Die mit Spannung erwarteten gestrigen US-Inflationszahlen haben zu einer ausgeprägten USD-Schwäche geführt. Statt Richtung 1,16 nimmt EUR-USD heute Morgen wieder die 1,17 ins Visier. So ganz sicher waren sich die Marktteilnehmer nach der Veröffentlichung aber nicht, wohin die Reise gehen soll. Das ist auch verständlich, schließlich haben die Zahlen gemischte Signale gesendet. Die Gesamtrate im Jahresvergleich fiel 0,1 Prozentpunkte niedriger als erwartet, die Kernrate im Jahresvergleich 0,1 Prozentpunkte höher als erwartet und die beiden Raten im Monatsvergleich den Erwartungen entsprechend aus.
Warum dann trotzdem eine derart ausgeprägte taubenhafte Reaktion (immerhin wurden über die nächsten acht Fed-Sitzungen zwischen drei und neun Basispunkte an zusätzlichen Zinssenkungen eingepreist)? Die Marktteilnehmer konzentrierten sich augenscheinlich darauf, dass die Kern-Güter-Komponente (Güter ohne Energie und Lebensmittel) nicht der entscheidende Faktor war, sondern die Überraschung nach oben bei der Kerninflation eher durch die Dienstleistungen angetrieben wurde. Dies hat am Markt vermutlich die Besorgnis über die Auswirkungen der Zölle gemindert, schließlich dürfte man diese Auswirkungen vor allem in dieser Komponente sehen (siehe hier für den Kommentar unserer Volkswirte).
Aufgeschoben heißt aber nicht aufgehoben. Momentan scheinen die Unternehmen noch den Großteil der Zölle zu schlucken. Und die jüngst angekündigten höheren Zölle sind auch erst in der letzten Woche in Kraft getreten – wobei die Ankündigungen von Donald Trump bereits auf weiteren Zolldruck hindeuten. Damit meine ich: Nur weil es länger als erwartet dauert, heißt es nicht, dass man bereits Entwarnung geben kann. Der Großteil des Preisschocks dürfte noch vor den US-Konsumenten liegen, auch wenn Trump das immer vehement abstreitet. Spätestens dann dürfte die ungünstige Kombination aus politischem Druck auf die Unabhängigkeit der Zentralbank und erhöhten Inflationsrisiken ihre negative Wirkung auf den US-Dollar (noch) stärker entfalten.
WKN | Typ | Basiswert | Merkmale |
---|---|---|---|
SQ3D9L | Long | EUR/USD | Faktor: 5 |
SF54F7 | Short | EUR/USD | Faktor: -5 |
Die Angriffe auf die US-Institutionen gehen weiter
Unser ehemaliger Chef, der sich Ende Juni in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet hat, hat immer wieder gesagt, dass er bis zum Ende seiner Amtszeit keine verlässlichen Arbeitsmarktdaten mehr erwartet. Ich muss zugegeben, dass ich ihn für diese Sichtweise immer ein wenig belächelt habe. So schnell kann man doch eine Statistikbehörde nicht zerlegen, dass er recht behält. Die gestrigen Meldungen haben aber zumindest die Gefahr erhöht, dass er sich nur um wenige Monate geirrt hat. Aber einmal der Reihe nach.
Den Anfang machte in der Nacht auf Dienstag eine Ankündigung von Donald Trump über Social Media, dass er den Chefökonom der Heritage Foundation, eines rechtsgerichteten Think Tanks, zum neuen Leiter der Statistikbehörde machen würde, nachdem er die frühere Chefin nach den schwachen Arbeitsmarktdaten vor knapp anderthalb Wochen entlassen hat. Dieser Kandidat hat sich in der Vergangenheit mit vehementen Attacken auf die Statistikbehörde nicht gerade zurückgehalten. Und Trump kündigte auch direkt an, dass die Daten nun “ehrlich und akkurat” ausfallen würden, denn die US-Wirtschaft würde ja “boomen”.
Gestern Abend deutscher Zeit wurden dann Aussagen von dem designierten Leiter der Statistikbehörde aus einem Interview vom Montag bekannt, was er vor der Bekanntgabe seiner Nominierung gegeben hat. In diesem legte er nahe, dass der monatliche Arbeitsmarktbericht vorläufig ausgesetzt werden sollte, bis die Probleme “korrigiert” wurden. Zu seiner Verteidigung: Immerhin den “genaueren” quartalsmäßigen Bericht will er uns vorerst lassen.
Nach den US-Inflationszahlen gab es dann auch noch weitere Angriffe gegen den Fed-Chef Jerome Powell. Neben den mittlerweile regelmäßig kommenden Aufforderungen, dass Powell die Zinsen senken sollte, betonte er seine Gedanken, über die Zulassung einer Anklage gegen Powell nachdenken zu wollen. Grundlage wären wohl die angeblich ausartenden Baukosten für die Fed-Erweiterung, was in Trumps Augen nur eine “50 Millionen USD Renovierung” hätte werden sollen – wobei er geflissentlich ignoriert, dass von Anfang an knapp 2,5 Milliarden USD eingeplant waren.
Üblicherweise kommentiere ich derartige politische Entwicklungen nur sehr ungern. Meine Stärke liegt eher in der Analyse von Daten. Allerdings fühlt man sich mittlerweile immer stärker an autokratische Länder erinnert, in denen die Leiter der Statistikbehörden oder Zentralbanken ausgetauscht werden. In diesen Ländern werden kritische Datenreihen dann oftmals gestrichen und nach einer “Korrektur der Probleme” einige Monate später wieder aufgenommen, nur dann mit (natürlich unerwartet) deutlich besseren Werten. Ich sage nicht, dass es so kommen muss. Aber die Entwicklungen der letzten Tage und Wochen lassen mich nicht gerade optimistisch in die Zukunft – und damit auch auf den US-Dollar – blicken.
Europas Börsen punkten bei Investoren
Zinssenkungen der EZB, höhere Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur, Konzerne in Topform: Mit dieser Gemengelage punkten Europas Börsen bei den Investoren. Wenngleich längst nicht alle Probleme gelöst sind, für Anleger könnten sich auf dem alten Kontinent – sowohl in Einzelwerten als auch mit marktbreiten Lösungen – weiterhin Chancen bieten.