Nach meinem Gespräch Ende des Jahres mit Andrew Black, Multi-Asset-Trader bei Franklin Templeton am Standort Edinburgh, habe ich mich vor kurzem mit meinen Kolleginnen und Kollegen in Frankfurt über Mythen und Missverständnisse beim Thema Liquidität und Handel mit börsennotierten Fonds (ETFs) unterhalten. Unser Team hat sich in der Vergangenheit zu vielen dieser Themen geäußert. Jetzt möchten wir die Meinung derjenigen hören, die aktiv mit EFTs arbeiten, um Anlegerinnen und Anleger ihren Zielen näher zu bringen. Ich hatte vor kurzem ein Gespräch mit Marzena Hofrichter, Portfoliomanagerin unseres Franklin Templeton Investment Solutions Teams in Deutschland, das ich hier gerne wiedergebe. Jason Xavier: Frau Hofrichter, nochmals vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unser Gespräch nehmen. Bei Ihrem vollen Terminkalender ist das nicht selbstverständlich. Marzena Hofrichter: Sehr gerne. Jason Xavier: Erzählen Sie ein bisschen von Ihrer Funktion, Ihrem Background und Ihrer Tätigkeit bei Franklin Templeton Investment Solutions. Welche Aufgabe hat Ihre Gruppe? Marzena Hofrichter: Ich bin vor mehr als 12 Jahren zu Franklin Templeton gekommen. Davor war ich für einen anderen Asset Manager und für Morningstar tätig. In meiner aktuellen Funktion manage ich Multi-Asset-Fonds für Kunden in der Region EMEA. Typischerweise bringen wir unsere eigenen Ansichten zu den Kapitalmärkten mit den kundenspezifischen Anforderungen und Vorgaben zusammen und entwickeln auf dieser Grundlage kostenattraktive individuelle Lösungen. Ihre nächste Frage nehme ich schon einmal vorweg: Ja, wir setzen ETFs in unseren Portfolios ein. Jason Xavier: Perfekt! Sie sagen, Sie bieten kostenattraktive individuelle Portfolios an. Dann werden ETFs also aufgrund ihrer Kostenvorteile eingesetzt? Marzena Hofrichter: Genau. Wir setzen ETFs hauptsächlich aus zwei Gründen ein: Zum einen für ein taktisches Engagement in einer Anlageklasse, zum anderen für ein breites Engagement in einer Anlageklasse, was relativ effizient ist. Mit anderen Worten, wenn es schwierig ist, konstant Alpha zu generieren oder über dem Markt liegende Renditen zu erzielen. Wir ergänzen also unsere aktiv gemanagten Portfolios mit ETFs, wenn die Vorgaben dies erlauben, da wir der Ansicht sind, dass sie integraler Bestandteil eines gut diversifizierten und dynamischen Portfolios sind.1 Anlegern sind kostengünstige Multi-Asset-Lösungen immer wichtiger. Daher sind ETFs aus unserer Sicht häufig die idealen Bausteine dafür. Hinzu kommt, dass wir mithilfe von ETFs ESG-Mandate vor allem an effizienten Märkten besser managen können. Jason Xavier: ETFs werden also breit eingesetzt. Sie haben gesagt - und wir haben häufig darüber gesprochen - dass ETFs für taktische Engagements eingesetzt werden. Ich würde gerne erfahren, warum ETFs Ihrer Ansicht nach in diesem Szenario ideal sind? Marzena Hofrichter: Ein ETF hat viele Vorteile, die ihn zu einem attraktiven Investment für Multi-Asset-Strategien und zu einem perfekten zusätzlichen Baustein in verschiedenen Szenarien machen. Neben ihrer Kosteneffizienz sind ETFs auch sehr einfach zu handeln. Passive ETFs bieten ein klar definiertes Engagement, das einen Index nachbildet und bei Bedarf individuell angepasst werden kann. Multi-Faktor- (Smart-Beta-) und aktive ETFs ermöglichen ein aktiveres Engagement im Referenzindex, wobei die Kosten- und Liquiditätsvorteile weiterhin gegeben sind. Für uns steht daher die Ausnutzung dieser Vorteile im Zentrum der taktischen Positionierung. Das kann häufig einen Unterschied machen, vor allem an volatilen Märkten. Jason Xavier: Können Sie uns etwas mehr über das Szenario der volatilen Märkte erzählen? Marzena Hofrichter: Als aktiver Multi-Asset-Manager haben wir die Freiheit, Anlageentscheidungen auf der Grundlage der spezifischen Anforderungen unserer Kundschaft und unserer Einschätzungen zu den Kapitalmärkten zu treffen. Daher ist es für uns erfolgsentscheidend, richtig auf die täglichen Veränderungen zu reagieren. ETFs sind ein hervorragendes Instrument, um unsere Erfolgschancen zu erhöhen. Außerdem geben sie uns die Möglichkeit, uns in verschiedenen Anlageklassen zu engagieren, z. B. in Anleihen oder Rohstoffen. Jason Xavier: Können Sie etwas näher ausführen, wie ETFs für ein Anleihe-Engagement eingesetzt werden? Marzena Hofrichter: Bei Anleihen können ETFs uns recht effizient durch volatile Phasen bringen. Das erwies sich vor allem im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie als hilfreich. Sowohl passive als auch aktive Anleihen-ETFs können Mark-to-Market-Bewertungen und Informationen über das Geschehen an dem zugrunde liegenden Anleihemarkt in Echtzeit bereitstellen. Aber auch hier sehen wir ETFs hauptsächlich als Liquiditätskomponente oder Preisbarometer. Jason Xavier: Vielen Dank für diese Ausführungen. Über dieses Thema habe ich in letzter Zeit häufig gesprochen. Dass ETFs es aus einer fragmentierten Marktstruktur heraus an eine zentralisierte Börse mit Echtzeit-Preisfindung und -ausführung geschafft haben, ist bemerkenswert, und im Anleihesegment ist das ein weiterer konkreter Vorteil für den Einsatz von ETFs. Marzena Hofrichter: Das ist richtig, aber was ist mit denen, die der Meinung sind, dass ETFs im Fixed-Income-Segment die Volatilität verstärken und die Liquidität am Anleihemarkt reduzieren, vor allem bei passiven Strategien? Jason Xavier: Man kann vieles sagen - oder schreiben. Als erstes muss man verstehen, dass die Volatilität und demnach auch die Liquidität immer von den Investmentzuflüssen der Anleger abhängt. Der Anleger oder die Anlegerin trifft die Entscheidung, ein Wertpapier (eine Aktie oder eine Anleihe) zu kaufen oder zu verkaufen. Das Makroumfeld bzw. die aktien- oder anleihespezifischen Attribute sind natürlich auch ein Grund für die Entscheidung zum Kauf oder Verkauf, aber das Wertpapier an sich kann niemals Volatilität hervorrufen und Liquidität ist eine endliche Funktion dieser Volatilität.2 Außerdem machen ETFs, und insbesondere Anleihen-ETFs, nur etwa 18 % des Fondsuniversums aus. Die Vorstellung, dass 20 % des Marktes für 100 % der Probleme verantwortlich sein sollen, ist wieder einmal ein Beispiel dafür, dass "der Schwanz mit dem Hund wedelt". Zu guter Letzt versuchen wir immer, Mythen rund um die ETF-Auswahl zu entlarven. Zwei Bereiche, in denen mich Ihre Meinung interessiert, sind die Spreads und das verwaltete Vermögen (AUM). Spielen sie bei der Auswahl Ihrer ETFs eine Rolle? Marzena Hofrichter: Offen gestanden konzentrieren wir uns auf die Auswahl des richtigen Engagements und schauen uns dabei hauptsächlich die Total Expense Ratio (TER) und die Höhe des AUM und weniger die On-screen-Spreads an. TER und AUM sind sicherlich wichtig. Ich stimme Ihnen absolut zu, dass der Umfang nicht das Problem ist. Es gibt aber Mandate, bei denen die prozentuale Beteiligung beschränkt ist, und das wäre bei allen zugrunde liegenden Bestandteilen der Fall. Aber ich bin bei Ihnen. Diese Beschränkungen könnten und sollten vielleicht auch neu bewertet werden, wenn es um ETFs geht, die nur in tiefe und liquide zugrunde liegende Märkte investieren. Man könnte natürlich argumentieren, dass die prozentualen Obergrenzen für ETFs zumindest angehoben werden sollten. Bei den Spreads kennen unsere Händler die besten und effizientesten Methoden für die Ausführung und wissen, dass der außerbörsliche Handel die Marktstruktur in Europa bestimmt - und dass die optimale Ausführung unabhängig von den On-screen-Spreads erreicht werden kann, mit der Unterstützung von ETF-Marktmachern und Features wie Request-for-Quote-Systemen. Falls nötig, können sie immer noch auf ein Team wie Ihres zurückgreifen. Jason Xavier: Frau Hofrichter, nochmals vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen und über Ihre Arbeit mit ETFs gesprochen haben. Ich bin mir sicher, dass sich dadurch das bestmögliche Ergebnis für Ihre Kunden erzielen lässt. WO LIEGEN DIE RISIKEN? Alle Anlagen sind mit Risiken verbunden, ein Verlust des Anlagekapitals ist möglich. Der Wert von Anlagen kann fallen oder steigen, und Anleger erhalten möglicherweise nicht den vollen Anlagebetrag zurück. Im Allgemeinen sind die Anlagen, die ein höheres Renditepotenzial bieten, mit einem höheren Risiko verbunden. Aktienkurse schwanken mitunter rasch und heftig. Das kann an Faktoren liegen, die einzelne Unternehmen, Branchen oder Sektoren betreffen, oder an den allgemeinen Marktbedingungen. Anlagen im Ausland sind mit besonderen Risiken verbunden, z. B. Währungsschwankungen, wirtschaftlicher Instabilität und politischen Entwicklungen. Anlagen in Schwellenländern sind mit erhöhten Risiken in Bezug auf dieselben Faktoren verbunden. Zusätzliche Risiken ergeben sich aus dem kleineren Marktumfang, der geringeren Liquidität sowie dem Mangel an rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen zur Stützung der Wertpapiermärkte. Für aktiv verwaltete ETFs besteht jedoch keine Garantie, dass die Anlageentscheidungen des Fondsmanagements zu den gewünschten Ergebnissen führen werden. ETFs werden wie Aktien gehandelt. Ihr Marktwert schwankt, und sie können zu Kursen gehandelt werden, die über oder unter ihrem Nettoinventarwert liegen. Maklerprovisionen und ETF-Aufwendungen schmälern die Renditen. ETF-Anteile können zu ihrem Marktpreis während der Öffnungszeit der Börse, an der sie notiert sind, gekauft oder verkauft werden. Es kann jedoch nicht garantiert werden, dass ein aktiver Handelsmarkt für ETF-Anteile entsteht oder gepflegt wird oder dass deren Notierung fortgeführt wird oder unverändert bleibt. ETF-Anteile können zwar an Sekundärmärkten gehandelt werden, werden jedoch eventuell nicht unter allen Marktbedingungen prompt gehandelt und können in Zeiten von Marktstörungen zu erheblichen Abschlägen gehandelt werden. Mit Anlagen in ETFs sind mitunter Provisionen, Managementgebühren, Brokeragegebühren und Kosten verbunden. Bitte lesen Sie den Verkaufsprospekt oder die ETF-Informationen, bevor Sie eine Anlage tätigen. Für ETFs besteht keine Garantie. Ihre Werte ändern sich häufig, und die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf die zukünftige Wertentwicklung.