Ökonomische Bedenken

Kreise: Berlin will Kommission nicht gleichzeitig als Abwickler und Beihilfeaufsicht

15.10.13 08:23 Uhr

Die Bundesregierung hat angesichts der aktuellen Beratungen zur künftigen europäischen Finanzarchitektur ihre harte Haltung zu Brüsseler Vorschlägen für die geplante Abwicklung von Pleitebanken bekräftigt.

"Neben den juristischen Fragen müssen aus unserer Sicht auch unsere zentralen ökonomischen Bedenken adressiert werden, damit wir eine schnelle Lösung hinbekommen", hieß es in Berliner Regierungskreisen.

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   "Wir brauchen einen effektiven Entscheidungsmechanismus, er muss schnell und effektiv entscheiden können", sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter. Dazu gehöre auch, dass dieser Mechanismus nicht zu komplex sein dürfe und Interessenkonflikte vermeide, hob er hervor. "Und das funktioniert nicht, wenn ich die Kommission gleichzeitig als Abwicklungsbehörde und als Beihilfeaufsicht für die EU-28 an Bord hätte."

   Die Bundesregierung hat bereits mehrfach eingewandt, dem Brüsseler Vorschlag fehle eine geeignete Grundlage im EU-Recht. Die Kommission will die neue Behörde bei sich selbst ansiedeln. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte seine Ablehnung erst vergangene Woche in Berlin. Er schlug erneut vor, stattdessen in einem ersten Schritt ein zentrales Abwicklungsgremium aus den einzelnen nationalen Behörden zu schaffen, das zunächst nur für große Banken gelten könnte.

   Die europäischen Finanzminister treffen sich am Montag und Dienstag zu Beratungen in Luxemburg und wollen sich intensiv mit der geplanten Bankenunion befassen. Schäuble selbst nimmt wegen der Berliner Sondierungsgespräche mit der SPD aber erst am Dienstag teil. Die Bundesregierung und die EU-Kommission streiten schon seit Monaten erbittert um die Details der Bankenabwicklung, die ein Kernbestandteil der geplanten Regelungen für eine europäische Bankenunion ist.
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   Schäuble hat Brüsseler Pläne für eine zentralisierte Abwicklungsbehörde stets unter Verweis auf die aus Berliner Sicht fehlende Rechtsgrundlage abgelehnt und sah sich jüngst durch kritische Gutachten dazu aus Brüssel selbst bestätigt. In den Verhandlungen verweist die Bundesregierung aber inzwischen nicht nur auf diese juristischen Gründe, sondern zusätzlich auf einen Interessenkonflikt bei der Kommission.

   Auch einen Kompromissvorschlag von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier lehnte Berlin in der vergangenen Woche ab. Barnier hatte vorgeschlagen, der Kommission die Aufgabe der Bankenabwicklung nur befristet zu übertragen und generell dem Euro-Rettungsfonds ESM die Verantwortung für die Abwicklung angeschlagener Banken in der Eurozone zu geben. Dies hat das Finanzministerium aber zurückgewiesen und erklärt, eine EU-Rechtsgrundlage für eine Zentralisierung aller Entscheidungen bei der Kommission gebe es "auch nicht übergangsweise".

   In einem Abwicklungsmechanismus soll es nach deutscher Vorstellung von Beginn an ein "wirksames Bail-in-Regime" geben, mit dem die Eigentümer und privaten Gläubiger bei Bankenschieflagen eintreten. "Was wir nicht wollen, ist eine Vergemeinschaftung von Bankenrisiken zu Lasten des Steuerzahlers", hob der Regierungsbeamte am Montag hervor. Insbesondere dürften keine Altlasten einzelner EU-Staaten zu Lasten der Steuerzahler in allen Ländern bereinigt werden.
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   Zudem betonte er, die von der Europäischen Zentralbank (EZB) vor der Übernahme der europäischen Aufsicht geplanten Banken-Stresstests müssten "glaubwürdig, konsequent und streng" durchgeführt werden. Um sich daraus ergebende Kapitallöcher zu stopfen, sollen nach deutschem Dafürhalten nationale öffentliche Sicherungseinrichtungen erst dann greifen, "wenn Marktlösungen nicht mehr ausreichen sollten".

   Die deutschen Großbanken haben bereits gefordert, bei dieser Bilanzüberprüfung durch die EZB müsse "Qualität unbedingt vor Schnelligkeit" gehen. Bevor die EZB die Verantwortung für die europäische Aufsicht übernehme, sollten bilanzielle Altlasten einzelner Institute in nationaler Verantwortung bleiben und nicht über die Bankenunion sozialisiert werden, verlangte der Bundesverband deutscher Banken. "Wichtig ist dabei vor allem die sensible Kommunikation, um Marktturbulenzen und damit eine Instabilität der Finanzmärkte zu verhindern", sagte Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer laut einer Mitteilung in Washington.

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