Solar-Branche

Chaos bei Solar Millennium

21.03.10 10:00 Uhr

Der neue Chef ist schon wieder weg, bei der Staatsanwaltschaft liegt eine Anzeige vor, und die Geschäfte sind schwierig.

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von Joachim Spiering, Euro am Sonntag

Der Rücktritt von Utz Claassen als Chef von Solar Millennium ist in seiner Art wohl einzigartig in der deutschen Unternehmensgeschichte. Noch am vorvergangenen Freitag sprach der 46-Jäh­rige auf einem Symposium in St. Gallen über die Vorzüge von solarthermischen Großkraftwerken, wie sie von Solar Millennium konzipiert werden. Drei Tage später trudelte bei der Firma ein Fax ein, in dem Claassen in dürren Worten seinen Rücktritt bekannt gab. Dienstwagen und Firmenkreditkarte habe er, so heißt es, per Kurier an den Firmensitz nach Erlangen bringen lassen.

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Seit dem schrägen Abgang rätseln Beobachter, was dahinterstecken mag. Zunächst hieß es, ein Trauerfall habe den Manager schwer belastet und zum Rücktritt bewogen. Dann wurde kolportiert, dies sei nicht der Grund. Was aber dann? Claassen selbst schweigt sich aus.

Dabei schien alles so gut zu passen. Claassen, einst Boss des Energie­versorgers EnBW und bestens verdrahtet in der deutschen Energieindustrie, schien wie geschaffen dafür, das weitere Wachstum von SM zu organisieren. Er selbst wiederum sah offenbar die Chance, noch mal das ganz große Rad zu drehen. Schließlich ist SM in einer hochinteressanten Branche unterwegs, der enormes Potenzial nachgesagt wird. Insofern galt es als Coup, als Solar Millennium am 15. Dezember die Verpflichtung Utz Claassens als neuen Vorstandschef bekannt gab. Doch vielleicht war alles nur ein großes Missverständnis.

Seit Monaten gibt es bei Solar Millennium Spekulationen bezüglich Bilanztricksereien. Hauptvorwurf: SM mache mit sich selbst Geschäfte und treibe so den Umsatz nach oben. Die Firma selbst bestreitet das. „Wir haben für alle Abschlüsse ein Testat. Und bei komplizierten Fällen haben wir extra ein Gutachten und beziehungsweise oder die zweite Meinung eines weiteren Wirtschaftsprüfers eingeholt“, so Finanzvorstand Thomas Mayer.

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Dennoch könnten die Bilanzierungspraktiken ein Fall für die Gerichte werden. Nach Informationen von €uro am Sonntag liegt seit Ende Dezember 2009 bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth eine Straf­anzeige „gemäß § 331 Nr 1. HGB“ gegen drei aktuelle beziehungsweise frühere Vorstände sowie einen Aufsichtsrat vor. Vorwurf: Die „unrichtige Darstellung und Verschleierung der wirtschaftlichen Verhältnisse“ in den Jahren 2004 bis 2007. Ob die Staatsanwaltschaft ein offizielles Ermittlungsverfahren eröffnen wird, ist noch offen. „Momentan läuft ein Vorermittlungsverfahren, das noch nicht abgeschlossen ist“, heißt es aus der Pressestelle.

Die Querelen kommen zu einer ungünstigen Zeit. Denn die Mittelfranken haben schon beim Tagesgeschäft Herausforderungen genug. Die Firma ist gerade dabei, in den USA neue Projekte aufzusetzen. Fünf geeignete Flächen mit extrem hoher Sonneneinstrahlung hat sich Solar Millennium eigenen Angaben zufolge gesichert. Im Prinzip ein richtiger Schritt. Aber: „Die Projektvorhaben in den USA sind vom Volumen her wesentlich größer als die in Spanien“, so Finanzvorstand Mayer. Pro Projekt müsse mit einem Finanzierungsvolumen von rund einer Milliarde Euro gerechnet werden. Zum Vergleich: Für die drei realisierten Kraftwerke in Spanien war zusammen eine Milliarde nötig.


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Insofern wird es spannend, ob SM die Mammutprojekte in den USA finanziell schultern kann. „Wir haben immense Herausforderungen auf der Seite der Kapitalbeschaffungs­maßnahmen“, sagte denn auch Finanzvorstand Mayer auf der Bilanz-PK. Die Zeit drängt: Die von der US-Regierung in Aussicht gestellten Fördergelder gibt es nur, wenn noch dieses Jahr fünf Prozent der Investitionssumme ausgegeben werden. Positiv: SM steht mit vier Standorten auf einer Liste von Projekten, die von den US-Behörden bevorzugt behandelt und mit schnelleren Genehmigungsverfahren versehen werden.

100 Millionen Euro Umsatz will die Firma bis Ende Oktober in den USA machen – durch Anteilsverkäufe und das Projektgeschäft. Mittelfristig wird auch an einen Börsengang der neuen US-Tochter gedacht. Auch bei bestehenden Projekten gibt es Baustellen. So ist der eigentlich für 2009 geplante Baubeginn des Ibersol-Kraftwerks in Spanien immer noch nicht erfolgt. Auch der geplante Verkauf eines 50-Prozent-­Anteils an Ibersol an den Industriedienstleister Ferrostaal steht „wegen Gremienvorbehalts“ noch aus.

Probleme könnte es auch von anderer Seite geben: Wie zu hören ist, überlegt ein Investor bei SM auf fallende Kurse zu setzen.

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DatumRatingAnalyst
01.12.2011Solar Millennium sellWestLB AG
24.11.2010Solar Millennium neutralGoldman Sachs Group Inc.
15.07.2010Solar Millennium US-Geschäft nimmt Gestalt anSES Research/ Warburg Gruppe
18.06.2010Solar Millennium kaufenSES Research/ Warburg Gruppe
07.06.2010Solar Millennium meidenFrankfurter Börsenbriefe
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15.07.2010Solar Millennium US-Geschäft nimmt Gestalt anSES Research/ Warburg Gruppe
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28.05.2010Solar Millennium kaufenSES Research/ Warburg Gruppe
09.04.2010Solar Millennium kaufenFuchsbriefe
24.03.2010Solar Millennium weiter auf EmpfehlungslisteHot Stocks Europe
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24.11.2010Solar Millennium neutralGoldman Sachs Group Inc.
30.03.2010Solar Millennium DowngradeWestLB AG
16.12.2009Solar Millennium Kursziel 60 EURHot Stocks Europe
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18.11.2009Solar Millennium kein Stück aus der Hand gebenHot Stocks Europe
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01.12.2011Solar Millennium sellWestLB AG
07.06.2010Solar Millennium meidenFrankfurter Börsenbriefe
20.08.2009Solar Millennium verkaufenSES Research GmbH
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18.06.2009Solar Millennium verkaufenSES Research GmbH

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