Gerichtsurteil

Nachtflugverbot "schwerer Schlag" für Lufthansa

04.04.12 20:16 Uhr

Die Deutsche Lufthansa und ihre Frachttochter befürchten durch das Nachtflugurteil des Bundesverwaltungsgerichts erhebliche Nachteile für ihre Geschäfte.

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FRANKFURT (Dow Jones)-- "Heute ist ein Freudentag für unsere Wettbewerber", sagte der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa AG, Christoph Franz, bei einer Pressekonferenz in Frankfurt. Dass Deutschlands größtes Luftfahrtdrehkreuz sechs Stunden lang stillstehe, sei ein "schwerer Schlag für die ganze deutsche Wirtschaft".

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   Dennoch will der Konzern auch künftig am Standort Frankfurt investieren und am Wachstum der Branche teilhaben. "Bei größeren Investitionen werden wir jedoch die neuen Gegebenheiten im Wettbewerb mit den anderen Drehkreuzen des Lufthansa-Airlineverbunds berücksichtigen müssen", so Franz. Ob der Frankfurter Flughafen seine Position unter den Top 10 halten könne, sei "mehr als fraglich".

   Interessenvertreter aus Industrie und Luftfahrt kritisierten die Entscheidung scharf und warnten vor negativen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Flughäfen und Fluggesellschaften. Das Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig hatte allerdings auch den Bau der vierten Start- und Landebahn in Frankfurt für rechtens erklärt, die die lärmgeplagten Anwohner am liebsten ganz verhindert hätten. Dies wurde von Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) und dem Flughafenbetreiber Fraport begrüßt.

   "Ich hoffe, dass das Urteil zu einer Versachlichung der Diskussion führt und eine befriedende Wirkung auf den Diskurs um die neue Landebahn hat", kommentierte Fraport-Vorstandschef Stefan Schulte. Einschränkungen im Flugbetrieb müssten "akzeptiert werden, so schwierig und ärgerlich das insbesondere für die Fracht ist".

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   Speziell für Lufthansa Cargo sei das Nachtflugverbot ein "Schlag ins Kontor", sagte Cargo-Vorstandschef Karl Ulrich Garnadt. Für die Lufthansa-Frachttochter sind Nachtflüge nach eigener Aussage ein "zentrales Element im Geschäftsmodell". Die mit dem absoluten Nachtflugverbot verbundenen höheren Kosten und niedrigere Produktivität belasten das Ergebnis mit 40 Millionen Euro im Jahr, so Garnadt. Entsprechend werde das Geschäft auch von Zulieferern nach Paris und Amsterdam abwandern. Dort, aber auch in London und Dubai, existiere kein solches Nachtflugverbot.

   Einfach auf andere Flughäfen etwa nach Leipzig oder Köln ausweichen, die für Nachtflüge offen sind, kann Lufthansa Cargo nach eigener Aussage nicht. "Wir haben sehr begrenzte Handlungsmöglichkeiten und können und werden den Standort nicht verlagern", sagte Garnadt. Die Frachttochter schlägt nach eigenen Angaben rund 70 Prozent Umladefracht um, also Güter, die zum Weitertransport von einem Flieger zum anderen verladen werden. Dieses System lasse sich nur am Rhein-Main-Drehkreuz effektiv abwickeln. "Wir leben davon, dass wir umladen können." Zudem seien die verfügbaren Slots in Leipzig oder Köln schon weitgehend besetzt. Langfristig werde aber eine Verlagerung auf andere Flughäfen geprüft.

   Ganz geschlagen geben will sich die Kranichlinie aber noch nicht. Lufthansa werde den "Bedarf für ausgewählte nächtliche Flüge im ergänzenden Planfeststellungsverfahren erneut deutlich machen", betonte Franz. Damit sucht die Airline noch nach einem Ausweg, im aktuellen Verfahren wurde jedenfalls keine Revision zugelassen.

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   Auch der Deutsche ReiseVerband (DRV) fürchtet erhebliche negative Auswirkungen. "Leidtragende werden neben Urlaubs- und Geschäftsreisenden insbesondere Arbeitnehmer in Luftfahrt und Touristik sein, deren Arbeitsplätze durch die heutige Entscheidung gefährdet sind", mahnte DRV-Präsident Jürgen Büchy. Während die ausländischen Airlines "um gut 30 Prozent rentabler" agieren könnten, büßten die deutschen Anbieter "mindestens eine Million Euro Umsatz pro Maschine" ein.

   Neben der Zwangsruhe von 23 bis 5 Uhr hatte das Bundesverwaltungsgericht Leipzig am Mittwoch auch die Regelungen für die sogenannten Nachtrandstunden verschärft. Ab sofort dürfen zwischen 22 und 23 Uhr sowie 5 und 6 Uhr nicht mehr durchschnittlich 150, sondern nur noch 133 planmäßige Flüge im Jahr stattfinden. Über die Zulassung eines etwaigen darüber hinausgehenden Kontingents habe das Land Hessen neu zu entscheiden, teilte das Gericht mit.

   Dass die Grenzen dafür eng gesetzt sind, machte das Bundesverwaltungsgericht schon jetzt deutlich: Das Land habe "zu beachten, dass die Nachtrandstunden nicht als bloße Verlängerung des Tagflugbetriebes angesehen werden dürfen", hieß es warnend aus Leipzig. Die Verhältnismäßigkeit bleibe nur gewahrt, wenn der Flugverkehr im Lauf der Abendstunden abschwelle und in den Morgenstunden allmählich wieder ansteige.

   Die neue vierte Landebahn ist seit Oktober in Betrieb. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte die Ausbaupläne dafür 2009 genehmigt, gleichzeitig aber festgestellt, dass die bis dato bestehende Nachtflugregelung nicht mit den Gesetzen zum Schutz der Bürger vor Fluglärm in Einklang steht. Die hessische Landesregierung hatte 17 Nachtflüge genehmigt - diese Regelung ist nun endgültig obsolet. Zur Einordnung: Insgesamt starten und landen am Frankfurter Flughafen binnen 24 Stunden rund 1.300 Flieger.

   Unterstützer beider Seiten forderten politische Konsequenzen aus dem Urteil. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Klaus-Peter Siegloch, forderte die Bundesregierung auf, "endlich für faire Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Luftfahrt zu sorgen". Dazu zählten neben der Abschaffung der Luftverkehrssteuer die langfristige und verbindliche Festlegung, an welchem Standort künftig Nachtflüge erforderlich und möglich seien. Dies würde "endlich Planungssicherheit für Bürger und Unternehmen schaffen".

   Die Grünen dagegen begrüßten das Urteil und forderten als Konsequenz einen Novellierung des Luftverkehrs- und des Fluglärmgesetzes: Der Anspruch auf eine gesicherte Nachtruhe in der Zeit von 22 bis 6 Uhr müsse festgeschrieben werden. Zudem müssten bei den Planungen von Flughäfen und -routen die Betroffenen verbindlich einbezogen werden.

   Bei dem wirtschaftspolitischen Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer, stoßen solche Forderungen auf taube Ohren: Ein generelles Nachtflugverbot könne und dürfe es nicht geben, sagte der CDU-Politiker Handelsblatt Online. Es müssten "vernünftige Lösungen" gefunden werden, die die Interessen der Wirtschaft und lärmgeplagten Anwohner berücksichtigen.

   Angesichts der auch nach dem Urteil munter weiterkochenden Diskussion nimmt sich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) am 23. Mai des Themas persönlich an. Dann trifft er sich mit Vertretern der Luftfahrtindustrie sowie Abgesandten der Länder und Kommunen in Berlin zu einem Luftverkehrsgipfel und will dort das Thema auf die Tagesordnung setzen. "Zu den nachteiligen Wirkungen eines Industriestandortes gehört leider auch der Lärm", sagte Ramsauer in Berlin. "Wichtig ist, dass im Umgang damit bestmögliche Kompromisse gefunden werden. Vermeidbarer Lärm muss vermieden werden."

-Von Ursula Quass, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 29725 110, ursula.quass@dowjones.com DJG/uqu/sha/mgo (END) Dow Jones Newswires

   April 04, 2012 13:49 ET (17:49 GMT)

   Copyright (c) 2012 Dow Jones & Company, Inc.- - 01 49 PM EDT 04-04-12

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