Interview

Gros der Kapitalhilfen für Hypo Real Estate futsch

25.09.10 09:00 Uhr

Der Bankenhilfsfonds Soffin hat mit einer Kapitalhilfe von zehn Milliarden Euro die angeschlagene HRE gerettet. Der Chef des Soffin-Kontrollgremiums, Florian Toncar, rechnet mit einer Abschreibungsquote von 80 Prozent.

von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag

Euro am Sonntag: SPD-Finanzexperte Carsten Schneider hat eine Abwicklung der Hypo Real Estate (HRE) gefordert. Welche Konsequenzen hätte ein solcher Schritt?
Forian Toncar: An der Grundsatzentscheidung, die Bank mit öffentlichen Mitteln in beispiellosem Umfang zu retten, waren der frühere Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Carsten Schneider maßgeblich beteiligt. Dass Schneider jetzt in der Opposition auf einmal die vollständige Abwicklung fordert, ist bezeichnend für den Umgang der SPD mit Ihrer eigenen Regierungszeit. Alles abzuwickeln, würde bedeuten, dass man auch für den noch verwertbaren Teil der Bank kein Geld mehr bekommt. Gerade werden die größten Problemfelder der HRE in die Bad Bank ausgegliedert und tatsächlich abgewickelt, das sind rund 60 Prozent der Bank. Mit dem Rest versuchen wir, soviel wie möglich für den Steuerzahler zurück zu holen.

Wer­bung

Welchen Teil wird der Steuerzahler von den eingesetzten zehn Milliarden Euro Staatskapital wieder sehen?
Verlässliche Zahlen liegen uns bislang für das vergangene Jahr vor. Von den rund sechs Milliarden Euro Eigenkapital, die der Soffin 2009 in die HRE gesteckt hat, hat der Bund 4,75 Milliarden Euro abgeschrieben. Damit lag die Abschreibungsquote bei fast 80 Prozent. Das ist die Größenordnung, auf die wir uns leider einstellen müssen. Im Gegenzug nehmen wir Geld aus den Garantien ein. Trotzdem wird es deutliche Verluste geben, die wir durch die Errichtung der Bad Bank und den Verkauf der Kernbank gerade zu begrenzen versuchen.

Durch immer neue Garantien, aber auch durch die üppigen Bonuszahlungen entsteht der Eindruck, dass man es bei der HRE mit einem Fass ohne Boden zu tun hat. Was haben Sie dem entgegenzuhalten?
Meines Erachtens muss man erst mal sehen, wie die gut vorbereitete Transaktion in die Abwicklungsanstalt klappt. Wenn sie gelingt, dürften die Zahlen der HRE-Kernbank bald besser aussehen. Dann muss die Bad Bank abgewickelt werden, und das kann bei der Größe der Bank auch nicht in einem halben Jahr geschehen.

Bleibt es bei den zehn Milliarden Euro Kapitalhilfe?
Die Antwort ist nach heutigem Stand: Ja. Das ist gründlich untersucht worden.

Wer­bung


Hier gehts zum aktuellen Heft

Für viel Ärger haben bei der HRE zuletzt Bonuszahlungen von 25 Millionen Euro gesorgt. Die Bank begründete dies auch damit, dass man qualifizierte Mitarbeiter nicht verlieren wolle. Halten Sie das für ein Argument?
In der jetzigen Umstrukturierung dieses Thema so anzugehen, halte ich für unsensibel und sehr unglücklich.

Müssen wegen dieser Boni Konsequenzen bei den Verantwortlichen der Bank gezogen werden?
Zunächst einmal sind aus meiner Sicht einige offene Fragen zu klären: Wie sind diese Boni ausgestaltet? Wer hat sie bekommen? Sind die Boni rechtlich geboten gewesen, wurden dadurch beispielsweise arbeitsrechtliche Streitigkeiten vermieden, die teurer als 25 Millionen Euro geworden wären? Die Antworten auf diese Fragen sind für eine präzise Bewertung des Vorgangs wichtig.

Wer­bung

Welche Themen stehen bei der Sondersitzung des Soffin-Finanzmarktausschusses am Montag auf der Tagesordnung?
Nachdem die HRE weitere Garantien von 40 Milliarden Euro beantragt hat, wollen wir die Bank in den nächsten Wochen bei der Übertragung der kritischen Bestandteile in diese Abwicklungsanstalt etwas intensiver begleiten. Das wird auf dieser Sitzung besprochen. Jetzt ist das Bonusthema dazugekommen und wird auch Diskussionsgegenstand sein.

Über den künftigen Kapitalbedarf der deutschen Banken sind zuletzt verschiedenste Zahlen ins Spiel gebracht worden. Was halten Sie denn für realistisch?
Diese Kaffeesatzleserei ist doch Teil des Problems, da werden manchmal recht plumpe Hochrechnungen gemacht. Auf zehn Jahre gesehen wird der Kapitalbedarf im deutschen Bankensektor eine ordentlich zweistellige Summe erreichen. Ob das 35 oder 55 Milliarden sein werden, kann derzeit niemand verlässlich sagen. Mit den verschärften Basel-III-Eigenkapitalvorschriften wird ja vor allem auch versucht, einen überdrehten Markt mit zu hohen Hebeln Schritt für Schritt auf ein stabileres Niveau herunterzubringen. Ob eine Bank dafür zusätzlich Kapital aufbaut oder ihre Risiken zurückfährt, hängt von der jeweiligen strategischen Ausrichtung ab. Somit ist es schon sehr hypothetisch, jetzt einen konkreten Kapitalbedarf für den Bankensektor zu errechnen.