Interview

Neuer Soffin-Chefkontrolleur fordert Banken-Stresstest

09.01.10 09:05 Uhr

Florian Toncar (FDP): „Der Abschreibungsbedarf bleibt erheblich“

von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag

Angesichts des noch immer erheblichen Abschreibungsbedarfs hat der neue parlamentarische Chefkontrolleur für den Bankrettungsfonds Soffin, Florian Toncar (FDP), eine schärfere Kontrolle der Banken gefordert. „Regelmässige Stresstests halte ich für notwendig“, sagte Toncar zu €uro am Sonntag.

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Die Bankenbranche habe Boden unter den Füßen, sei aber noch nicht über den Berg, so Toncar in seinem ersten Interview als Soffin-Chefkontrolleur. Er fordert die Bundesregierung auf, noch stärker darauf zu drängen, dass es bei den Landesbanken zu tiefgreifenden Reformen komme.

Ein Zentralinstitut für die Sparkassen genüge. Toncar (30) war am 18. Dezember 2009 zum Vorsitzenden des parlamentarischen Kontrollgremiums für den Soffin gewählt worden. Das neunköpfige Gremium überwacht die Verwendung der Mittel aus dem im Oktober 2008 verabschiedeten 460 Milliarden Euro schweren Banken-Rettungspaket des Bundes.

€uro am Sonntag: Welche Gefahr geht noch vom Abschreibungspotenzial in den Bankbilanzen aus?
Florian Toncar: Die Branche hat Boden unter den Füßen, ist aber noch nicht über den Berg. Der Abschreibungsbedarf bleibt erheblich. Schätzungsweise 50 Prozent der Wertberichtigungen stehen noch aus, wobei einige Institute davon stärker betroffen sind und andere kaum. 2010 werden durch Insolvenzen auch die Ausfälle im klassischen Kreditgeschäft zunehmen. Die meisten Banken haben deshalb 2009 ihre Risikovorsorge erhöht. Trotzdem genügt im Zweifel eine einzige Bank, die das nicht ausreichend getan hat, um neue Unsicherheit zu schüren.

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Sind die deutschen Banken ausreichend kapitalisiert, um die Belastungen zu verkraften?
Viele Banken haben ihr Eigenkapital aufgestockt und ihre Risiken reduziert. Solange Vertrauen im System bleibt, sehe ich keine existenzgefährdende Lücke. Regelmäßige Stresstests halte ich aber für notwendig.

Droht durch unterkapitalisierte Banken eine Kreditverknappung, die die wirtschaftliche Erholung gefährden könnte?
Es gibt derzeit noch genug Kreditangebot, aber das bedeutet nicht, dass die Welt in Ordnung ist. Es gibt weniger Wettbewerb im Kreditgeschäft, etwa, weil sich Banken auf ihre Kernkompetenzen oder angestammten Märkte konzentrieren. Das wirkt sich auf die Zinskonditionen aus. Außerdem leiden einige Branchen unter pauschalem Vertrauensentzug. Großprojekte werden oft gemieden. Nicht zuletzt sorgen schlechtere Ratings von Unternehmen dafür, dass sie Kredit nur zu hohen Zinsen bekommen, was für sie in der jetzigen Lage meist schwer verkraftbar ist. Das kann dazu führen, dass Investitionen unterbleiben.

Warum ist das Bad-Bank-Modell des Soffin so schlecht von den Banken angenommen worden?
Das Gesetz kam in eine Phase hinein, in der sich die Wertpapiermärkte wieder erholt haben. Das hat den Handlungsdruck gemildert. Hinzu kamen die Sorge vor einer Stigmatisierung am Markt und eine Reihe von Unklarheiten im Gesetz, wie etwa über die Höhe der für die Staatsgarantien fälligen Zinsen oder den Umfang der zu erwartenden Auflagen und Bedingungen. Das sind wichtige Punkte, schließlich reden wir bei Bad Banks über mehrere Jahrzehnte Laufzeit. Eben wegen dieser Unklarheiten hat die FDP dieses Gesetz der schwarz-roten Koalition auch abgelehnt.

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Sollte das Bad-Bank-Modell überarbeitet oder neu konzipiert werden?
Die Höhe der Verzinsung ist mittlerweile geklärt. Bei Bedingungen und Auflagen brauchen wir Sonderregelungen, die der langen Laufzeit des Modells Rechnung tragen. Und auch die steuerlichen Regelungen sind verbesserungsbedürftig. Das Grundkonzept, nämlich dass am Ende die Eigentümer der Bank auch für die Verluste von Bad Banks haften, ist aber völlig richtig.

Sollte der Soffin die Frist für Bad-Bank-Modelle über den 22. Januar hinaus verlängern?
Nein. Die Antragsfrist ist allen Beteiligten seit Monaten bekannt. Wir tragen Staatshilfe niemandem hinterher. Die Frist gilt im übrigen aber auch nur für Anträge auf Übertragung von strukturierten Wertpapieren auf Zweckgesellschaften, nicht für die weiter reichende Möglichkeit, Abwicklungsanstalten einzurichten. Das geht auch künftig.

Sollten Soffin-Hilfen speziell für Landesbanken mit einer Strukturreform bzw. Konsolidierung bei diesen Instituten kombiniert werden?
Der Landesbankensektor hat sich als besonders krisenanfällig erwiesen. Über die Hälfte des zur Stabilisierung von Banken aufgewendeten Steuergeldes ging bisher an staatseigene Banken. Das liegt daran, dass ein staatlicher Eigentümer nicht im gleichen Maße an der Wirtschaftlichkeit einer Bank interessiert ist wie ein privater, sondern die Bank gelegentlich für politische Zwecke nutzt. Deshalb muss der Bund noch stärker darauf drängen, dass es hier zu tiefgreifenden Reformen kommt. Die Sparkassen brauchen ein Zentralinstitut. Alles andere ist nicht staatliche Aufgabe. Ich habe Zweifel, ob das in allen Landeshauptstädten verstanden worden ist.

Wann können Sie sich eine Reprivatisierung der Staatsbeteiligung an der Commerzbank vorstellen?
Der 25-Prozent-Aktienanteil des SoFFin an der Commerzbank ist knapp 2 Milliarden Euro wert. Er dient der Absicherung der vom SoFFin gleichzeitig in die Bank eingebrachten stillen Einlage im Wert von 16,4 Mrd. Euro. Wir Liberalen wollen die Staatseinlagen sobald wie möglich privatisieren und damit das eingezahlte Steuergeld zurückholen. Das muss schrittweise erfolgen. Zuerst ist dabei die stille Einlage zurückzuführen, erst danach der Aktienanteil. So schützen wir die Interessen der Steuerzahler am besten.