Westgrund: Fantasie durch neuen Großaktionär

von Jens Castner, Euro am Sonntag

So schnell kann’s gehen: Vor Wochenfrist sorgte das tageweise außergewöhnlich hohe Handelsvolumen bei Westgrund noch für Gerüchte, wonach ein Aufkäufer am Werk sein könnte. Jetzt kommen die Fakten auf den Tisch. TAG Immobilien hält mittlerweile mehr als zehn Prozent an der von Investoren monatelang kaum beachteten Gesellschaft aus Remscheid. Und das dürfte, ähnlich wie bei Estavis geschehen, nicht das Ende der Fahnenstange sein. TAG übernimmt derzeit die Rolle des Konsolidierers in der Immobilienbranche, Vorstandschef Rolf Elgeti gilt als umsichtiger Investor, der den Euro gern für 50 Cent einkauft.

Westgrund ist da ein gefundenes Fressen. Der Abschlag auf den geschätzten Nettowert des Immobilienportfolios beträgt sogar mehr als 50 Prozent – verlockend für den ehemaligen Staranalysten (Commerzbank, ABN Amro).

Hier gehts zum aktuellen Heft

Zwar habe sich Elgeti im per­sönlichen Gespräch noch bedeckt gehalten, was seine Pläne anbelangt, erklärte Westgrund-Chef Arndt Krienen gegenüber unserer Redaktion. Doch hinter den Kulissen wird schon eifrig über die Aufstockung spekuliert. Sogar eine baldige Mehrheits- oder Komplettübernahme wollen unternehmensnahe Kreise nicht ausschließen.

Allerdings sollten sich nur Anleger mit Mut zum Risiko an die Spekulation dranhängen. Der Titel ist markteng, das Unternehmen schrieb im vergangenen Jahr rote Zahlen und wird nach Einschätzung von Silvia-Quandt-Research erst 2011 ein positives Nettoergebnis ausweisen.

Außerdem arbeitet Westgrund mit einer Eigenkapitalquote von nur 20 Prozent. Andere Immobilienfirmen setzen spätestens seit Ausbruch der Finanzkrise auf das Doppelte. Dafür gilt Westgrund als besonders innovativ. „Wir kaufen Objekte in B- und C-Lagen durchaus mit hohem Leerstand ein“, erklärt Krienen. „Aber es gelingt uns, die Leerstände rasch abzubauen.“ Hierbei ist vor allem die Vertriebsmannschaft gefordert. Farbige Anstriche statt Standard-Weiß, intensive Beratung bei der Einrichtung oder kleinere Änderungen am Grundriss – etwa durch Herausnehmen oder Einziehen von Wänden – machen die Wohnungen individueller und attraktiver.

Auf diese Art und Weise wurde die Leerstandsquote auf aktuell unter sieben Prozent gedrückt. Trotz des Firmennamens und des Sitzes in Remscheid konzentriert sich das Westgrund-Portfolio (noch) auf den Großraum Ludwigshafen und auf Norddeutschland. Allerdings hält Krienen ständig auch an anderen Standorten Ausschau nach Kaufge­legenheiten, denn sein erklärtes Ziel ist es, weiter zu wachsen. Dabei könnte sich der neue Großaktionär als hilfreich erweisen. Nachdem die beteiligten Finanzinvestoren ihre Aktien bereits weit­gehend an TAG verkauft haben, ist Krienen „froh, jetzt Profis an Bord zu haben“.

Fazit:
Noch nicht profitabel. 2009 machte Westgrund 2,6 Millionen Euro Miese. In diesem Jahr soll sich der Verlust deutlich verringern. Gewinne erst ab 2011.