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28. November 2014

US-Schuldenentwicklung: verbesserte Wachstumsaussichten

Die US-Wirtschaft hat ordentlich an Fahrt gewonnen. Gemäß der zweiten Schätzung hat das US-BIP im dritten Quartal 2014 auf das Jahr hochgerechnet um 3,9% zugelegt. Zwar ist die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal bereits um 4,6% gewachsen, doch wurde der Zuwachs durch den witterungsbedingten Einbruch des BIP im ersten Quartal relativiert. Zudem ist die Arbeitslosenquote inzwischen auf 5,8% gefallen und die Inflation scheint im Gegensatz zur Euro-Zone nicht rückläufig zu sein. Doch sind das genügend Gründe für die Fed, bei ihrem letzten geldpolitischen Treffen in 2014 die Erwartung einer Zinswende in 2015 zu festigen?

Von der aktuellen Konjunkturlage auf die Geldpolitik zu schließen, ist schwierig. Schließlich ist das dritte Quartal 2014 schon vorbei, während die Geldpolitik mindestens sechs bis zwölf Monate vorausschauen muss. Entscheidender ist deshalb, wie das vergangene Quartal die BIP-Prognosen der Fed für das Jahr 2015 beeinflusst hat und wie nachhaltig das hohe Wirtschaftswachstum ist. Wird die Fed, die seit der Finanzkrise eher reagiert denn agiert, endlich eine konkrete Aussage hinsichtlich einer Zinsanhebung in 2015 tätigen?

Zwar gibt es Daten, die darauf hindeuten, dass die Konjunktur weiter an Fahrt gewinnt. Dazu gehören Industrieproduktion oder Indikatoren wie der ISM-Index. Doch am Ende beruhen die Erwartungen für 2015 auf Schätzungen. Und für Prognosen scheint die Fed wenig übrig zu haben. Auch ihre eigenen Wachstumserwartungen zeigen eine eher breite Spanne und damit Unsicherheit. Die Fed hebt immer wieder hervor, dass sie sich deshalb von aktuellen Konjunkturdaten leiten lassen wird. Sprich: Die Fed agiert dann, wenn die konjunkturelle Erholung und ihre Nachhaltigkeit deutlich zu erkennen sind. Ersteres ist relativ einfach festzustellen und wird grundsätzlich durch das kräftige Wachstum im dritten Quartal sowie die anhaltend positiven Konjunkturindikatoren bestätigt. Letzteres ist schwieriger einzuschätzen. Volkswirte verweisen auf strukturelle Veränderungen, die eine gewisse Stabilität mit sich bringen und die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig beeinflussen. Verbesserungen der Wettbewerbsfähigkeit oder ein Anstieg des Produktivitätswachstums sind typische Anzeichen solcher strukturellen Aspekte. Auch die angestrebte Reindustrialisierung der USA ist ein strukturelles Thema, obwohl nur ein relativ kleiner Teil des BIP betroffen ist. Ein weiterer Aspekt, der das BIP maßgeblich beeinflussen kann, ist die Schuldendynamik.

Seit der Finanzkrise wird oftmals vermutet, dass ein hoher Verschuldungsgrad das potenzielle Wachstum vor allem in den Industrieländern belastet. Verschiedene Studien bestätigen mittlerweile, dass ein durch Schuldenaufbau getriebenes Wachstum auf Sicht nicht effektiv ist. In der volkswirtschaftlichen Theorie wird insbesondere davon ausgegangen, dass sich eine hohe Staatsverschuldung negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirkt. Denn mit steigenden Staatsschulden steigen demnach die Zinsen, da der Staatssektor zunehmend Spareinlagen für sich in Anspruch nimmt. Dieses Prinzip sollte allerdings im Zeitalter endogener Geldschöpfung durch Notenbanken an Bedeutung verlieren. So sind die Zinsen gerade wegen der Notenbankpolitik deutlich gesunken, obwohl die Staatsverschuldung in den USA und der Euro-Zone nicht unbedeutend angestiegen ist. Eine andere Theorie beruht auf Ineffizienzen, die ein größerer Staatssektor mit sich bringt. Dabei mag man an Frankreich denken, wo die Staatsverschuldung eher durch staatliche Einmischung in wirtschaftliche Belange anstieg und weniger durch sinkende Steuern.

Grundsätzlich wird immer wieder argumentiert, dass ein durch Kredit getriebenes Wachstum nicht nachhaltig sei. Haushalte und Unternehmen werden früher oder später an die Grenze der Finanzierbarkeit kommen, auch wenn die Zinsen sinken bzw. niedrig sind. Wegen der hohen Schuldenquoten und immer noch ansteigender Gesamtverschuldung (Staat, Haushalte und Unternehmen) wird generell von gedämpften Wachstumsaussichten in den Industrieländern ausgegangen. Das wiederum rechtfertigt die Sicht, dass die Zinsen noch lange niedrig bleiben. Wie Abbildung 1 veranschaulicht, scheint dies insbesondere für die Euro-Zone zu gelten, deren Gesamtverschuldung in Relation zum BIP weiter ansteigt, während sie sich in den USA stabilisiert hat. Die gesamte Verschuldung ohne Berücksichtigung von finanziellen Unternehmen lag 2013 in der Euro-Zone und USA eng beieinander und deutlich über 200% des BIP.

Abb. 1: Gesamtverschuldung* in Relation zum BIP für die USA und Euro-Zone

Die gesamte Schuldenquote in den USA ist schon länger stabil. Entscheidend ist jedoch, dass sich der Privatsektor in Relation zum BIP deutlich entschuldet hat. Entsprechend ist die Verschuldung der privaten Haushalte von ca. 95% des BIP (Anfang 2009) auf aktuell 77% gesunken. Gleiches gilt für nichtfinanzielle Unternehmen, deren Schuldenquote von knapp 74 (Anfang 2009) auf derzeit 67% des BIP gesunken ist. Abbildung 2 zeigt, dass die mit dem Häuserboom deutlich angestiegene Privatverschuldung größtenteils abgebaut ist.

Abb. 2: Verschuldung nach Sektoren - USA

Die Entwicklung in Abbildung 2 ist zum Teil durch eine rückläufige absolute Verschuldung erreicht worden, aber auch durch ein relativ hohes nominales Wirtschaftswachstum, das wiederum durch ansteigende Staatsverschuldung gestützt wird. Aktuell befindet sich der Privatsektor in einer relativ guten Verfassung, um durch Kreditnachfrage und anziehende Binnennachfrage die Wirtschaft zu stützen. Nun könnte argumentiert werden, dass die Entwicklungen in den einzelnen Sektoren nur umverteilt wurden und der Staat zur Wachstumsbremse geworden ist. Angesichts der niedrigen Zinsen und einer anziehenden Binnennachfrage ist die Schuldentragfähigkeit des Staates jedoch relativ einfach zu sichern. Die aktuellen Kapitalmarktzinsen liegen deutlich unterhalb des nominalen BIP-Wachstums in den USA. Das gewährleistet auf mittlere Sicht die Schuldentragfähigkeit des Staates auch ohne ambitionierte Konsolidierungsmaßnahmen.

Der Privatsektor hat seine Schuldenposition deutlich verbessert. Ebenso stellen höhere Staatsschulden dank der niedrigen Kapitalmarktzinsen keine Belastung für die Wirtschaft dar. Die Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum in den USA haben sich deutlich verbessert. So wurde die Grundlage für ein mittelfristig höheres Wachstum in der Phase rückläufiger privater und ansteigender staatlicher Schuldenquoten geschaffen. Ein sich abzeichnender erneuter Anstieg der privaten Schuldenquote müsste die Fed sicherlich dazu bewegen, ihre Zinspolitik anzupassen. Deshalb spricht aus struktureller Sicht viel dafür, dass die Fed angesichts der Wachstumsaussichten beginnt, eine Wende in ihrer Zinspolitik in 2015 einzuleiten.

Fazit: Die USA werden oftmals als stark verschuldeter Staat bezeichnet. Wird die Gesamtverschuldung von Staat, Unternehmen und Haushalten in Relation zum BIP betrachtet, liegen die USA allerdings gleichauf mit der Euro-Zone. Entscheidend ist jedoch, dass die USA ihre Gesamtverschuldung in Relation zum BIP schon länger stabilisiert haben.

Hohe Schuldenquoten werden aktuell als Wachstumsbremse für viele Industrieländer gesehen. Doch in den USA ist die private Verschuldung von Unternehmen und insbesondere Haushalten in Relation zum BIP deutlich zurückgegangen, während die Staatsverschuldung zunahm. Aktuell liegt die Verschuldungsquote der privaten Haushalte auf dem Niveau von Ende 2002. Das schafft Raum für kreditgetriebenes Wachstum, insbesondere wenn Vermögenswerte weiter steigen und die Zinsen relativ niedrig bleiben. Die höhere Staatsverschuldung hingegen wirkt nicht wachstumsbremsend, da das generell höhere US-Wachstum sowie niedrige Zinsen eine Stabilisierung der staatlichen Schuldenquote ohne drastische Konsolidierungsmaßnahmen ermöglichen. Entsprechend festigt die Schuldenentwicklung in den USA die Erwartung, dass die Fed angesichts der sich strukturell aufhellenden Wachstumsaussichten 2015 die Zinswende einleitet.


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