Der bevorstehende NATO-Gipfel in Den Haag (24.–26. Juni 2025) wird ein entscheidender Moment für die europäische Verteidigungsstrategie und die Rüstungsindustrie sein. Die geopolitische Lage könnte kaum angespannter sein als zu dem Zeitpunkt, da die NATO zu ihrem entscheidenden Gipfel 2025 zusammenkommt. Der andauernde Krieg Russlands in der Ukraine, die Spannungen im Nahen Osten und die zunehmenden Sicherheitsbedenken im indo-pazifischen Raum zwingen Europa dazu, seine langjährige Abhängigkeit von den USA im Verteidigungsbereich zu überdenken. Da sich die Diskussionen auf eine deutliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben und die Verbesserung der europäischen militärischen Kompetenzen konzentrieren, könnten die Ergebnisse des Gipfels tiefgreifende Auswirkungen auf die europäischen Verteidigungsunternehmen haben.
Die Agenda des Gipfels: Von Ausgaben bis Souveränität
Was mit einem symbolischen Ziel von 2 % des BIP begann, hat sich zu einem knallharten Vorstoß in Richtung 5 % entwickelt. Dabei sind 3,5 % für den Kernbereich der Verteidigung und 1,5 % für angrenzende Gebiete wie Cybersicherheit und Infrastruktur vorgesehen. NATO-Generalsekretär Mark Rutte stellte diesen neuen Rahmen im Vorfeld des Gipfels der Staats- und Regierungschefs vor und bezeichnete ihn als „großen Sprung nach vorn“ und als entscheidend für die Stärkung der Abschreckung im gesamten Bündnis.
Der Wandel ist nicht nur rhetorisch. Unter Präsident Trump drängen die USA ihre Verbündeten zu klaren Budgets, Zeitplänen und Ergebnissen. Wie Botschafter Matthew Whitaker es ausdrückte: „Dies wird nicht nur ein Versprechen sein, sondern eine Verpflichtung.“
Haushaltsauflagen: Zugang zu EU-Mitteln an Verteidigungsmaßnahmen gebunden
Europa geht nun über politische Zusagen und diplomatische Anstöße hinaus und führt finanzielle Bedingungen in die Gleichung ein. Im Mittelpunkt steht dabei die 150 Milliarden Euro schwere Plattform „Strategische Technologien für Europa“ (STEP) – früher bekannt als SAFE – die als Flaggschiff der EU für die verteidigungsindustrielle und technologische Resilienz positioniert wird.
Diese neue Bedingung dient als mächtiger wirtschaftlicher Hebel, insbesondere für Länder, die auf EU-Mittel angewiesen sind, aber zu wenig in die Verteidigung investieren. Sie signalisiert, dass Brüssel von den Mitgliedstaaten erwartet, dass sie sich sowohl in finanzieller als auch in industrieller Hinsicht engagieren.
Das hat weitreichende Folgen:
Diese weiche Form der Rechtsdurchsetzung – mit Haushaltsanreizen anstelle von rechtlichen Sanktionen – ist eine neue Grenze in der europäischen strategischen Abstimmung.
Auf dem Weg zu einer Verteidigungsarchitektur nach der Devise „europäisch kaufen“
Eine der bemerkenswertesten Veränderungen, die sich auf dem Gipfel durchsetzen dürften, ist die Entstehung einer de facto Europäischen Verteidigungsindustriestrategie (European Defence Industrial Strategy, EDIS). Diese Bewegung spiegelt den wachsenden Konsens darüber wider, dass Europa bei der Sicherung seines Verteidigungsbedarfs unabhängiger werden muss, zumal die transatlantische Politik immer weniger vorhersehbar ist. Die NATO schreibt zwar keine „Buy European“-Politik (d. h. „europäisch kaufen“) vor, setzt aber Kompetenzziele (z. B. Raketenabwehr, Logistik, Langstreckenfeuer), die Mitgliedstaaten erfüllen müssen. Um diese Ziele zu erreichen, entscheiden sich einige EU-Länder dafür, Verteidigungslösungen aus Europa zu beziehen, um ihre industrielle Basis zu stärken und die Abhängigkeit von externen Anbietern, insbesondere von US-Systemen, zu verringern, da sie sich Sorgen über die zukünftige transatlantische Verlässlichkeit machen.
Die Debatte über eine Vorzugsbehandlung für europäische Verteidigungshersteller bei gemeinsamen Beschaffungsprogrammen schreitet voran. Ergänzt würde dies durch Maßnahmen zur Optimierung der grenzüberschreitenden Lizenzvergabe, zur Koordinierung der Exportkontrollen und zur Unterstützung der gemeinsamen Beschaffung durch Instrumente wie den Europäischen Verteidigungsfonds (EEF).
Parallel zur Erhöhung der Ausgaben achtet die NATO stark auf Interoperabilität und Konvergenz der Fähigkeiten. Generalsekretär Mark Rutte hat deutlich gemacht, dass Geld allein nicht ausreicht, um Europas Verteidigungsfähigkeit zu sichern – es kommt darauf an, wie es ausgegeben wird und welche Kapazitäten es schafft. Das Bündnis konzentriert sich wieder verstärkt auf die Erzielung greifbarer Ergebnisse bei den Kompetenzen, insbesondere in Bereichen mit hoher Priorität wie Luft- und Raketenabwehr, Langstreckenangriffe, hochmobile Logistik und integrierte ISR-Netzwerke (Intelligence, Surveillance, Reconnaissance bzw. Nachrichten-, Überwachungs- und Aufklärungsaktivitäten).
Interoperabilität, Logistik und Kompatibilität der Plattformen
Dazu ist eine stärkere Standardisierung bei allen NATO-Streitkräften erforderlich, insbesondere bei der Konstruktion von Plattformen, Datenprotokollen und Logistiksystemen. Die Hersteller stehen unter dem Druck, Geräte anzubieten, die sich vom ersten Tag an in multinationale Abläufe einbinden lassen. Ältere Systeme, die die Anforderungen an die Interoperabilität nicht erfüllen können, werden es schwer haben, in Zukunft Aufträge zu erhalten, während Erstausrüster, die NATO-konforme, aufrüstbare und modulare Systeme liefern können, am meisten profitieren werden. Diese Dynamik wird nicht nur die Beschaffung, sondern auch F&E-Strategien, Partnerschaften und sogar Investitionsentscheidungen von Unternehmen im gesamten europäischen Verteidigungssektor beeinflussen.
Wir bei WisdomTree sind der Meinung, dass Kernkompetenzen in der Verteidigung – von Luft- und Raumfahrtsystemen bis hin zu Munitionsplattformen – das Rückgrat langfristiger strategischer Resilienz bilden.
Diese Sichtweise steht nun in direktem Einklang mit dem Ausgabenplan der NATO, in dem 3,5 % des neuen erwarteten Ziels von 5 % für Kernfunktionen der Verteidigung vorgesehen sind. Dieser Schwerpunkt deckt sich mit der Analyse der Europäischen Verteidigungsagentur, die immer wieder festgestellt hat, dass die wichtigsten Verteidigungsgüter in Friedenszeiten das größte Investitionsdefizit aufweisen.
Abbildung 1: Analyse der Investitionslücken in der Verteidigung durch die Europäische Verteidigungsagentur
Quelle: Europäische Verteidigungsagentur, Stand: September 2024
Abstimmung von Politik und Portfolios mit dem WisdomTree Europe Defence UCITS ETF
Der WisdomTree Europe Defence UCITS ETF (WDEF) ist einzigartig aufgestellt, um an diesem Wandel zu partizipieren. Mit 96,3 % seiner Allokation auf reine Unternehmen der Luft- und Raumfahrt und des Verteidigungssektors bietet die Strategie ein direktes Engagement in Titeln, die im Zentrum der militärischen Reindustrialisierung Europas stehen, sei es durch Landsysteme, Flugzeuge, ISR-Plattformen oder Logistik nach NATO-Standard im Vergleich zur globalen Wettbewerbslandschaft.
Abbildung 2: WDEF hat ein reines Engagement in Luft- und Raumfahrt und Verteidigung
Quelle: WisdomTree, Bloomberg. Die Portfoliopositionen basieren auf den Bestandteilen der Indizes zum 30. April 2025. Luft- und Raumfahrt und Verteidigungsindustrie ist eine Kategorie der GICS-Branchenklassifizierung. GICS ist der Global Industry Classification Standard. Die GICS-Branche stellt die dritte Klassifizierungsebene in der GICS-Hierarchie (Global Industry Classification Standard) dar. Hinweis: VanEck ist durch VanEck Defence UCITS ETF vertreten, HanETF ist durch den Future of Defence UCITS ETF repräsentiert.
Da die Verteidigungshaushalte immer stärker strukturiert, an Bedingungen geknüpft und auf die Industrie ausgerichtet sind, bietet der ETF unserer Ansicht nach einen effizienten Zugang zu den Nutznießern der neuen strategischen Disziplin Europas.
Fazit
Der NATO-Gipfel 2025 wird nicht nur die transatlantische Einheit bekräftigen, sondern sie auch operationalisieren. Das Zusammenspiel des Drucks der NATO mit den finanziellen Anreizen der EU schafft ein strategisches Umfeld, in dem die Einhaltung von Vorschriften belohnt wird, eine unzureichende Leistung Konsequenzen hat und die Politik der Verteidigungsindustrie in den Mittelpunkt der europäischen Souveränität rückt.
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