Erfolge bei der Gentherapie: Wo Kursfantasie winkt

Gentherapien gegen Krebs könnten schon Ende dieses Jahres in den klinischen Alltag einziehen. Wer von den revolutionären Produkten profitiert.
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von Julia Groß, Euro am Sonntag
Es war ein Tabubruch, als der US-Forscher Shoukhrat Mitalipov vor wenigen Tagen bekannt gab, ein krank machendes Gen bei menschlichen Embryonen im Reagenzglas repariert zu haben. Nachdem vor zwei Jahren Chinesen mit ähnlichen Experimenten vorgeprescht waren, ist das sogenannte Genom-Editing nunmehr endgültig in der Realität angekommen.
Es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis zum ersten Mal ein auf diese Weise genetisch veränderter Mensch geboren wird.
Die Fortschritte auf diesem Feld waren in den vergangenen Jahren enorm. Während die genetische Reparatur von Embryonen wohl weiterhin ethisch umstritten bleiben wird, dürfte die Veränderung von Körperzellen bereits Ende des Jahres in den klinischen Alltag einziehen. Für Gentherapien, die Krebserkrankungen bekämpfen, prognostizieren Analysten Unternehmen wie Novartis, Kite Pharma oder Juno Therapeutics schon in wenigen Jahren Umsätze von jeweils rund einer Milliarde Dollar.
Eingriffe an Embryonen gelten als heikel, weil sie die Keimbahn verändern. Das heißt, die vorgenommenen Veränderungen werden an nachfolgende Generationen vererbt. Bei den sogenannten CAR-T-Gentherapien gegen Krebs ist das nicht der Fall. Sie sind extrem wirkungsvoll, bisher in erster Linie bei verschiedenen Blutkrebserkrankungen. CAR-T ist die Abkürzung für das Wortungetüm "chimäre Antigen-Rezeptor-Therapie".
Das Prinzip dahinter ist gar nicht so schwer zu verstehen: Dem Patienten wird Blut entnommen und T-Zellen, ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems, werden herausgefiltert. Im Labor werden diese T-Zellen genetisch verändert und so mit einem neuen Rezeptor ausgestattet, der passgenaues Andocken an Krebszellen ermöglicht. Die veränderten T-Zellen werden dem Patienten zurückgegeben. Einmal mit Krebszellen verbunden, lösen sie eine Immunkaskade aus, welche die Krebszellen abtötet. Die "Killer-T-Zellen" vermehren sich im Patienten weiter und bleiben über Jahre erhalten.
Enorme Erfolgsquoten
Bis jetzt wurden damit nur die hoffnungslosesten Fälle behandelt, Patienten mit mehreren Rückfällen, bei denen keine andere Therapie den Krebs dauerhaft zum Verschwinden brachte. Bei diesen schwerstkranken Patienten erzielt CAR-T nie zuvor beobachtete Erfolgsraten. Mit Novartis’ CAR-T gegen akute lymphatische Leukämie bei Kindern war nach zwölf Monaten bei knapp 60 Prozent aller Studienteilnehmer kein Krebs mehr nachweisbar. Ein Expertengremium, das die amerikanische Zulassungsbehörde berät, sprach sich deshalb Mitte Juli einstimmig für die Zulassung aus. Diese könnte am 29. September erfolgen. "Das ist das spannendste Medikament, das ich in meinem ganzen Leben zu Gesicht bekommen habe", sagte Tim Cripe, Onkologe am Kinderkrankenhaus von Columbus, Ohio, der Mitglied des Expertenrats war.
Allerdings verursacht die mächtige Therapie auch starke Nebenwirkungen. Es kommt häufig zu einer potenziell lebensbedrohlichen Überreaktion des Immunsystems, die sich aber im Krankenhaus durchaus kontrollieren lässt. Juno Therapeutics und Kite Pharma verzeichneten in Studien insgesamt sechs Todesfälle aufgrund von Hirnödemen, Juno stoppte daraufhin ein Projekt.
Außerdem gilt die Herstellung der Zellen als Nadelöhr der Therapie. Die Unternehmen müssen für jeden Patienten individuell produzieren, das ist extrem aufwendig und teuer, scheitert sogar in Einzelfällen. Bis jetzt wurden nur einige Hundert Patienten behandelt, wenn es aber um den kommerziellen Betrieb und weniger seltene Krebserkrankungen geht, steigt die Patientenzahl auf über 50.000. Noch ist nicht klar, wie die Anbieter das logistisch und vor allem wirtschaftlich schaffen wollen. Analysten rechnen mit einem Preis von 250.000 bis 500.000 Dollar pro Therapie.
Der Schweizer Pharmakonzern Novartis, der aller Voraussicht nach als Erster mit einem CAR-T-Projekt auf den Markt kommt, will im ersten Jahr in 30 bis 35 Zentren Patienten behandeln. Die Zellen sollen in New Jersey produziert werden. Wenn nach dem Produkt gegen Leukämie bei Kindern die Therapie für DLBCL, eine weitere Blutkrebsart, zugelassen wird, erwarten Analysten binnen fünf Jahren ein Umsatzvolumen von einer Milliarde Dollar. Unterdessen hat der kleine Rivale Kite Pharma als Erster einen CAR-T-Zulassungsantrag in Europa gestellt. Der Zeitplan von Juno Therapeutics hat sich nach dem Stopp des am weitesten entwickelten Projekts dagegen deutlich nach hinten verschoben.
Eine Außenseiterposition nimmt die französische Firma Cellectis ein: Sie liegt zwar weit hinter Novartis und Kite zurück, verfolgt jedoch als Einzige einen sogenannten Off-the-shelf-Ansatz. Gemeint sind universelle, nicht für jeden Patienten individuelle CAR-Therapien, was viele Analysten für den einzigen Weg halten, um die Technologie wirtschaftlich vermarkten zu können.
Die Franzosen verfügen außerdem über ein breites Patentportfolio im Genom-Editing, das mit den neuesten Forschungsergebnissen noch an Wert gewinnen dürfte. Unter anderem erteilte das Europäische Patentamt ihnen erst vor wenigen Tagen das Nutzungsrecht für ein neues Verfahren, um T-Zellen genetisch zu manipulieren - mit der gleichen Methode, die Shoukhrat Mitalipov bei Embryonen angewandt hat.
Investor-Info
Novartis
Innovativer Riese
Dass ausgerechnet ein Großkonzern sich bei individuellen Zelltherapien engagiert, spricht für die Überzeugung der Schweizer von der Technologie. Denn normalerweise setzen die Pharmariesen eher auf Produkte für die Massen. Die US-Investmentbank Morgan Stanley hat Novartis jüngst von "Untergewichten" auf "Übergewichten" hochgestuft, weil eine Lösung für die schwächelnde Augenheilkundesparte in Sicht scheint und der Wert der Pipeline unterschätzt werde. Kaufen.
Kite Pharma
Auf Höhenflug
Das US-Unternehmen hat sich nach Verzögerungen beim Wettbewerber Juno an die Spitze der CAR-T-Biotechfirmen gesetzt. Für die kleine Firma bietet das Produkt einen größeren Hebel als für einen Konzern wie Novartis. Der Aktienkurs ist darum vor Kurzem auf ein Allzeithoch gestiegen. Doch bis zur möglichen Zulassungsempfehlung für Kites erste Therapie in den USA in den nächsten Monaten sollte noch eine Steigerung drin sein.
Cellectis
Alternativer Ansatz
Das Hauptprojekt der Franzosen befindet sich erst in der ersten klinischen Testphase. Aber: Es benötigt keine individuell veränderten T-Zellen von einzelnen Patienten, sondern nutzt einen universellen Ansatz. Das macht Cellectis zum Außenseitertipp, denn diese Herangehensweise verursacht viel weniger Kosten. Cellectis besitzt ein wertvolles Technologieportfolio, die Agro-Tochter Calyxt ging jüngst an die Börse. Sehr spekulativ.
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
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Bildquellen: Istockphoto, 123RF
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