die Daten für Broad Commodities (Bloomberg Commodity Total Return Index) und US-Aktien (S&P 500 Gross Total Return Index) beginnen im Januar 1960. Die Daten für US-Staatsanleihen (Bloomberg US Treasury Total Return Unhedged USD Index) und US-Unternehmensanleihen (Bloomberg US Corporate Total Return Unhedged USD Index) beginnen im Januar 1973. Die Daten für US-Hochzinsanleihen (Bloomberg US Corporate High Yield Total Return Unhedged USD Index) beginnen im Juli 1983. Expansions- und Rezessionsphasen sind entsprechend der NBER-Website definiert. Die historische Wertentwicklung ist kein Hinweis auf die künftige Wertentwicklung, und Anlagen können im Wert sinken. Eine erstaunlich robuste Anlage zu Beginn von Rezessionsphasen Diese Zyklizität leuchtet zwar ein, lässt sich aber nur schwer mit der geringen Korrelation zwischen Rohstoffen und Aktien vereinbaren. Aktien sind ebenfalls sehr konjunkturabhängig. Wie also können zwei zyklische Vermögenswerte eine so geringe Korrelation aufweisen? Im Durchschnitt aller Monate seit den 1960er Jahren, in denen US-Aktien mehr als -5 % eingebüßt haben, haben Rohstoffe -0,68 % verloren1. In allen Monaten, in denen US-Aktien um mehr als 5 % zugelegt haben, gewannen Rohstoffe 1,18 % hinzu1. Obwohl Rohstoffe also zyklisch sind – d. h. dazu neigen, im Großen und Ganzen zur gleichen Zeit wie Aktien an Wert zu verlieren und zu gewinnen – ist das Ausmaß dieser Wertentwicklung deutlich geringer. Das stützt unsere Hypothese der Dekorrelation. Es hat den Anschein, dass Rohstoffe und Aktien in der Expansionsphase des Konjunkturzyklus zwar tendenziell zulegen, aber nicht unbedingt gleichzeitig bzw. nicht im selben Abschnitt des Zyklus. Abbildung 2 präzisiert die Analyse, indem Expansions- und Rezessionsphasen in zwei gleich lange Zeiträume unterteilt werden. Durch diese Brille betrachtet, sehen die Ergebnisse ganz anders aus. Aktien und Hochzinsanleihen scheinen sich sehr ähnlich zu verhalten: Sie leiden am meisten in der frühen Rezessionsphase des Zyklus, erholen sich aber am stärksten in der Spätphase der Rezession. Während sie von der Expansionsphase des Zyklus profitieren, steigen sie in der Anfangsphase der Expansion schneller. Rohstoffe hingegen halten sich in der Anfangsphase einer Rezession in der Regel gut und weisen im Durchschnitt eine positive Performance von 0,54 % auf (gegenüber -1,27 % bei Aktien) leiden stärker in der Spätphase einer Rezession und liegen sowohl hinter Aktien als auch hinter Hochzinsanleihen zurück entwickeln sich in der zweiten Hälfte des Expansionszeitraums besser, im Gegensatz zu Aktien, die in der ersten Hälfte vorteilhafter tendieren – Rohstoffe zeigen in diesem späten Teil des Expansionszyklus die stärkste Performance unter allen Anlageklassen Insgesamt sind Rohstoffe zwar ein zyklischer Vermögenswert, ihr Verhalten ist jedoch sehr dekorreliert zu Aktien oder Hochzinsanleihen. Sie bieten eine gute Diversifikation in frühen Rezessions- und späten Expansionsphasen, wenn andere zyklische Anlagen (Aktien, Hochzinsanleihen) zu kämpfen haben. Abbildung 2: Performance von Aktien und Rohstoffen in verschiedenen Phasen des KonjunkturzyklusQuelle: WisdomTree, Bloomberg, S&P. Von Januar 1960 bis Januar 2023. Die Berechnungen beruhen auf monatlichen Renditen in USD. Die Daten für Broad Commodities (Bloomberg Commodity Total Return Index) und US-Aktien (S&P 500 Gross Total Return Index) beginnen im Januar 1960. Die Daten für US-Staatsanleihen (Bloomberg US Treasury Total Return Unhedged USD Index) und US-Unternehmensanleihen (Bloomberg US Corporate Total Return Unhedged USD Index) beginnen im Januar 1973. Die Daten für US-Hochzinsanleihen (Bloomberg US Corporate High Yield Total Return Unhedged USD Index) beginnen im Juli 1983. Expansions- und Rezessionsphasen sind entsprechend der NBER-Website definiert. Zur Abgrenzung von früher und später Expansions- bzw. Rezessionsphase sind die Zeiträume zeitlich in zwei Hälften geteilt..Die historische Wertentwicklung ist kein Hinweis auf die künftige Wertentwicklung, und Anlagen können im Wert sinken. Eine Wende im Konjunkturzyklus? Das NBER Business Cycle Dating Committee hat zwar nicht erklärt, dass sich die US-Wirtschaft 2022 (oder 2023) in einer Rezession befand, aber die zusammengesetzten OECD-Frühindikatoren2 und Einkaufsmanagerindizes (PMI)3 haben im Jahr 2022 eindeutig ihren Höhepunkt erreicht. Der Rückgang der zusammengesetzten Leitindikatoren schwächt sich ab (siehe Abbildung 3), und der jüngste PMI-Wert für das verarbeitende Gewerbe (Februar 2023) erreichte ein Niveau, das einer nicht mehr schrumpfenden Wirtschaftstätigkeit entspricht. Darüber hinaus preisen die Märkte jetzt ein Ende des Zinsstraffungszyklus binnen Monaten für die USA4 und binnen einiger Quartale für den Euroraum5 ein. Eine mögliche Wende im Wirtschaftszyklus hat sich bereits als positiv für Aktien erwiesen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich die Aktienperformance im weiteren Verlauf des Zyklus zwar abschwächen könnte, die Rohstoffperformance dann aber anziehen wird. Abbildung 3: Zusammengesetzter Frühindikator und RohstoffeQuelle: WisdomTree, Bloomberg, OECD. Juni 1961 bis Februar 2023. Der Rohstoffpreis basiert auf dem Bloomberg Commodity Index. CLI sollen frühzeitige Signale für Wendepunkte in Konjunkturzyklen liefern und zeigen Schwankungen der Wirtschaftstätigkeit um ihr langfristiges Potenzial an. CLI zeigen kurzfristige wirtschaftliche Bewegungen eher in qualitativer als in quantitativer Hinsicht. CLI um die Schwankungsbreite bereinigt; langfristiger Durchschnitt = 100.Die historische Wertentwicklung ist kein Hinweis auf die künftige Wertentwicklung, und Anlagen können im Wert sinken. Wir sind außerdem der Ansicht, dass bestimmte Rohstoffsegmente einzigartigen Rückenwind verspüren, der ihnen noch auf Jahre hinaus Auftrieb verleihen könnte. So wird der Übergang zu kohlenstoffärmeren Energiequellen wahrscheinlich sehr positiv für Metalle sein (angesichts ihres Einsatzes bei der Entwicklung der Infrastruktur für erneuerbare Energien und Elektrifizierung sowie der Batterietechnologie). Auch ein erneutes Interesse am Bau von Infrastruktur in den USA und Europa könnte der Rohstoffnachfrage zugutekommen. Eine hervorragende Diversifikationswirkung und eine starke Ergänzung zu Aktien über den Konjunkturzyklus hinweg sind nur zwei der zahlreichen Vorteile, die Broad Commodities einem Portfolio bringen können. Der nächste Punkt auf der Liste ist, dass Broad Commodities eine starke Inflationsabsicherung darstellen. Quellen1 Quelle: WisdomTree, Bloomberg, S&P. Von Januar 1960 bis Januar 2023. Die Berechnungen beruhen auf monatlichen Renditen in USD. Die Daten für Broad Commodities (Bloomberg Commodity Total Return Index) und US-Aktien (S&P 500 Gross Total Return Index) beginnen im Januar 1960. Die historische Wertentwicklung ist kein Hinweis auf die künftige Wertentwicklung, und Anlagen können im Wert sinken.2 Das OECD-System der zusammengesetzten Frühindikatoren (Composite Leading Indicators, CLIs) soll frühzeitige Signale für Wendepunkte in Konjunkturzyklen liefern: https://www.oecd.org/sdd/compositeleadingindicatorsclifrequentlyaskedquestionsfaqs.htm3 PMIs sind ein umfragebasierter Wirtschaftsindikator, der einen zeitnahen Einblick in die Geschäftslage geben soll.4 Fed Fund Futures preisen die letzte Zinserhöhung der Federal Reserve im Mai 2023 ein (Quelle: Bloomberg, 23.03.2023)5 Overnight Interest Rate Swaps preisen die letzte Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank im September 2023 ein (Quelle: Bloomberg, 23.03.2023) Zudem könnte Sie folgende Lektüre interessieren...+ Zwei Methoden zur Steigerung der Diversifikationskraft von Broad Commodities+ Rohstoffausblick: Konjunkturelle Belastungen vs. strukturelle Stärken ]]>