Fußball-Zertifikate: Um den EM-Titel zocken

von Emmeran Eder, €uro am Sonntag

Nicht in Brüssel, sondern in Warschau entscheidet sich Griechenlands Schicksal. Dieser Witz kursiert kurz vor Beginn der Fußballeuropameisterschaft in Polen und der Ukraine unter griechischen Fans. Hintergrund: Am 8. Juni ist Griechenland beim Eröffnungsspiel im Warschauer Nationalstadion der Gegner von Gastgeber Polen. 16 Teams kämpfen bei dem Turnier um den Siegerpokal, der am 1. Juli nach dem Finale in Kiew überreicht wird.

Die Situation im Fußball ähnelt dem Zustand der griechischen Wirtschaft. Die Erfolge von einst sind verblasst. 2004 holte das Land mit Trainer Otto Rehhagel sensationellerweise den EM-Titel, seitdem ging es bergab. Auch die Statistik macht wenig Hoffnung. Achtmal spielten die Hellenen in Polen gegen die Osteuropäer, achtmal verloren die Griechen.

Das sehen die Wettprofis ähnlich. Sie räumen den Hellenen kaum Chancen auf den EM-­Titel ein. Ist doch das Turnier nicht nur die Hochzeit für Fußballfans, sondern auch für Zocker — falls sie mit Fußballzertifikaten auf den ­Titelgewinn eines der 16 Teilnehmerstaaten spekulieren.

Iberer und Deutsche sind Favoriten
Auf jedes der 16 Teams existiert ein Zertifikat. Die Konstruktion ist einfach. Das Zertifikat auf Top-Favorit Spanien kostet zum Beispiel 33,33 Euro. Verteidigen die Iberer ihren Titel, erhalten Käufer des Papiers Mitte Juli 100 Euro zurück. Das entspricht 200 Prozent Gewinn in wenigen Wochen. Ähnlich sieht es beim Papier auf Deutschland — den zweiten Top-Favoriten — aus, das ebenfalls 33,33 Euro kostet. Ein Griechen-Zertifikat ist dagegen schon für 1,87 Euro zu haben. Wiederholen die Hellenen ihren Triumph von 2004, gibt es 100 Euro zurück. Das sind 5.247 Prozent Gewinn.

Die polnischen Kicker sind mit 5,43 Euro und einer Gewinnchance von 1.742 Prozent auch nur als krasser Außenseiter gepreist — trotz Heimrecht.
Von den fantastischen Gewinnmöglichkeiten dürfen sich Spekulanten jedoch nicht blenden lassen. Das Risiko bei Sportzertifikaten ist enorm. Scheidet eine Elf vorzeitig aus, entsteht Totalverlust. Daher sollten nur geringe Beträge investiert werden.
Ab der Runde der letzten acht gilt die K.-o.-Regel. Eine Niederlage bedeutet dann sofort den Verlust des gesamten eingesetzten Kapitals. In der Vorrunde ist das noch anders. Meist ist erst nach drei Spielen klar, wer weiterkommt und wer nach Hause fährt. Bis dahin ist aktives Trading sinnvoll. Wer das erste Match gewinnt, steht mit einem Bein in der nächsten Runde. Entsprechend schießt der Kurs der Siegerelf nach oben — oder stürzt umgekehrt kräftig ab. Anleger sollten daher alle vier Gruppen mit ihren jeweils vier Teams sowie den Spielplan sorgfältig studieren.

Der Vorteil der Sportzertifikate, die von der Extra Sportwetten AG in Wien emittiert wurden, gegenüber Wetten bei sonstigen Sportwettenanbietern wie Oddset oder Bwin besteht darin, dass Anleger Erträge vorzeitig realisieren können. Ebenso können sie vor dem Totalverlust aussteigen und somit das Minus begrenzen. Die Papiere sind an der Börse Berlin und der ­Tradegate Exchange handelbar. Kurse und ­Quoten sind unter www.sportzertifikate.de abrufbar.

Die ständige Liquidität bezahlen Käufer mit schlechteren Quoten. Zudem sind die Erträge steuerpflichtig. Andererseits können dafür Verluste beim Fiskus geltend gemacht werden. Ordergebühren und ein satter Spread von rund elf Prozent verteuern den Handel zusätzlich. Als günstige Außenseiter für aktives Trading bieten sich Dänemark (Kurs: 1,54 Euro), Irland (1,54 Euro), Kroatien (3,05 Euro), Schweden (2,45 Euro) und Mitgastgeber Ukraine (3,05 Euro) an. Die Dänen spielen mit Holland, Deutschland, und Portugal in der „Todesgruppe“ B, Irland und Kroatien mit Italien und Spanien in Gruppe C, Schweden und die Ukraine mit Frankreich und England in Gruppe D.

Die größten Chancen verspricht Gruppe A, da es hier keinen richtigen Favoriten gibt. Neben Polen und Griechenland haben auch Tschechien (Kurs: 1,87 Euro) und Russland (Kurs: 5,43 Euro) Chancen aufs Weiterkommen. „Gewinnt einer der Außenseiter das erste Spiel oder kommt sogar ins Viertelfinale, ist ein sattes Kursplus wahrscheinlich“, sagt Matthias Baller von der Extra Sportwetten AG.

Statt nur ein Zertifikat zu erwerben, kann auch der Kauf von Außenseiter-Baskets clever sein. Hier bieten sich Tschechien und Griechenland an, die zusammen 3,74 Euro kosten. Gute Chancen verspricht auch der Gastgeber-Basket Polen und Ukraine, für den Zocker 8,48 Euro hinlegen müssen. Die Wahrscheinlichkeit, dass einer oder beide ins Viertelfinale kommen, ist hoch. Führt doch der Heimvorteil oft zu Leistungsexplosionen. Gerade Polen mit drei Spielern aus der Dortmunder Meisterelf ist nicht zu unterschätzen.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, in jeder Gruppe auf einen Nobody zu setzen: Griechenland, Dänemark, Kroatien und Ukraine sind als „Viererkette“ für 9,50 Euro erhältlich. „Schafft es nur einer ins Viertel- oder sogar ins Halbfinale, winken ­solide Kursgewinne“, so Baller.

Auf die zweite Reihe setzen
Noch mehr Ertrag versprechen die Titelfavoriten, falls sie bis ins Semi­finale oder ins Endspiel vordringen. Statt auf Deutschland und Spanien, die teuren Lieblinge der Wettprofis, zu setzen, ist es eine clevere Variante, auf die zweite Reihe der Favoriten zu vertrauen. Niederlande, Frankreich und Italien kosten zu dritt 35,67 Euro und sind kaum teurer als Spanien oder Deutschland allein. Die drei Teams waren in Summe immerhin schon viermal Europameister und standen 13-mal im Halbfinale. Erreicht eines der drei Teams das Endspiel oder zwei das Semifinale, werden wohl Kursgewinne erzielt. Richtig hohe Renditen gibt es erst, wenn eine Elf am Ende ganz oben steht.

Traumrenditen sind aber nur mit Außenseitern wie Russland, Tschechien, Dänemark oder Griechenland zu erzielen. Unmöglich ist das nicht, wie die Historie zeigt. Jedes dieser Länder gewann die EM schon mal.
Für die Griechen sprechen zwei weitere Faktoren: Sie dürften hoch motiviert sein, um ihrem geplagten Land seinen Stolz zurückzugeben. Genau dieser Effekt trug bei der Frauen-WM im Vorjahr dazu bei, dass die Nobodys aus Japan nach Fukushima den Titel errangen. Zudem blieben die griechischen Kicker in der Qualifikation unbesiegt — ähnlich wie vor ihrem Triumph 2004.
Elf Fußball-EM-Sportzertifikate (pdf)