Immer Ärger mit der zweiten Miete
Vermeintliche oder tatsächliche Rechenfehler bei den Nebenkosten sorgen jedes Jahr für zigtausende Prozesse. Was Vermieter verlangen dürfen und Mieter zahlen müssen.
von M. Hinterberger, €uro am Sonntag
Vor vier Jahren hat Frank Hauser (Name geändert) in Mainz ein Mietshaus gekauft. Mit der Vorbesitzerin, die eine der Wohnungen als Mieterin behielt, einigte er sich darauf, die Betriebskosten pauschal abzurechnen. Das ging eine Zeit lang gut. Als Hauser die Pauschale erhöhen wollte, stellte sich die Mieterin quer. Seitdem beschäftigt sich Florian Schmitt mit dem Fall. Der Mietrechtler von der Mainzer Kanzlei Schmitt vertritt Frank Hauser. Er musste seinem Mandanten erklären, dass Heizkostenpauschalen unzulässig sind. Denn die Heizkostenverordnung verlangt vom Vermieter, dass er nach Verbrauch abrechnet. Doch wegen dieses Fehlers muss Hauser noch lange nicht auf seinen Nebenkosten sitzen bleiben. Konkret geht es um die Höhe der Vorauszahlung, die schwierig zu ermitteln ist, weil nicht feststeht, welcher Teil der Pauschale als Vorauszahlung anzusehen ist. Und es geht um Belege und wie sie den einzelnen Positionen zugeordnet werden können. Die Mieterin ist inzwischen verstorben, doch die Erben streiten weiter.
Laut Deutschem Mieterbund gibt es in keinem anderen Gebiet des Mietrechts so viel Streit wie bei den Nebenkosten. Steigende Energiepreise, höhere Gebühren für öffentliche Dienste wie die Müllabfuhr oder höhere Steuern: All das landet zunächst bei Vermietern, und die legen die Kosten auf ihre Mieter um. Die meisten Prozesse kreisen um die Frage, welche Kosten der Vermieter als Betriebs- oder Nebenkosten weiterreichen darf und welche nicht. Der Europäische Mieterbund nennt diese Abrechnungen „ein Erfolgsmodell, um Kasse zu machen“. Laut Anwalt Schmitt stecken in beinahe jeder Nebenkostenabrechnung Fehler. Doch von einem Ungleichgewicht zugunsten der Vermieter will er nicht sprechen: „Alle Nebenkosten kommen dem Mieter indirekt zugute, da er die Wohnung auch nutzt.“
Generell gilt: Auf den Mieter können nur Kosten umgelegt werden, die angefallen sind, während er im Haus gewohnt hat. Kosten für Arbeiten, die etwa dem Erhalt des Gebäudes dienen, dürfen nicht umgelegt werden. Ein Tipp: Mieter sollten, bevor sie zur Unterschrift ansetzen, den Mietvertrag genau lesen, unklare Punkte mit dem Vermieter besprechen und gegebenenfalls einzelne Punkte ausnehmen. Denn nur Nebenkosten, die wirksam im Mietvertrag auf den Mieter als umlagefähig vereinbart wurden, können auch vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden. Hier die wichtigsten Punkte für Mieter und Vermieter:
Abrechnungszeitraum In die laufende Betriebskostenabrechnung dürfen nur Kosten eingestellt werden, die auch im fraglichen Abrechnungszeitraum entstanden sind.
Bruttokaltmiete In diesem Fall sind die Betriebskosten vollständig in der Miete enthalten. Der Vermieter muss gestiegene Betriebskosten selbst tragen, kann sie aber auch anpassen.
Einsicht in die Unterlagen Der Mieter muss die Möglichkeit haben, am Ort der Mietwohnung die Rechnungsunterlagen zur Nebenkostenabrechnung einzusehen. Das gilt auch, wenn der Vermieter auswärts sitzt. Will der Mieter Kopien zugeschickt haben, kann der Vermieter dafür Gebühren verlangen.
Garten Nur die immer wiederkehrenden, also ständigen Gartenpflegekosten sind Betriebskosten.
Hausmeister Neben ihren eigentlichen Aufgaben wie Gartenpflege und/oder die Reinigung der Treppen, reparieren Hausmeister oft auch kleinere Schäden oder ersetzen den Hausverwalter. Solche Aufgaben muss der Vermieter aber herausrechnen, wenn er den Hausmeisterlohn bei den Betriebskosten aufführt.
Müll Die Kosten für die Müllabfuhr zahlen die Mieter, die Mietkosten für Müllbehälter aber nicht.
Nachträgliche Grundsteuern Gemeinden können Grundsteuer nachträglich kassieren, etwa bei Neu- oder Umbauten oder wenn eine Steuerbefreiung nicht mehr gilt. Der Vermieter darf sie auf seine Mieter abwälzen, allerdings nur für das laufende und das vorangegangene Kalenderjahr. Das gilt aber nur bei Mietern, die im fraglichen Zeitraum bereits im Haus gewohnt haben.
Reparaturen Diese Kosten sind immer Sache des Vermieters.
Verjährung Die Ansprüche des Vermieters an den Mieter verjähren binnen drei Jahren, Gleiches gilt aber auch, wenn der Mieter noch Ansprüche auf ein Guthaben hat. Für die Nebenkostenabrechnung gilt die Frist von einem Jahr nach dem Ende des Abrechnungszeitraums.
Versicherungen Die Prämien für Gebäude- und Haftpflichtversicherungen sind Betriebskosten, die Hausrat- oder Mietverlustversicherung des Vermieters aber nicht.
Verwaltungskosten Das Salär der Hausverwaltung oder Bankgebühren, Porto und Zinsen sind keine Betriebskosten. Mieter einer Eigentumswohnung sollten aufpassen: Vermieter legen die Abrechnung der Eigentümergemeinschaft oft – zu Unrecht – auf die Mieter um.
Kosten für den Vermieter Wohnt der Vermieter mit im Haus, muss er sich an den Betriebskosten anteilig beteiligen. Er zahlt übrigens auch für leer stehende Wohnungen.
Wartungskosten Hier muss der Vermieter zwischen Wartungskosten und Kosten für Reparaturen unterscheiden, denn die müssen Mieter nicht zahlen. Bei Vollwartungsverträgen – etwa für Aufzüge – können versteckte Reparaturkosten von bis zu 50 Prozent abgezogen werden.
Wohnungsgröße Ist die Wohnung um mehr als zehn Prozent kleiner als im Mietvertrag ausgewiesen, gilt bei den Betriebskosten die tatsächliche Wohnungsgröße. Es gibt aber auch die Möglichkeit, nach der Zahl der Bewohner oder der Zahl der Wohnungen abzurechnen.