Klage von A1 Mobil: Versicherer fürchten um Renditequellen

Im Streit um die Autobahn-Finanzierung sieht die Branche ihre Chancen schwinden, in Infrastruktur zu investieren.
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von Martin Reim, €uro am Sonntag
Die Versicherer sehen ihre Chancen schwinden, Geld in Infrastruktur zu stecken. Anlass ist eine Klage des Autobahnbetreibers A1 Mobil, der vom Bund 787 Millionen Euro verlangt. Die Bereitschaft des Staates, die Privatwirtschaft an Projekten zu beteiligen, "wird durch die Debatte über A1 Mobil sicherlich erschwert", sagt ein Sprecher des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Der Chefvolkswirt der Allianz, Michael Heise, äußert sich ähnlich: "Das ist ein bedauerlicher Vorgang, der wohl noch lange Zeit als Argument gegen Privatisierungen dienen wird."
Hintergrund der Enttäuschung: Angesichts des Zinstiefs suchen vor allem die Lebensversicherer schon des längeren nach Alternativen zu Anleihen, dem bisherigen Portfolioschwerpunkt. Attraktiv sind vor allem Anlagen, die konstante und sichere Renditen versprechen. Das ist üblicherweise gegeben, wenn man sich beispielsweise bei Autobahnen oder Stromprojekten engagiert. In vielen Ländern fallen solche Investments leicht, in Deutschland ist die politische Bereitschaft gering. Zwar hatten sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vor Jahren für eine Beteiligung von Versicherern ausgesprochen. Doch schwanden schon Ende 2016 die Hoffnungen, als sich die Koalition einigte: Die künftige "Infrastrukturgesellschaft Verkehr", die die bisherigen Kompetenzen der Länder bei Autobahnen übernimmt, wird ohne private Teilhaber gegründet.
Nun gibt es bei einem der wenigen privaten Engagements bei Autobahnen Ärger. A1 Mobil, das von Bauunternehmen und Finanzinvestoren gegründet wurde, hatte sich 2008 verpflichtet, den Abschnitt der A1 zwischen Bremen und Hamburg auszubauen und 30 Jahre lang zu betreiben. Im Gegenzug partizipiert die Gesellschaft an der Lkw-Maut auf dieser Strecke. Durch die Rezession im Zuge der Finanzkrise fielen die Einnahmen geringer aus als geplant. Aus Sicht von A1 Mobil handelt es sich dabei um höhere Gewalt, deren Folgen der Bund ausgleichen müsse, wie die "Berliner Zeitung" berichtet. Nach jahrelangen nichtöffentlichen Verhandlungen, die zu keinem Ergebnis führten, kam es nun zur Klage vor dem Amtsgericht Hannover.
Der GDV-Sprecher bezeichnet die A1-Probleme als untypisch für sogenannte Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP). "Das Modell ist mit anderen Projekten nicht vergleichbar." Bei der A1 sei die Vergütung von der Verkehrsmenge abhängig, was jetzt nicht mehr der Standard sei. Heutzutage hänge die Bezahlung des Betreibers üblicherweise davon ab, ob der Streckenabschnitt im vollen Umfang nutzbar ist. "ÖPP bleiben eine sinnvolle Option", so der Sprecher. Seine Argumentation: Rein öffentliche Bauprojekte führen häufig zu beträchtlichen Mehrkosten oder sprengen den vorgegebenen Zeitplan. "Das zeigt der Berliner Flughafen BER sehr eindrucksvoll."
Auch bei der Meag, dem Vermögensmanager der Munich-Re-Gruppe, verweist man auf geänderte Vertragskonstruktionen bei modernen ÖPP. "Insofern dem Prozess eine fundierte und umfängliche Risikoanalyse vorausgeht", sagt Meag-Geschäftsführer Philipp Waldstein, betrachte man die ÖPP-Investmentpläne der Finanzbranche nicht als gefährdet. Allianz-Mann Heise wirbt ebenfalls für ÖPP: "Privatisierungen sind sinnvoll. Anders lässt sich der Investitionsstau bei öffentlichen Projekten, wie er in Deutschland besteht, nicht auf eine vernünftige Weise beheben", sagte er am Rande einer Fachkonferenz des Veranstalters "Euroforum".
Doch genau das bezweifelt beispielsweise der Bundesrechnungshof. Er stellte in mehreren Berichten fest, dass ÖPP keine Vorteile böten. Sie seien weder schneller noch professioneller oder billiger. Vor allem der finanzielle Aspekt spricht derzeit nicht unbedingt für Privatisierungen. Der Bund kann sich derzeit für Zinsen nahe der Nulllinie verschulden. Hingegen hat Markus Faulhaber, Chef der Allianz Lebensversicherung, eine jährliche Rendite von sieben Prozent für Engagements seines Hauses als Zielgröße genannt.
Die politischen Parteien haben durch die Schieflage von A1 Mobil ihre Haltung gegenüber Privatisierungen nicht verändert. Das ergibt eine Umfrage von €uro am Sonntag. "ÖPP ist eine gute Möglichkeit, Verkehrswege zügig zu realisieren", sagt eine Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion. Carsten Schneider, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, erklärt, man unterstütze die Vorschläge der Versicherungswirtschaft nach mehr ÖPP-Projekten nicht. Durch die Klage von A1 Mobil "wurden wir in dieser Haltung bestärkt".
Der verkehrspolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion, Herbert Behrens, sagt, man lehne die Beteiligung von Versicherern an öffentlichen Bauprojekten "kategorisch" ab. Es handle sich lediglich um eine Subventionierung der Finanzbranche in Zeiten niedriger Zinsen. Ein FDP-Sprecher betont hingegen, man wolle es Lebensversicherern, Pensionskassen und Versorgungswerken ermöglichen, "vermehrt und einfacher" in Infrastrukturprojekte zu investieren.
Von Grünen und AfD waren keine Stellungnahmen erhältlich. Die jeweiligen Vorsitzenden Cem Özdemir und Frauke Petry hatten sich bereits vor dem A1-Skandal gegen Privatisierungen ausgesprochen.
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Bildquellen: Andreas Hermsdorf / pixelio.de
