Solarstrom

Gewinne mit der Sonne

24.10.09 09:54 Uhr

Auch nach dem Regierungswechsel können sich Photovoltaikanlagen lohnen. Aber soll man das eigene Hausdach in ein Kraftwerk umwandeln oder einen Fonds zeichnen?

von €uro-Redakteur Stefan Rullkoetter

Auf den ersten Blick haben Peter Heidecker, 51, und Egmont Unrath, 50, wenig gemeinsam. Der Initiator aus Neubiberg bei München sammelt derzeit für einen Solarpark in Apulien (Südost-Italien) 17 Millionen Euro bei Anlegern ein. Der Heizungsbaumonteur aus Preußisch Oldendorf rechnet dagegen selbst mit der Sonne. In der Nähe von Bielefeld modernisierte er vor vier Jahren sein Eigenheim mit einer Photovoltaikanlage für 32 000 Euro.

Obwohl die eingesetzten Geldbeträge so unterschiedlich sind wie ein Lotto-Jackpot und fünf Richtige, ist der Investitionsantrieb bei beiden Männern grundsätzlich der gleiche: „Fondsanleger, die auf Photovoltaik setzen, können – genauso wie Hausbesitzer – mit äußerst sicheren Rahmenbedingungen rechnen“, meint Daniel Kellermann, Geschäftsführer des Internet-Informationsportals greenvalue.de. Aus gutem Grund: Solarstrom wird mit kalkulierbarer Sonneneinstrahlung und ausgereifter Technik generiert sowie – nicht nur hierzulande, sondern EU-weit – staatlich gefördert.

In Deutschland ist die Vergütung für Stromerzeugung aus Sonnenlicht durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) garantiert. Von der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2000 initiiert, soll es den Ausbau von Strom- und Wärmeerzeugung aus regenerativer Energie fördern. Betreiber derartiger Anlagen, die nicht (nur) für den Eigenbedarf produzieren und Energie ins Netz einspeisen, erhalten seither für jede Kilowattstunde Strom über einen bestimmten Zeitraum hinweg einen festen Vergütungssatz. Dessen Höhe hängt von der Leistungsfähigkeit der Anlage und vom Jahr der Inbetriebnahme ab.

Wer noch in diesem Jahr eine übliche Photovoltaikanlage bis zu einer maximalen Leistungsfähigkeit von 30 kWp (Kilowatt-Peak) auf seinem Dach installieren lässt, erhält pro eingespeister Kilowattstunde (kWh) 20 Jahre lang eine Einspeisevergütung von 43,01 Cent. Wird die gleiche Anlage im Jahr 2010 eingerichtet, gibt es pro kWh noch 39,57 Cent. Die Vergütung sinkt abhängig vom Jahr der Inbetriebnahme in jenem Maß, in dem die Produktionskosten und Preise für Solaranlagen voraussichtlich fallen.

Zweck der im EEG festgelegten Abnahmegarantie ist es, den Besitzern der Anlage eine Stromproduktion zu ermöglichen, bei der sich die Anlage innerhalb der garantierten 20 Jahre nicht nur amortisiert, sondern auch Rendite bringt.

Einen Sondervorteil für Anlagen-betreiber, die ihre Anlage früh im Jahr in Betrieb nehmen: Zusätzlich zu den 20 Jahren garantierter Solarstromvergütung werden die restlichen Monate des Jahres der Inbetriebnahme extra bezahlt. „Langfristig stabile Zahlungsströme und die Debatte um Klimawandel und Nachhaltigkeit werden auch Solarfonds weiterhin beflügeln“, meint Wolfgang Kubatzki, der bei Feri EuroRating Services den Bereich Rating & Valuation leitet. Sein Institut hat ermittelt, dass sich das Platzierungsvolumen aller Neue-Energien-Fonds im ersten Halbjahr 2009 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit rund 200 Millionen Euro fast verdoppelt hat. Photovoltaikfonds haben unter diesen Zeichnungsangeboten mit 40 Prozent den größten Anteil.

Lesen Sie auf Seite 2, wie Solaranlagen in Spanien und Italien behandelt werden

Auch für Freilandanlagen auf der Wiese – die bei Photovoltaikfonds üblichen Investmentobjekte – sind Abnahmepreise für Solarstrom aus Deutschland im EEG fest geregelt: Geht die Anlage noch 2009 ans Netz, gibt es 20 Jahre lang eine Vergütung von 31,94 Cent pro kWh – garantiert. Speist sie erstmals 2010 Strom ins Netz, sind es zehn Prozent weniger.

Ein weiterer Vorteil für Solarfonds–anleger: Sie sind, anders als ein Eigenheimer, mit ihrem Investment nicht örtlich festgelegt, können sich auch an Solaranlagen in Spanien und Italien beteiligen, die nach dem Vorbild des EEG ebenfalls Einspeisevergütungen gewähren. „Gerade Südeuropa mit deutlich mehr Sonnenstunden als hierzulande ist als Standort für Photovoltaikanlagen prädestiniert“, wirbt Fondsinitiator Heidecker.

Besonders Spanien erlebte im vergangenen Jahr einen Boom – Ursache war die im September 2008 ausgelaufene Förderung: Ging ein Solarpark bis dahin ans Netz, konnten Betreiber bis zu 45,51 Cent pro Kilowattstunde kassieren – plus einer jährlichen Steigerung in Höhe der Inflationsrate. Für später errichtete Anlagen gibt es noch 32 Cent je Kilowattstunde. Zudem ist die Anzahl der geförderten Projekte nun durch eine Obergrenze gedeckelt.

Folge war ein massiver Einbruch bei der neu installierter Leistung. Fonds suchen daher auf der iberischen Halbinsel bevorzugt nach Bestandsanlagen, die noch von der hohen Förderung profitieren. Eine lohnende Anstrengung: In Spanien ist die Förderungsdauer (25 Jahre) 25 Prozent länger als in Deutschland.

Dagegen holt Italien als Solarstandort mit attraktiven Vergütungsregeln gegenüber den Konkurrenzländern auf: Wer dort 2009 als Anlagenbetreiber Ökostrom erstmals ins Netz einspeist, erhält in der Regel 35,28 Cent pro kWh für 20 Jahre lang garantiert, zuzüglich jeweils aktueller Basispreis – derzeit acht bis elf Cent.

Eine einträgliche Subvention, die auch die organisierter Kriminalität in Italien auf den Plan rufen könnte: „Die Mafia dürfte tatsächlich nur bei der Projektierung von großen Solarfreianlagen eine Rolle spielen, unsere vergleichsweise kleinen Fondsobjekte sind zudem per Videoüberwachung und durch ein umfangreiches Versicherungspaket geschützt“, beruhigt Fondsanbieter Heidecker.

Solarstrominvestoren sind zudem Pro­fiteure der Finanz- und Wirtschaftskrise, weil sie die Anlagen nun deutlich günstiger einkaufen können: Der Rückgang der Nachfrage und die neue Gesetz– ge­­bung in Spanien haben für massive Überkapazitäten bei Solarzellen gesorgt – die Preise für Module sind dieses Jahr schon um rund 30 Prozent gesunken.

Ein weiterer Verfall der Modulpreise ist aber nicht zu erwarten: Großprojekte in China und den USA könnten die Nachfrage wieder deutlich steigern. „Aus dem Grund profitieren die Solarfonds aktuell von so guten Akquisitionsmöglichkeiten wie noch nie“, meint Markus Voigt, Geschäftsführer des Emissionshaus Voigt & Collegen in Düsseldorf. „Der Preisrückgang bei Modulen und die Investitionssicherheit für mindestens 20 Jahre lassen die Renditen steigen.“

Lesen Sie auf Seite 3, was Solaranlagen von einer neuen Bundesregierung droht Schwarz-gelbe Gefahr: Die von den Gesetzgebern gewährte Einspeisever-gütung des EEG basiert noch auf den deutlich höheren Modulpreisen der Vergangenheit. Wegen des Missverhältnisses droht Solarinvestoren auch in Deutschland nun Gefahr von politischer Seite: Die neue Bundesregierung stellt die Förderung bestehender Anlagen zwar nicht infrage, könnte aber die Förderpraxis für neue Solarprojekte stark einschränken.

Es ist wahrscheinlich, dass Schwarz- Gelb die Förderung der Sonnenenergie über die vorgesehene Degression hinaus reduzieren wird. Derzeit sinkt diese Vergütung für Anlagenbetreiber pro Jahr um acht Prozent. Fraglich scheint nur der Zeitpunkt der finanziellen Einschnit­te – bereits im kommenden Jahr oder erst 2011. „Auch die FDP dürfte Interesse daran haben, dass sichere Arbeitsplätze – in Deutschland sind immerhin rund 280 000 Personen in der Branche der Erneuerbaren Energien tätig – nicht Hals über Kopf vernichtet werden“, warnt Solarexperte Kellermann.

Noch können Direkt-und Fondsinvestoren aber von der günstigen Konstellation profitieren. Mit dem Argument „lukratives Zeitfenster“ gehen derzeit auch die Vertriebe auf Neukundenfang. „Interessierte Anleger sollten einen Solarfonds nicht blind zeichnen, sondern bei den Details eines Beteiligungsangebotes in jedem Fall penibel hinsehen“, warnt Chefanalyst Kubatzki.

Ein Boomsegment veranlasst in der Beteiligungsbranche Trittbrettfahrer und unerfahrene Anbieter, mit eigenen Angeboten auf den Markt zu kommen. „In­frage kommen sollten nur Initiatoren mit aussagekräftiger Leistungsbilanz, fairem Fondskonstruktionen, moderaten Nebenkosten und nachvollziehbarer Kalkulation im Verkaufsprospekt“, fordert Kubatzki. Neben Fallen im Vertragswerk sollten interessierte Anleger auch auf die Tücken der Technik achten. Fonds­objekte sollten keine billigen Schnäppchenmodule sein, sondern aus hochwertigen Materialien gefertigt werden – belegt durch Energie-Ertragsgutachten von ausgewiesenen Fachleuten. „Fehlen diese Gutachten, sollten Interessenten misstrauisch werden“, sagt Kellermann. „Nur mit dem Nachweis lässt sich die vom Anbieter kalkulierte Stromleistung nachvollziehen.“

Wichtig ist auch, dass alle erforderlichen Genehmigungen für die Errichtung und Stromeinspeisung bereits vorliegen sowie das erforderliche Fremdkapital schon konkret zugesagt ist: Solarfonds finanzieren sich in der Regel überwiegend mit Bankkrediten, die Eigenkapitalquote liegt durchschnittlich nur bei 30 bis 40 Prozent. Hier sollten Investoren das Angebot auf marktfremde Annahmen – zu geringe Finanzierungskosten, zu geringe Kaufpreise, übertriebene Restwerte, unvernünftig lange Laufzeiten mit exorbitant hohen Vergütungen nach dem Ende der gesetzlich geregelten Vergütungszeit – abklopfen: „Zu hohe Kosten und nicht eintretende Einahmen verschlechtern die versprochene Rendite signifikant“, warnt Fondsexperte Kellermann.

Anlageinteressenten sollten zudem hinterfragen, ob die beteiligten Partner, die den Initiatoren das nötige Know-how für Erstellung und Service der Anlage verkaufen, seriös sind. Ein Indiz: Die Serviceverträge sehen eine ertragsabhängige Vergütung vor, um sicherzustellen, dass auch der Dienstleister persönlich an einer hohen Energieerzeugung interessiert ist.

Das Solarprojekt sollte sich zudem bereits während der Fondslaufzeit – prospektiert werden derzeit Anfangsausschüttungen zwischen 4,8 und 9,6 Prozent jährlich – rechnen und keinen allzu hohen Wiederverkaufswert der Anlage vorsehen. Zwar können die Module auch nach 20 Jahren noch 80 bis 90 Prozent Leistung bringen. Ihr zukünftiger Wert lässt sich aber nicht seriös kalkulieren.

Die Möglichkeit, ihr Solaranlage wieder zu verkaufen, haben Immobilieneingentümer wie Egmont Unrath nur, wenn sie bereit sind, sich auch von ihrem Eigenheim zu trennen. Wer den Bauherrenaufwand aber nicht scheut und sich für ein Solardach entscheidet, kann sich dafür in der Investitionsphase die bis zu 35 Prozent Fondsnebenkosten sparen – ein Renditehebel, der Eigenheimern bei Einspeisung zweistellige Jahresrenditen ermöglicht (siehe Beispielrechnung). Und selbst, wenn sie Energie nur für den Eigenbedarf produzieren, sind via Stromersparnis drei Prozent Rendite drin.