Noch halten sich die Indizes oben, aber die Luft ist dünn!
Liebe Leserinnen und Leser, hoffentlich hat Sie der Gegenwind an den Börsen während der letzten Tage nicht auf dem falschen Fuß erwischt.
Wieder einmal wurde deutlich, dass die Masse der Anleger nicht Recht bekommen kann und das konsequentes Money-Management unabdinglich ist. Ebenfalls wurde offenbar, dass die Medienerstattung über die Börsenverfassung dieser um Längen hinterherhinkt und Market-Timing unmöglich ist. Typischerweise nahmen Spekulanten und das „Smart-Money“ exakt zu dem Zeitpunkt ihre Chips vom Tisch, der von der Masse so sehnlich erwartet wurde: Der Tag, an dem das Ende der Rezession quasi offiziell wurde und an dem einige konjunkturelle Nachrichten fast „kurserdrückend“ gut wurden! Da Märkte nun einmal zwischen überkauften und überverkauften Zuständen pendeln, macht es auch keinen besonderen Sinn darüber zu philosophieren, wer warum die jüngsten Gewinnmitnahmen ausgelöst haben könnte. Auf alle Fälle hatte der September als schwächster Börsenmonat des Jahres einen standesgemäßen Einstand. Der Dax z.B. verlor bereits etwa 4,5 % von seinem zyklischen Hoch, was alleine noch kein Grund zur Beunruhigung sein sollte. Noch ist es viel zu früh, den Aufwärtstrend zu Grabe zu tragen. Ebenfalls kann noch nicht abgeschätzt werden, ob die bisherige Angewohnheit der Marktteilnehmer, jede Kursdelle zum (neu) Einstieg zu nutzen, nicht wieder auflodert. Trotzdem interpretiere ich den schlagartig zurückkehrenden Pessimismus einiger Anleger und das relativ große Bärenlager in den Stimmungsumfragen als recht positiv. Amüsant zu beobachten ist es auch derzeit, wie schnell manche prominente Bären, die natürlich die bisherige Hausse komplett verpasst haben, aus ihren Höhlen kriechen und es „schon immer gewusst haben“!
Noch halten die Bullen den Ball in ihrem Feld
Bullen wie Bären haben gute Argumente. Die überbordende Liquidität strömt weiter in Aktien, obwohl auch die Rentenmärkte in letzter Zeit wieder punkten konnten. Dies soll durchaus als Warnung für die Aktionäre verstanden werden, denn die haussierenden Edelmetallmärkte könnten ein Umdenken der Investoren signalisieren. Obwohl die Notenbanken noch keine konkreten Ankündigungen über den Beginn des kommenden Zinserhöhungszyklus gemacht haben, werden institutionelle Investoren bereits die ersten strategischen Weichen diesbezüglich stellen und auch Inflationsszenarien durchspielen! Da es meiner Ansicht nach unmöglich ist den Markt optimal zu „Timen“, will ich heute wieder auf den „inneren Markt“ zu sprechen kommen. Mit diesem Instrumentarium, verbunden mit gutem Fingerspitzengefühl und einigen gleitenden Marktdurchschnitten, ist es nämlich möglich, die Investitionsphasen von den Risikophasen fein säuberlich zu trennen. Abgebildet habe ich heute den Bullish Percent Index für die marktbreite NYSE mit mehr als 3.000 Werten, die Ihnen einen besseren Überblick über den Markt gibt als jeder andere Index. In diesem Index wird dargestellt, wieviel Prozent der an der NYSE gehandelten Aktien auf einem objektiven Kaufsignal der P & F Charttechnik notieren. Dazu muss die aktuelle X-Säule (Nachfrage) die vorherige X-Säule überragen.
Gut erkennt man an der rechten Skala, dass aktuell 77 % der gehandelten Aktien auf einem objektiven Kaufsignal stehen, die Marktbreite aber in den letzten Tagen bereits abgenommen hat, da dieser Wert kürzlich noch bei 80 % stand. D.h. nichts anderes, als das Kapital aus Aktien fließt, ganz egal ob Indizes wie z.B. der Dow-Jones oder der DAX noch leicht klettern, oder sich noch mit Mühe und Not an ihren Hochs halten können. Dies ist durchaus als ein kleines Warnzeichen zu interpretieren, auch wenn bisher noch nichts passiert ist. Ungemütlich wird es erst, wenn der BPI Index in eine O-Spalte übergeht und unter die kritische Marke von 70 % fällt. Davon sind wir noch weit entfernt, vor allem wenn man bedenkt, dass für einen Spaltenwechsel mindestens sechs % der gehandelten Werte ein frisches Verkaufssignal generieren müssen. Diese Filterung ist übrigens auch einer der ganz großen Vorteile der P & F-Technik, da die unbedeutenden Schwingungen der Kurse herausgefiltert werden und man sich auf das Wesentliche konzentrieren kann. Neben dem leichten Kapitalabfluss der letzten Tage will ich auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen. Wir stehen aktuell auf einem derart überkauftem Niveau, welches nur einmal in der vergangenen Dekade erreicht wurde. Der Markt kann sich durchaus noch eine Weile hier oben halten, aber das Eis ist sehr dünn. Denn irgendwann wird jeder überkaufte Marktzustand korrigiert – mitunter auch heftig. Die gegenwärtige Situation erinnert mich an Schlittschuhlaufen im Frühling auf langsam weicher werdenden Eis. Noch hält zwar die Eisdecke, man weiß aber, dass die Sonne zwangsläufig an Kraft gewinnen wird. Oder wie es ein Kollege von mir ausdrückte: Der Markt ist wie eine Badewanne, in der das Wasser noch steht, die Bären aber bereits am Stöpsel hantieren! Wie gesagt, der BPI ist kein Timing-Indikator (den gibt es auch nicht), sondern eher als Ampel zu verstehen, die in Kauf- und Verkaufphasen unterscheidet. Man muss als Investor einfach wissen „wo man steht“. Derzeit halten die Bullen noch den Ball, aber ich persönlich würde mit Neuengagements eine Korrektur abwarten. Mittelfristig bleibe ich positiv für den Markt und sehe den DAX z.B. im Winter bei etwa 6.400 bis 6.600 Punkten. Deshalb muss ich aber nicht unbedingt jetzt mit neuen Käufen in den Markt springen! Geduld und Disziplin haben sich an der Börse noch immer ausbezahlt. Der Versuch, einen Trend bis zum letzten Punkt mit zu gehen, endet dagegen meistens im Desaster! Um dies zu vermeiden kann Ihnen der BPI eine wertvolle Hilfestellung geben. Falls Sie weitere Fragen zu diesem Index haben, senden Sie mir doch bitte eine E-Mail!
Volatilität steigt wieder
Sehr interessant in kritischen Marktphasen zu beobachten ist die Volatilität. Bekanntlich werden stabile Aufwärtstrends von fallender Vola begleitet, da man sich sicher fühlt. In fallenden Märkten ist es umgekehrt, da schnellt die Vola in die Höhe, weshalb sie auch als „Panikglocke“ bezeichnet wird. Das vergangene Jahr brachte Rekordwerte von über 70 in der Vola, langfristig schwankt sie um durchschnittliche 28 %!
Gut erkennt man den intakten Abwärtstrend der Vola und das sinkende Risikoempfinden der Marktteilnehmer. Den intakten Trend sieht man am besten an der roten bärischen Widerstandslinie, an der die Vola immer wieder von unten abgeprallt ist. So lange dies so bleibt, besteht keine erhöhtes Risiko in den Märkten. Sollte aber die aktuelle X-Säule, die bereits ein klassisches Kaufsignal generiert hat, weiter zulegen und sogar die bärische Widerstandslinie durchschlagen, dann ist erhöhte Aufmerksamkeit erforderlich! Gemäß der Zielprojektion des Chartbildes könnte die Vola bis etwa 40 hochschnellen. Aber wie gesagt, noch bremst die bärische Widerstandslinie. Falls Sie Absicherungen für Ihre Positionen planen, bieten sich wegen der (noch?) geringen Vola im Geld liegende und lang laufende Put-Optionsscheine an, da diese zusätzlich von der anspringenden Schwankungsintensität profitieren würden.
Ich wünsche Ihnen ein entspanntes und sonniges Wochenende!
Herzliche Grüße
Ihr Klaus Buhl
Klaus Buhl verfügt über langjährige Erfahrung in der Vermögensverwaltung und betreibt die Seite www.kb-assets.de, die vor allem Tipps für die Kombination von Absolut-Return-Strategien und vermögensverwaltenden Konzepten gibt!
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