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Volvo: Alter Schwede in neuem Glanz

05.05.11 09:00 Uhr

Seit August 2010 fährt Volvo unter der Flagge des chinesischen Konzerns Geely. Der deutsche Cheflenker Stefan Jacoby will ganz oben angreifen.

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von C. Habrich-Böcker, €uro am Sonntag

Schwedens Autoindustrie ist längst nicht mehr in schwedischer Hand. Saab gehört nach einem Intermezzo beim US-Konzern General Motors inzwischen dem kleinen niederländischen Sportwagenbauer Spyker, Volvo wurde aus der Ford-Gruppe herausgelöst und ging an den chinesischen Hersteller Geely. Doch während Saab akut von der Pleite bedroht ist, erweist sich der Volvo-Deal für Geely-Eigner Li Shifu (48) als strategischer Glücksgriff.

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Zum einen, weil die politische Führung die 120 chinesischen Marken (überwiegend in staatlicher Hand) dazu aufgerufen hat, sich den großen Drei – Dongfeng, FAW und SAIC – anzuschließen. Erfolgt der Konzentrationsprozess per Staatsorder, wovon auszugehen ist, erschwert die Übermacht das Überleben der wenigen selbstständigen Anbieter wie Geely und BYD.

Durch den Zukauf in Schweden stellt sich Geely nun breiter auf und stärkt damit die eigene Position. Dazu gewinnt der Massenhersteller durch den Erwerb einer europäischen Premiummarke enorm an Prestige im eigenen Land. Geely kaufte sich in ein Segment ein, das seit Jahren als das wachstumsstärkste gilt, aber von ausländischen Fabrikaten dominiert wird. Der neue Eigentümer profitiert darüber hi­naus vom Know-how des Traditionsherstellers. Klar ist, dass es zu einem regen Austausch der Entwicklungsabteilungen kommt. Wobei Volvo derjenige sein dürfte, der mehr Input liefert. Die Synergieeffekte sind eher marginal, da Geely ausschließlich in der Golf-Klasse unterwegs ist.

Zum anderen ist der Zusammenschluss ein gutes Geschäft für Geely, weil Volvo schnell aus der hausgemachten Krise fuhr. Denn obwohl die Absatzzahlen vor drei Jahren Höchststände markierten, war der Erfolg teuer erkauft. Vor allem im Hauptmarkt, den USA, gewährte man ruinöse Rabatte von bis zu 3.800 Dollar pro Fahrzeug.

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Dazu gesellten sich noch der Absturz der russischen Verkaufszahlen sowie eine unattraktive Modellpalette. Tragfähige Finanzkennzahlen gibt es zwar nicht, aber Branchenkenner spekulieren, dass die Schweden Vorbesitzer Ford noch vor drei Jahren 2,1 Milliarden Euro Miese einbrachten. Zwar halbierten die Schweden den Verlust ein Jahr später. Trotzdem entschloss sich Ford zum Verkauf für 1,3 Milliarden Euro an Geely. Die Chinesen krempelten den Laden tüchtig um:
Erster Akt: Neuer Chef in der Göteborger Zentrale wurde der Deutsche Stefan Jacoby (52), der sich zuvor durch mehrere Hersteller (unter anderem als USA-Chef von VW) gedient hatte. Jacoby konnte zuletzt positive Zahlen für 2010 verkünden, die Talfahrt der Marke scheint beendet (siehe Investor-Info). Das tut not, denn Volvo muss profitabel arbeiten. Außer dem Kaufpreis fließen bislang keine Budgetzulagen von Geely in die schwedische Tochter.

Zweiter Akt: die Kampfansage an den Wettbewerb. „Wir wollen 2015 in China 200.000 Fahrzeuge verkaufen“, lautet die Ansage von Volvos neuem Cheflenker Jacoby. Ein selbstbewusster Plan. Damit greift das chinesisch-schwedische Bündnis vor allem den deutschen Platzhirsch Audi an. Der verkaufte 2010 im Reich der Mitte rund 240.000 Autos. „Wir betrachten China als unseren zweiten Heimatmarkt“, erklärt Jacoby.

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Um die avisierten 200.000 Fahrzeuge (2010: 30.522 Stück) in den kommenden vier Jahren zu verkaufen, baut Volvo ein Werk in Chengdu, 1.600 Kilometer westlich von Shanghai. 2013 soll die Fertigung anlaufen mit einer jährlichen Produktionskapazität von 100.000 Einheiten. Darüber hinaus prüft der Verwaltungsrat die Errichtung eines weiteren Werks in Daqing im Nordosten Chinas.

Der Standort ist nicht zufällig gewählt, da die Administration gerade diese Regionen kräftig fördert. Eigner Geely ist zwar nicht mit Geld dabei, fungiert aber durchaus als Türöffner. Zehn Milliarden Euro sollen bis 2015 investiert werden, die Volvo selbst stemmt. Neben dem Aufbau der China-Produktion ist für den neuen Chef auch ein neuer Produktionsstandort im Noch-Hauptmarkt USA von großem Gewicht. Wir werden das innerhalb des nächsten Jahres entscheiden“, verkündet Jacoby.

Auch das chinesische Händlernetz wird kräftig aufgemotzt. Derzeit kann man bei 106 Händlern einen Volvo erstehen. Die Anzahl der Showrooms soll aber mehr als verdoppelt werden. Freeman H. Shen, Topmanager bei Geely: „Wir wollen vor allem in den Städten des zweiten Gürtels (als erster Gürtel gelten entlang der Küste Städte wie Shanghai) wachsen.“ Die größte Herausforderung wird laut Shen darin bestehen, die Händler schnell auf das Premiumniveau einzuschwören.

Dritter Akt: die Modellpolitik. Mit der getunten Infrastruktur im Rücken wird Volvo ab 2013 die Modellpalette runderneuern. Dafür engagierte man Peter Mertens, der schon bei Mercedes und GM erfolgreich effiziente Architekturen entwickelte. Das soll unter anderen helfen, die Produktion flexibler und effizienter zu machen – vor allem auf der Kostenseite. Derzeit bieten die Schweden im neuen Auto-Eldorado China die Langversion des S80 an, der in Konkurrenz zum 5er Li von BMW oder dem A6 L von Audi tritt. Zudem den S 60, S 40 sowie die Crossover-Modelle XC 90 und XC 60.

Volvos Chefdesigner Peter Horbury prophezeit einen neuen Trend beim chinesischen Geschmack. Weg vom chromprotzenden Mobil hin zum coolen Understatement, ganz im Sinne der Volvo-Designlinie. Doch die Schweden selbst glauben offensichtlich nicht so recht an die schnelle Wende, wenn man die auf der internationalen Messe Auto Shanghai vergangene Woche präsentierte Studie Universe ansieht. Bevor es zur möglichen Serienreife des Universe kommt, wird auf jeden Fall klar sein, ob ein chinesischer Eigentümer und Autos mit schwedischen Wurzeln das richtige Rezept für die Wiedereroberung des Premiumsegments sind.

Investor-Info

Volvo
Die Marke

Volvo wurde 1927 in Schweden gegründet und ist heute in mehr als 100 Ländern vertreten. Seit Gründung baute Volvo 16 Millionen Pkw. Ende 2010 zählte Volvo 21.000 Beschäftigte. 1999 kaufte Ford die Marke, seit August 2010 gehört das Unternehmen zu Geely. Neuer Chef bei Volvo ist Stefan Jacoby, beaufsichtigt von einem Verwaltungsrat, in dem unter anderem Håkan Samuelsson, Exchef von MAN, und Harald Demel von Magna sitzen. Der Bestseller von Volvo war 2010 der Geländewagen XC 60 mit 80.723 Einheiten, gefolgt von den Kombis V50 (56.098) und V70 (48.872).

Die Ziele
Ab 2013 will Volvo mit einer runderneuerten Modellpalette aufwarten. Hauptmarkt soll China mit 200.000 Einheiten im Jahr 2015 werden. Die Produktion wird dort durch mindestens ein neues Werk (Fertigstellung 2013) erweitert. Im kommenden Jahr fällt auch die Standort­entscheidung für eine Fertigung in den USA. In Sachen Elektroauto gibt sich Volvo noch zurückhaltend. In Vorbereitung ist ein Diesel-Plug-in-Hybrid. Das immer wieder kolportierte Interesse am angeschlagenen Wettbewerber Saab dementiert das Unternehmen klar. Das Marken­image sei verbrannt, heißt es aus dem Umfeld.

Die Zahlen
Volvo ist zurück auf Wachstumskurs. 2010 erholten sich die weltweiten Verkaufszahlen. In den USA verkauften die Schweden im vorigen Jahr zwar weniger, doch mit 53.952 von weltweit insgesamt 373.525 Einheiten sind die Staaten noch immer der größte Markt. Seit diesem Jahr drehen auch hier die Zahlen wieder ins Plus. Ein Grund: Die ruinöse Rabattpolitik ist beendet. Volvo-Chef Jacoby: „Wir gewähren heute maximal 1.900 Dollar pro Fahrzeug. Das war in der Spitze das Doppelte.“ Die Volvo-Pkw-Aktie ist nicht börsennotiert, das Volvo-AB-Papier bezieht sich das Lkw-Geschäft, das nicht zu Geely gehört.

Geely
Die Mutter

Volvos Mutterkonzern Geely ist seit 1997 im Autogeschäft aktiv und nach BYD der zweitgrößte private Hersteller in China. 2010 verzeichnete die Firma einen Gewinnanstieg um 16 Prozent auf 209 Millionen US-Dollar, der Umsatz kletterte um 43 Prozent auf 3,06 Milliarden. Für 2011 erwartet Geely einen Absatzanstieg auf 480.000 Einheiten (Vorjahr: 415.843). Der Pennystock ist nach einem Kursfeuerwerk mit anschließendem Absturz wieder eine Überlegung wert, allerdings sehr spekulativ.

Ford
Der Befreiungsschlag

Ford geht es seit der Trennung von Volvo immer besser. Im ersten Quartal fuhr der Konzern 33 Milliarden US-Dollar Umsatz ein, 18 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Gewinn stieg um 22 Prozent auf 2,6 Milliarden Dollar oder 61 Cent je Aktie – vier Cent mehr, als Analysten erwartet hatten. Ein Risiko bleibt die hohe Verschuldung.

Automarkt China
Luxus wächst überproportional

Im Reich der Mitte unterteilt man in Luxus-, Standard- und Economyklasse. Während die unteren Klassen seit 2006 zwischen 21 und 26 Prozent zulegten, wuchs die automobile Oberliga um 35 Prozent. Die Luxusklasse besetzt im Gesamtmarkt einen Anteil von fünf Prozent. Am meisten werden auf chinesischen Straßen Autos des Stan­dardsegments (73 Prozent) gesichtet. Premiumkäufer in China sind im Schnitt zehn Jahre jünger als in den traditionellen Märkten. Nach Auskunft der China Association of Automobile Manufacturers (CAAM) legte der Markt im ersten Quartal 2011 um über acht Prozent auf 4,98 Millionen Stück zu. 2010 betrug das Plus noch über 30 Prozent. Die Prognosen versprechen auch für die nächsten fünf Jahre eine Zunahme, wenn auch abgeflacht. Das margenträchtige Premiumsegment wird – zur Freude der europäischen Hersteller – weiter überproportional wachsen. Volvo setzte in China im vergangenen Jahr 30.522 Einheiten ab – ein Zuwachs von 36,2 Prozent gegenüber 2009. Damit trug China entscheidend zum Wachstum der Schweden bei, die weltweit 373.525 Fahrzeuge auslieferten, was einem Plus von 11,6 Prozent entspricht.

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