Märkte von morgen
Das Gros der afrikanischen Staaten erzielte auch 2012 Wachstumsraten, von denen die westlichen Industriestaaten nur träumen können.
Laut der Weltbank wiesen die Länder Subsahara Afrikas im vergangenen Jahr einen BIP-Anstieg von durchschnittlich rund 5 Prozent auf. Ohne das momentan schwächelnde Südafrika wären die Staaten Subsahara Afrikas gar auf ein Wirtschaftswachstum von 6 Prozent gekommen. Das hohe Wachstum und die guten wirtschaftlichen Aussichten kommen auch an der Börse gut an.
Ein Ende der Wachstumsstory ist – zumindest in den kommenden Jahren – nicht in Sicht. Laut den Prognosen des Internationalen Währungsfonds werden die Staaten des südlichen Kontinents bis 2016 jährliche BIP-Zuwachsraten von durchschnittlich rund 5 Prozent aufweisen.
Das kräftige Wachstum wird auch an der Börse honoriert. So stieg der MSCI Frontier Markets Africa auf Jahressicht um etwa 58 Prozent, während der MSCI World lediglich 14 Prozent an Boden gut machen konnte. Auch auf Sicht der letzten drei und zehn Jahre hat das afrikanische Aktienmarktbarometer gegenüber dem globalen Index die Nase vorn. Geht es nach Schwellenländer-Experte Mark Mobius, der den im Mai aufgelegten Templeton Africa Fund (LU0744128231) managt, sind mit Afrika-Investment auch künftig hübsche Renditen möglich: „Wir sind der Meinung, dass Afrika in den nächsten Jahren immense Anlagechancen bereithalten könnte“, prognostiziert Mobius.
Afrika ist nicht gleich Afrika
Die Entwicklung der Wirtschaft und die der Börsen lassen sich jedoch nicht über einen Kamm scheren. Man muss von Land zu Land differenzieren. Schließlich ist Afrikas Landfläche ist in etwa so groß wie die USA, Westeuropa, Indien, China, Mexico und Japan zusammen. Zudem handelt es sich bei Afrika um einen Kontinent mit über 50 Staaten, auf dem heute bereits über eine Milliarde Menschen leben.
Grob lässt sich die wirtschaftliche Entwicklung des Kontinents in drei geografische Bereiche aufteilen: Die vergleichsweise weit entwickelten Staaten im Norden sowie Südafrika und der große Gürtel – die so genannte Subsahara Region – dazwischen. Und genau diese ist besonders interessant. So prognostiziert der Internationale Währungsfonds, dass sieben der zehn am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der kommenden fünf Jahre in dieser Gürtelregion liegen.
Ost und West bieten Tor zum Weltmarkt
Kenia im Osten und Nigeria im Westen sind dabei die regionalen Grundpfeiler der gesamten Region, von denen auch die umliegenden Länder profitieren. Ohne die Infrastruktur – vor allem die Häfen in Lagos und Mombasa – dieser beiden Wirtschaftsmächte, könnten etwa die Güter der Nachbarländer nur mit weitaus größerem Aufwand und höheren Kosten auf den Weltmarkt gelangen.
Darüber hinaus ist Nigeria mit rund 170 Millionen Menschen nicht nur das bevölkerungsreichste Land in Subsahara-Afrika, „sondern verfügt auch über umfangreiche natürliche Ressourcen. Auch das reformierte Bankensystem bietet interessante Möglichkeiten für eine Anlage in einer schnell wachsenden Binnenwirtschaft“, meint Experte Mobius. Mut macht zudem, dass die Regierung den maroden Strommarkt sukzessive entflechten und privatisieren will. Mit diesen Maßnahmen unterstreicht die Politik ihr Vorhaben, Reformen konsequent weiter voranzutreiben, was wiederum den langfristigen Wachstumsaussichten Nigerias zugute kommen sollte. Mittelfristig bezahlt machen sollte sich auch die zunehmende Diversifikation der Wirtschaft, um sich auf diese Weise mehr und mehr vom Ölpreis unabhängig zu machen. Noch weisen die Öl-Exporte allerdings rund 90 Prozent der gesamten Ausfuhren auf.
Wirtschaft breiter aufgestellt
Was für Nigeria gilt, trifft auch für viele andere afrikanische Staaten zu. Zugute kommen dem südlichen Kontinent zwar nach wie vor die enorm hohen Rohstoffvorkommen, die sich über den gesamten Erdteil erstrecken. Allerdings beruht die wirtschaftliche Entwicklung schon längst nicht mehr nur auf Öl, Gold und Diamanten. Zahlreiche Volkswirtschaften haben mittlerweile erfolgreiche Schritte zur Diversifizierung ihrer Wirtschaftskraft unternommen. Dank der stetig steigenden Mittelschicht gewinnt vor allem der Binnenmarkt zunehmend an Bedeutung.
Demografie als Wachstumsbeschleuniger
Die Bevölkerungsstruktur des Kontinents könnte das Wachstum ebenfalls stützen. Immerhin werden Schätzungen zufolge im Jahr 2050 rund zwei Milliarden Menschen in Afrika leben, die konsumieren wollen. Damit eröffnen sich neue Märkte, die in den etablierten Industrienationen schon längst erschlossen sind, beispielsweise in der Konsumgüterbranche. Auch der Finanzdienstleistungssektor gehört zu den aufstrebenden Branchen – und zwar vor allem was die Kreditvergabe angeht.
Dass der südliche Kontinent an Attraktivität gewonnen hat, zeigt sich auch an den ausländischen Direktinvestitionen. So steigen die Zuflüsse laut der UNCTAD allein in der Subsahara Region von 34 Milliarden in 2012 auf 41,5 Milliarden US-Dollar im laufenden Jahr.
Restrisiken vorhanden, aber Chancen überwiegen
Eine Garantie, dass die Börsen auch künftig so kräftig wachsen werden, erhalten Investoren freilich nicht. Schließlich weisen die afrikanischen Staaten bei weitem noch nicht die politische und wirtschaftliche Stabilität auf wie die westlichen Industrienationen. Kräftige Kurskorrekturen sind daher auch künftig jederzeit möglich. Richtig ist aber auch, dass der gesamte Kontinent in den vergangenen Jahren zahlreiche politische und wirtschaftliche Reformen in die Wege geleitet hat – und dabei enorme Fortschritte erzielt wurden. Wer also ausschließlich die zweifelsfrei vorhandenen Risiken wahrnimmt, könnte eine der letzten großen Wachstumsstorys verpassen.
Franz von den Driesch ist Chefredakteur der Webmagazine AnleihenMonitor, Ruhestandsmonitor und econoafrica. Die Portale sind redaktionell unabhängig und werden von Wirtschaftsjournalisten mit langjähriger Berufserfahrung betreut. Für die monatlich kostenlosen Newsletter der Webmagazine können sich Anleger auf www.anleihenmonitor.de, www.ruhestandsmonitor.de und www.econoafrica.de anmelden.
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