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Rohstoffe: Neue Technologien brauchen seltene Metalle

01.10.09 06:02 Uhr

Die Entwicklung neuer Technologien ist ohne seltene Metalle wie Lithium kaum denkbar. Die Nachfrage wächst. Das Angebot an Investments ist aber rar.

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von Oliver Ristau

Die Autos der Zukunft brauchen keinen Kraftstoff mehr. Lithium wird zum neuen Benzin. Als edler Helfer in den Antriebsbatterien der Zukunft sorgt das Leichtmetall dafür, möglichst viel Strom zu speichern und ihn während der Fahrt hoch effizient abzugeben. „Noch gibt es keine Großfertigung von Lithium-Ionen-Batterien für die Automobilindustrie“, sagt Alexandra Boy vom Essener Chemiespezialisten Evonik, der mit Daimler Elektroautos für die Zukunft konzipiert. „2011/2012 werden die ersten Batterien für den neuen Smart in Serie gehen.“

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Von derzeit 300 000 Batteriezellen wird der Ausstoß bei Evonik in den kommenden 24 Monaten auf mehrere Millionen Stück anwachsen. Die Unternehmensberatung McKinsey erwartet eine Vervielfachung des Marktvolumens für Elektrobatterien bis 2020 auf 50 Milliarden Euro. Die Produktion von Lithiumkarbonat wird nach einer Analyse der französischen Beratungsgesellschaft Meridian International Re- search vor allem deshalb von aktuellen 90 000 Tonnen im Jahr auf mehr als 300 000 Tonnen 2020 ansteigen. Dabei werden mobile Computer und Telefone mit der Automobilindustrie um den Rohstoff konkurrieren, dessen Reserven zwar bei mehr als 20 Millionen Tonnen liegen. Davon, so Meridian, sei aber nur die Erschließung von vier Millionen Tonnen wirt- schaftlich. Etwa in Bolivien, das die mit Abstand größten Vorkommen von Lithium besitzt.

Heiß begehrt sind auch die „seltenen Erden“: 16 Metalle mit illustren Namen wie Samarium, Europium oder Holmium. Sie sind für die moderne Technologieentwicklung unverzichtbar. Effiziente Windkraftanlagen würden sich zum Beispiel ohne Dysprosium und Neodym in den Magneten ihrer Elektromotoren nicht drehen. Daneben kommen sie in Katalysatoren, Batterien und modernen Leuchtmitteln oder als Beschichtungen von Werkstoffen wie Stahl zum Einsatz. Die kostbaren Kraftpakete sorgen für Effizienz, Stabilität und Langlebigkeit. „Die seltenen Erden sind weltweit knapp“, sagt Harald Elsner, Geologe bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover, obwohl sie nicht wirklich selten vorkämen. Aber es gebe weltweit nur rund ein Dutzend Lagerstätten, in denen der Abbau wirt- schaftlich sei. Zumeist treten die Erze in so kleinen Dosen auf, dass ihre Erschließung ähnlich aufwendig wäre, wie „Gold aus der Nordsee zu waschen“. 2007 wurden weltweit 107 000 Tonnen seltene Erdoxide verbraucht. In den kommenden Jahren rechnet die BGR mit einem Nachfrageplus von jährlich mehr als zehn Prozent. Besonders der Bedarf an Lanthan (für Nickel-Metallhydrid Akkus), Dysprosium, Terbium und Neodym sowie Europium (als Leuchtmittel) soll stark zunehmen, während zum Beispiel Cer im Überangebot vorhanden sein wird.

Die Preise für einige der Edelrohstoffe sind in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. So müssen Händler für ein Kilogramm Europiumoxid aktuell rund 500 Dollar und damit doppelt so viel wie vor fünf Jahren hinblättern. Das in der Lasertechnik verwendete Neodymoxid ist um 50 Prozent teurer geworden. Allerdings sind die Kurse seit Ausbruch der Finanzkrise stark zurückgegangen. Mitte 2007 lagen der Europiumpreis um 40 Prozent und der Neodympreis um 130 Prozent höher. Da sie kaum durch andere Stoffe gleichwertig zu ersetzen sind, sind seltene Erden für die Industrie so wertvoll. Doch es drohen laut BGR „ernsthafte Lieferengpässe“. Denn 95 Prozent der weltweiten Förderung stammen aus chinesischen Bergwerken.

China braucht die Edelrohstoffe aber selbst, um die boomende Wirtschaft zu versorgen. Deshalb hat die Regierung in Peking zahlreiche Zölle und Exportbeschränkungen für die Metalle erlassen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie warnt deshalb vor einer drohenden Rohstofflücke. Neue Minen in Australien, Indien und Malawi und die Wiederaufnahme des Abbaus in Kalifornien werden die Abhängigkeit von China kaum mildern. Das gilt auch bei anderen Spezialmetallen wie Wolfram oder Gallium, zu deren weltweiter Produktion China mehr als 80 Prozent beiträgt. Die Importabhängigkeit der EU liegt außerdem bei Kobalt, Molybdän, Titan, Vanadium und Tantal bei 100 Prozent.

Die Nachfrage wächst bei allen Spezialmetallen. Tantal etwa ist wegen seiner Eigenschaften wie Hitzebeständigkeit und Energiedichte zu einem unverzichtbaren Bestandteil für elektronische Handyteile geworden. Gallium wird in modernen So- larzellen, Leuchtdioden und integrierten Schaltkreisen eingesetzt. Laut Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) wird der Galliumbedarf 2030 die heutige Weltproduktionsmenge um mehr als das Sechsfache übertreffen. Bei Indium (Solarzellen, Displays) wird mehr als eine Verdreifachung und bei Germanium (Glasfaserkabel, optische Technologien) mehr als eine Verdoppelung erwartet.

Doch nicht bei allen Metallen sind deshalb Preissteigerungen programmiert. „Die weltweiten Galliumvorräte sind alles andere als knapp“, sagt BGR-Experte Elsner. Das Metall komme automatisch bei der Bauxitgewinnung für Aluminium vor. Allein die Ankündigung eines Unternehmens, eine eigene Galliummine zu eröffnen, habe den Preis zusammenbrechen lassen. Die Preisbildung bei den meisten der seltenen Metalle ist insgesamt „sehr intransparent“, wie Martin Schulz von der Berenberg Bank moniert. „Die Preise werden durch mehrjährige Lieferkontrakte zwischen Anbietern und Käufern ausgehandelt und sind meistens geheim.“

Plattformen wie MinorMetal des britischen Handels- und Analysehauses FastMarkets Ltd. bemühen sich dennoch, sie abzubilden. „Doch es gibt keinen geregelten Futures-Markt, der verlässliche Preissignale aussendet“, sagt Schulz. Für Anleger sind die Möglichkeiten zur Direktinvestition damit noch begrenzt. Doch das wird sich mit der wachsenden Bedeutung der neuen Metalle ändern, nicht nur wegen der künftig von Lithium-Ionen angetriebenen Autos.

Investmentempfehlungen lesen Sie auf der folgenden Seite. Spezialmetalle: Ausgewählte Investments
Die Londoner Metallbörse LME wird im kommenden Frühjahr erstmals Futures für Kobalt (Batterien) und Molybdän (Metalllegierungen) auflegen. Daneben bietet sich Anlegern, die an der zu erwartenden Preis-Hausse seltener Metalle teilhaben wollen, ein Investment in spezialisierte Minenunternehmen an. Die australische Lynas Corporation ist eine Möglichkeit. Das Unternehmen betreibt das Mount-Weld-Projekt in Westaustralien und ist derzeit auf der Suche nach neuen Finanzmitteln. Denn ein für Oktober geplanter Einstieg des chinesischen Staatskonzerns CNMC scheitere am Widerstand der australischen Behörden. Große Bergbaukonzerne wie BHP Billiton oder Rio Tinto eignen sich hingegen nicht als Investitionsziele. Denn seltene Metalle machen nur einen Bruchteil des Gesamtumsatzes der Rohstoffgiganten aus.

Neo Material Technologies: Starkes Wachstumspotenzial
Neo Material Technologies ist auf Nischenmetalle wie Neodym spezialisiert. Laut Angaben des Fraunhofer-Instituts könnte sich der Bedarf für Neodym künftig vervierfachen. Nach Verlusten in den beiden Vorquartalen ist der Konzern im 2. Quartal mit einem Gewinn je Aktie von 0,04 US-Cent in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt. Da die Aktie seit Juli gut gelaufen ist, sollten interessierte Anleger mögliche Korrekturen abwarten.

Zertifikate: 15 Firmen in einem Paket
Auch mit Zertifikaten lässt sich auf seltene Metalle setzen. Die Royal Bank of Scotland bietet ein Indexzertifikat auf den Global-Rare-Metals-Mining-Index an, der die Kursentwicklung von 15 internationalen Firmen widerspiegelt, die ihr Geld mit der Förderung von seltenen Metallen verdienen. Die Dividenden werden voll angerechnet, alle sechs Monate wird die Indexzusammensetzung angepasst. Die Managementgebühr beträgt dabei moderate ein Prozent pro Jahr (WKN: AA0RPC). Bei der währungsgesicherten Alternative (WKN: AA0RPD) wird eine zusätzliche Jahresgebühr von 3,6 Prozent verlangt.

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