Interview Exklusiv

Mr. DAX: Eurokrise ist mit voller Wucht zurück

23.04.12 12:24 Uhr

Dirk Müller bleibt seiner Anlagestrategie treu: Dividendenstarke Aktien und physische Edelmetalle. Er kritisiert im Interview die Kasino-Mentalität von Hedgefonds-Managern wie John Paulson. An den Aktienmärkten macht er zwei sich gegenseitig bekämpfende Szenarien aus.

Werte in diesem Artikel
Aktien

59,53 EUR -0,33 EUR -0,55%

398,35 EUR 0,70 EUR 0,18%

340,20 EUR 4,00 EUR 1,19%

Rohstoffe

4.234,99 USD 6,33 USD 0,15%

Devisen

1,1744 USD 0,0052 USD 0,44%

Indizes

2.054,4 PKT 12,8 PKT 0,63%

24.258,4 PKT 128,3 PKT 0,53%

568,9 PKT 4,5 PKT 0,79%

213,7 PKT 1,7 PKT 0,79%

48.325,8 PKT 268,0 PKT 0,56%

604,5 PKT 3,5 PKT 0,58%

12.759,3 PKT 69,5 PKT 0,55%

18.206,2 PKT 218,6 PKT 1,21%

9.343,1 PKT 48,1 PKT 0,52%

3.426,9 PKT -24,0 PKT -0,70%

6.856,5 PKT -30,2 PKT -0,44%

von Benjamin Summa

Trotz massiver Eingriffe der Notenbanken in den Staatsanleihenmarkt müssen Krisen-Länder wie Spanien weiterhin deutlich höhere Zinsen zahlen als andere europäische Staaten – eine Last, die langfristig nicht tragbar ist für die viertgrößte Volkswirtschaft der Währungsunion. Warum scheint die Politik des billigen Geldes nicht so recht aufzugehen?
Dirk Müller: Die Politik des billigen Geldes ist zunächst aufgegangen. Die Banken der Südstaaten hatten sich in großen Stil mit diesem billigen Geld eingedeckt und wie erhofft die eigenen Staatsanleihen gekauft. Aber das scheint offensichtlich nicht mehr auszureichen. Das Problem ist der Sekundärmarkt, also der Finanzmarkt zum Handel schon emittierter Wertpapiere. Dort gehen die Zinsen derzeit deutlich nach oben.

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Die enorme Geldflut hat den Markt nur kurzzeitig verfälscht. International ist das Misstrauen gegenüber der Eurozone nach wie vor da. Die EZB hat quasi den Feuerwehrschlauch den Banken in die Hand gedrückt. Diese haben diesen jetzt aus Angst fallenlassen.

Der Hedgefonds-Manager John Paulson lässt verlauten, dass er wieder Leerverkäufe europäischer Bonds plant, zudem will er Credit Default Swaps auf europäische Anleihen kaufen. Er möchte also aggressiv gegen die europäischen Staatsanleihen wetten. Vor zwei Jahren haben wir diese Spekulationsnummer schon einmal gesehen. Damals wurde gegen den Euro gewettet. Hedgefonds-Manager lassen solche Informationen gerne in die Öffentlichkeit dringen, um Trittbrettfahrer zu ermutigen, das Spiel mitzuspielen. Nur so lässt sich ein großer Tanker wie der Euro angreifen.

Bei vielen politischen Entscheidern wurde die Gefahr der Eurokrise zuletzt runtergespielt, es wurde suggeriert, man stehe kurz vor der Lösung der Krise. Ist die Eurokrise Ihrer Meinung nach mit dem aktuellen Spanien-Problem mit voller Wucht zurück?
Die Eurokrise ist absolut zurück – und ich wusste gar nicht, dass sie weg war. Sie haben Recht, es war in den vergangenen Monaten etwas Ruhe in den Markt gekehrt. Dies hat sicherlich auch mit der eine Billion Euro starken Geldspritze der EZB zu tun. Aber es wurde kein Problem gelöst, denn wir haben ein Strukturproblem. Wir haben ein Europa mit total unterschiedlichen Staaten, denen eine gemeinsame Währung übergestülpt worden ist. Für den Großteil dieser Länder ist der Euro definitiv die falsche Währung. Deutschland gehört zu den wenigen, für die der Euro etwas zu schwach notiert, deswegen brummt der deutsche Export. Die meisten anderen Staaten sehen sich mit einer zu starken Währung konfrontiert und haben deshalb Exportprobleme. Griechenland, Spanien und Italien müssen an einem Wettrennen teilnehmen mit Blei an den Schuhen.

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Auch die verabschiedeten Sparpakete führen in die Katastrophe. Dazu muss man nicht bis Reichskanzler Brüning zurückgreifen, das haben wir auch in jüngster Vergangenheit in Griechenland gesehen. In Deutschland wurde mit den Konjunkturpaketen und der Abwrackprämie genau das Gegenteil getan – vor diesem Hintergrund ist es doch fahrlässig, den Griechen und Spaniern zu befehlen, sich tot zu sparen. Im Ergebnis führt dies zum Zusammenbruch der Wirtschaft in diesen Ländern und zusätzlich wird der letzte Rest Vertrauen in die Staatsanleihen dieser Staaten vernichtet.

Bei Dax und Co. war die Zuversicht in den vergangenen Wochen gestiegen, das Sentiment hatte sich etwas gedreht. Die Aktienmärkte scheinen auch – anders als früher – von den Inflationsängsten profitiert zu haben. Die Inflation lässt man laufen, die Liquidität wird nicht abgeschöpft und Zinserhöhungen von Seiten der Notenbanken bleiben aus. Davon profitierten die Aktien- wie die Rohstoffmärkte. Was spricht Ihrer Meinung nach in den kommenden Monaten für Zuversicht, was für Pessimismus an den Aktienmärkten?
Wir haben derzeit zwei sich gegenseitig bekämpfende Szenarien. Auf der einen Seite sehen wir ein Inflationsszenario der Assetpreise, die Gelder, die weltweit in die Finanzmarkte gepumpt werden, fließen also nicht in die Realmärkte ab. Das Geld bleibt in deutschen oder amerikanischen Staatsanleihen oder in realen Märkten wie Aktien, Edelmetallen oder Öl. Der Rekordpreis beim Öl ist nicht einer erhöhten Nachfrage geschuldet, sondern schlichtweg das Ergebnis hineinschießender Geldströme. Dies spricht für steigende Aktienkurse.

Aber die abflauende Konjunktur und die ersten Anzeichen für ein Platzen der chinesischen Immobilienblase sprechen auf der anderen Seite für fallende Aktienpreise. Wenn die Stimmung zur einen Seite kippt, sausen die Kurse derzeit runter, geht die Stimmung in die andere Richtung, klettern die Kurse ein paar hundert Punkte hoch. Dieses Spiel erleben wir momentan. Es wird sich erst in den kommenden Wochen entscheiden, wohin das Pendel nachhaltig ausschlägt.

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Erwarten Sie sich aus den USA eher Unterstützung oder Gegenwind für die Aktienmärkte in den kommenden Vorwahlmonaten?
Die Wahl ist sehr wichtig. Präsident Obama hat in erster Linie ein Interesse an einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung. Keine Frage: Das viele Geld, das derzeit in die Märkte gepumpt wird, hilft ein wenig, aber die Amerikaner sind noch weit von dem Wachstum entfernt, das sie eigentlich bräuchten. Von Nachhaltigkeit ist man dort erst recht Lichtjahre entfernt.

Von Banken hört man, dass das Gros der Sparer momentan Liquidität bevorzugt, hier frisst die Inflation die mickrigen Zinsen auf. Welche Anlagestrategie haben Sie derzeit angesichts der unüberschaubaren Lage?
Ich bleibe meiner Anlagestrategie treu: Ich kaufe Aktien von Unternehmen mit guter Dividendenrendite und nachhaltigem Geschäftsmodell wie Linde, Coca Cola oder John Deere und physische Edelmetalle. Immer, wenn ich merke, dass die Risiken überwiegen, dann versichere ich diese realen Werte mit klassischen Verkaufsoptionsscheinen. Wenn die Märkte wieder ruhiger werden, baue ich diese Absicherung ab.

Wie stehen Sie zum Thema Staatsanleihen?
Die würde ich derzeit nicht mit der Kneifzange anfassen und wenn mir jemand welche schenkt, verklage ich ihn!

Auch der Goldpreis hat in den vergangenen Wochen eine deutliche Korrektur vollzogen. Ist damit das Ende des Goldbullenmarktes bei Edelmetallen in Sicht?
Ich persönlich kann mir sehr gut vorstellen, dass der Goldpreis weiter steigt. Aber wir sind gerade in einer ganz gefährlichen Lage. Wir sind charttechnisch beim Goldpreis bei ca. 1600 Dollar je Feinunze. Sollte diese Basis deutlich nach unten unterschritten werden, dann könnten für Gold noch mal deutliche Abverkäufe zu erwarten sein. Die umsatzstarken Goldinvestoren sind nicht die Kleinanleger, sondern die großen Player, die in Gold über ETFs und Rohstofffonds investieren. Wenn die aus charttechnischen - oder Liquiditätsgründen abverkaufen, dann tun sie es tonnenweise. Ob dies objektiv klug ist oder nicht. Das drückt natürlich auf den Preis. Aber die Fundamentaldaten sprechen langfristig dennoch für steigende Goldpreise.

Als Börsenmakler konnten Sie sich früher auf Zwangsläufigkeiten am Markt verlassen. Seit einiger Zeit sind viele natürliche Markt-Mechanismen außer Kraft gesetzt, vor allem, weil die Politik und die Notenbanken massiv eingreifen. Wie schwierig ist es, noch Prognosen abzugeben?
Bis vor wenigen Jahren hatten wir es mit einem Finanzmarkt zu tun, der von echten Investoren und Geldanlegern, Verbrauchern und konjunkturellen Entwicklungen geprägt war. Das hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend geändert. Mittlerweile sind viele Zocker am Werk, die die Finanzmärkte manipulieren. Als ich als Börsenmakler anfing, hat man in Unternehmen investiert, weil man langfristig am Unternehmenserfolg partizipieren wollte. Das waren faire Geschäfte unter Kaufleuten. Heute wird der Handel von Computern übernommen, die werden von Pokerspielern und Raketentechnikern programmiert. Das Ziel ist, andere über den Tisch zu ziehen und zu täuschen. Das führt zwangsläufig zu einer Reihe von Fehlsignalen. Das macht es ausgesprochen schwer, gerade die kurzfristigen Entwicklungen richtig zu prognostizieren.

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