Schwellenländer

Smart Products: Moderne Technik zum Spartarif

10.08.10 06:00 Uhr

Mit abgespeckten Hightech-Produkten erobern Konzerne wie GE, Philips oder Siemens neue Märkte. Es geht um einen Milliardenmarkt – und darum, die Konkurrenz vor Ort in Schach zu halten.

Werte in diesem Artikel
Aktien

4,75 EUR 0,01 EUR 0,30%

20,54 EUR 0,25 EUR 1,23%

218,30 EUR 0,00 EUR 0,00%

Indizes

929,9 PKT 4,4 PKT 0,48%

7.804,9 PKT 14,6 PKT 0,19%

2.082,0 PKT -3,0 PKT -0,14%

24.304,5 PKT -19,1 PKT -0,08%

42.774,7 PKT 454,9 PKT 1,07%

571,2 PKT 1,1 PKT 0,19%

5.430,2 PKT 19,6 PKT 0,36%

1.131,0 PKT 6,2 PKT 0,55%

1.594,7 PKT 5,1 PKT 0,32%

12.704,7 PKT -22,6 PKT -0,18%

8.316,0 PKT 33,4 PKT 0,40%

16.827,6 PKT -39,6 PKT -0,23%

9.389,2 PKT -12,7 PKT -0,13%

2.936,3 PKT 38,0 PKT 1,31%

6.008,7 PKT 69,4 PKT 1,17%

26.342,3 PKT 13,3 PKT 0,05%

4.589,8 PKT 25,3 PKT 0,56%

PKT PKT

von Stephan Bauer, Euro am Sonntag

Der jüngste Deal der Niederländer wirkt unspektakulär. Ende Juli erwarb der Technologiekonzern Philips einen Zulieferer von Bauteilen für Ultraschallscanner: Shanghai Apex Electronics Technology stellt Transducer her – Teile, die die Bildqualität der Diagnose­geräte maßgeblich beeinflussen. Der Körperbau Ungeborener etwa wird per Ultraschall für Ärzte erkennbar. Technisch ist das ein alter Hut. Dennoch hatte Apex besonderen Charme: Die Transducer aus Shanghai liefern hohe Qualität zu unschlagbar niedrigen Kosten.

Wer­bung

Eine scheinbar unscheinbare Akquisition einer 130-Mann-Firma in Chinas Millionenmetropole – und doch verbirgt sich dahinter ein umfassender Strategiewechsel bei Philips. „Wir beobachten, dass sich in China zwar sehr wohl teure Produkte gut verkaufen lassen. Doch der Bereich preiswerter Einstiegsprodukte wächst immens schnell“, sagt Gerard Ruizendaal, als Vorstandsmitglied des Konzerns für die weltweite Strategie verantwortlich. Der Apex-Deal ist Teil dessen, was Ruizendaal „dezentrale Kreation von Geschäft“ nennt. Auf den Punkt gebracht, geht es dabei um technisch hochwertige Produkte, die zwar nicht alle Raffinessen westlicher Ware aufweisen, aber dafür auch nur einen Bruchteil kosten. Die Übernahme von Apex etwa trägt dazu bei, dass die Niederländer ihre günstigsten Ultraschallgeräte bereits ab etwa 5000 Euro anbieten. Zum Vergleich: Scanner der Einstiegs­klasse in Europa kosten gewöhnlich das Drei- bis Fünffache.

Philips verstärkt Engagement in Schwellenländern

Das Ziel ist klar: Philips will den Wachstumsschub der Emerging Markets, so gut es irgend geht, nutzen. „Wir gewinnen Marktanteile. Wachstumsraten in der Nähe von 20 Prozent in diesen Ländern sind auch künftig realistisch“, sagt Ruizen­daal. Ende Juli lag der Anteil am Konzernumsatz in den Wachstumsmärkten bei rund einem Drittel. Bis 2015 sollen es laut Strategiechef Ruizen­daal bereits 40 Prozent sein. Preiswerte Produkte für Menschen mit geringerer Kaufkraft sollen hierzu beitragen. Die Idee leuchtet unmittelbar ein – doch was einfach klingt, erfordert einen tiefgreifenden Wandel im Unternehmen.

Denn die Bedürfnisse der Kunden in Wachstumsmärkten wie beispielsweise Brasilien, Indien oder China unterscheiden sich vielfach von denen der Menschen in den Industriestaaten. Folglich werden hier teils vollkommen andere Produkte nachgefragt. „Die gesamte Wertschöpfungskette muss auf diese Märkte abgestimmt sein, von der Produktplanung bis hin zum Vertrieb. Deshalb ist es mitunter sinnvoll, auch lokale Zulieferer zu übernehmen“, sagt Ruizendaal. Noch vor drei Jahren fuhr Philips eine vollkommen andere Strategie. „Wir haben die Produkte mehr oder weniger gleich für alle Märkte in unserer Zentrale entwickelt“, berichtet der Vorstand. Doch inzwischen haben sich die Gewichte zwischen den Volkswirt­schaften dramatisch verschoben.

Wer­bung

Die einstigen Entwicklungsländer wachsen nicht nur stark, sondern haben inzwischen auch breite und konsumkräftige Mittelschichten. „Deshalb mussten wir unsere Innovationsprozesse dezentralisieren“, sagt Ruizendaal. Die Niederländer stehen hier nicht allein. Weltweit läuft bei international operierenden Unternehmen eine dritte Welle der Globalisierung. Zunächst exportierten westliche Konzerne in die Emerging Markets. Anschließend führten sie aus Kostengründen lokale Fertigungen ein. Inzwischen entwickeln die Unternehmen Produkte direkt vor Ort. Quer durch fast alle Branchen zieht sich diese Entwicklung: Handyhersteller Nokia produziert im indischen Chennai günstige, aber sehr einfache Mobiltelefone für Dritte-Welt-Staaten, die nicht mehr als 20 Dollar kosten. Der deutsche Autozulieferer Bosch entwickelt bei seiner Tochter Mico in Indien solide, aber abgespeckte Bauteile für den Kleinstwagen Nano des Autokonzerns Tata, der für rund 2500 Dollar zu haben ist. Auch Volkswagen bastelt in China und Indien an einem simplen Auto für die Entwicklungsländer.

Die Anstrengungen sollten sich auszahlen, denn es winken gewaltige Umsatzchancen. Der Infrastrukturhersteller Siemens wartet mit einer konkreten Zahl für das geschätzte Marktvolumen auf. „Wir schätzen das für Siemens adressierbare Marktpotenzial auf etwa 240 Milliarden Euro“, sagt Roland Busch, Strategiechef des Münchner Konzerns. Allein in Indien und China ist der Markt laut Busch pro Jahr rund 70 Milliarden Euro schwer. Zudem entwickeln sich diese Segmente rasant. „Der Markt für diese Produkte ist ein Treiber für das Wachstum des gesamten Konzerns“, sagt der Manager. Rund 80 Einstiegsprodukte hat Siemens bereits in Marktreife oder in Entwicklung. Sie werden von lokalen Managern selbstständig geplant und auf den Markt gebracht – schließlich kennen diese die Bedürfnisse ihrer Kunden am besten. „Es fordert Mut von den Geschäftseinheiten, die Leute vor Ort als Unternehmer arbeiten zu lassen, aber es ist unbedingt notwendig“, sagt Busch.

Siemens investiert massiv

In den kommenden drei Jahren will Siemens allein in den BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China rund drei Milliarden Euro in den Ausbau seiner Einstiegsprodukte stecken, Teile davon etwa in den Aufbau lokaler Entwicklungszentren – in Indien sollen es im laufenden Jahr 14 werden. Als Hoffnungsträger gilt den Bayern etwa ein tragbares Herz-Kreislauf-Messgerät in Notebook-Größe. Es soll künftig Schwangere in die Lage versetzen, den Herzschlag ihrer Ungeborenen selbst zu überwachen. Schließlich kommen in einem Land mit mehr als einer Milliarde Einwohner auf jeden Frauenarzt oft mehr als 50 Hochschwangere. Die medizinische Versorgung vor Ort verbessert sich – ebenso wie die strategische Position der westlichen Konzerne. Denn neben der Erschließung des Marktpotenzials geht es ihnen auch um eine Art Vorwärtsverteidigung. „Wir wollen lokalen Wettbewerbern Marktanteile abnehmen. Wir erschweren dadurch den Konkurrenten, dass sie uns auf den internationalen Märkten überraschen“, sagt Siemens-Mann Busch.

Wer­bung

Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite!

Auch die Münchner haben schließlich schlechte Erfahrungen mit Wettbewerbern aus den Emerging Markets gemacht. Vor zehn Jahren noch war Siemens auf dem Markt für Telekommunikationsnetze gemeinsam mit Konzernen wie Nortel, Alcatel oder Nokia führend. Dann kam die Attacke von Huawei. Die Chinesen eroberten binnen weniger Jahre – auch dank staatlicher Unterstützung – mit Kampfpreisen eine globale Topposition. Noch heute ringt Siemens mit Joint-Venture-Partner Nokia um Profite.

Dass aufstrebende Wettbewerber aus den Wachstumsmärkten einmal existenzbedrohend werden könnten, hat sich auch in der Zentrale des US-Industrieriesen General Electric (GE) herumgesprochen. Im Oktober stellte Vorstandschef Jeffrey Immelt nach tiefer Krise des Weltkonzerns die Schlüsselfrage: Wie kann GE seine Überlebenschancen verbessern? Die Antwort des mächtigen Industriekapitäns: GE müsse lernen, preiswerte Produkte in den Emerging Markets zu entwickeln – um anschließend damit die Einstiegssegmente im Westen zu erobern. „Wenn GE das nicht hinbekommt, droht uns die Zerstörung“, warnte Immelt. Der Alarm des GE-Chefs hat den einst nach Marktkapitalisierung weltgrößten Konzern wachgerüttelt. Auch GE entwickelt günstige, tragbare Ultraschallgeräte, der Umsatz damit hat sich bereits vervielfacht. Und woran Siemens noch arbeitet, das haben die Amerikaner bereits im Angebot: Indiens Landärzte reißen sich um einen tragbaren EKG-Monitor für rund 1500 Dollar.

Solch ein Billig-EKG wäre in Deutschland wohl schlecht zu verkaufen – schließlich ist die Ärztedichte hierzulande deutlich höher. Beste Karten auch bei deutschen ­Medizinern hat indes ein in China entwickelter und hergestellter Com­puter­tomograf (CT). Weltweit ver­kaufte Siemens im Jahr 2009 bereits 300 Stück des rund 200 000 Dollar günstigen Somatom Spirit – es ist laut Unternehmen der meistverkaufte CT der Welt. Auch in Deutschland laufen schon etwa 60 Exemplare in Arztpraxen. Ob sich Siemens damit womöglich das Geschäft mit seinen bis zu zwei Millionen Euro teuren Spitzen-Tomografen verdirbt? „Der Kunde entscheidet, was er will. Wir können Produkte in nahezu allen Preissegmenten anbieten“, sagt Busch. Auch diese Idee leuchtet durchaus ein.


Hier gehts zum aktuellen Heft

Investor-Info:

Philips- Topmarke in Indien
Die Niederländer haben einen starken Markennamen in den Emerging Markets: In Indien erreicht der Konzern beinahe so hohe Bekanntheitswerte wie in der Heimat. Der Umsatzanteil in den Wachstumsmärkten liegt bei einem Drittel, Ziel sind 40 Prozent bis 2015. Für die zweite Jahreshälfte erwartet Philips eine gedämpfte Geschäftsentwicklung, schließlich ist der TV-Boom im Vorfeld der Fußball-WM vorbei. Vorerst nur haltenswert.

Siemens - Auftrieb beim Auftragseingang
Im jüngsten Quartal beeindruckten die Münchner durch starken Auftragseingang. Der Auftrieb geht auch auf die hervorragende Marktposition in Märkten wie China oder Indien zurück. Siemens erzielt inzwischen rund ein Drittel des gesamten Umsatzes in Wachstumsmärkten, Tendenz steigend. Ein neuer operativer Rekordgewinn ist quasi sicher, eine Dividendenerhöhung in Sicht. Die Aktie ist ein Basisinvestment in Infrastruktur.

General Electric - Von tiefer Krise erholt
Auch im jüngsten Quartalsbericht stand die von der Krise schwer getroffene GE Capital im Mittelpunkt, obwohl der Finanzdienstleister inzwischen wieder Gewinne schreibt. GE ist stark im Heimatmarkt USA. Wegen der schleppenden US-Konjunktur stand im zweiten Quartal erneut ein Umsatzminus zu Buche. Das operative Geschäft erholt sich jedoch, vor allem wegen des inzwischen größeren Engagements in den Wachstumsmärkten. Spekulativ.

In eigener Sache

Übrigens: US-Aktien sind bei finanzen.net ZERO sogar bis 23 Uhr handelbar (ohne Ordergebühren, zzgl. Spreads). Jetzt kostenlos Depot eröffnen und als Geschenk eine Gratisaktie erhalten.

Ausgewählte Hebelprodukte auf General Electric

Mit Knock-outs können spekulative Anleger überproportional an Kursbewegungen partizipieren. Wählen Sie einfach den gewünschten Hebel und wir zeigen Ihnen passende Open-End Produkte auf General Electric

NameHebelKOEmittent
NameHebelKOEmittent
Wer­bung

Nachrichten zu Siemens AG

Wer­bung

Analysen zu Siemens AG

DatumRatingAnalyst
05.06.2025Siemens Sector PerformRBC Capital Markets
04.06.2025Siemens BuyUBS AG
04.06.2025Siemens KaufenDZ BANK
03.06.2025Siemens BuyGoldman Sachs Group Inc.
27.05.2025Siemens HoldDeutsche Bank AG
DatumRatingAnalyst
04.06.2025Siemens BuyUBS AG
04.06.2025Siemens KaufenDZ BANK
03.06.2025Siemens BuyGoldman Sachs Group Inc.
16.05.2025Siemens BuyUBS AG
15.05.2025Siemens BuyUBS AG
DatumRatingAnalyst
05.06.2025Siemens Sector PerformRBC Capital Markets
27.05.2025Siemens HoldDeutsche Bank AG
15.05.2025Siemens HoldDeutsche Bank AG
15.05.2025Siemens Sector PerformRBC Capital Markets
08.05.2025Siemens HoldDeutsche Bank AG
DatumRatingAnalyst
22.05.2025Siemens UnderweightBarclays Capital
25.04.2025Siemens UnderweightBarclays Capital
17.02.2025Siemens UnderweightBarclays Capital
04.12.2024Siemens UnderweightBarclays Capital
17.05.2024Siemens UnderweightBarclays Capital

Um die Übersicht zu verbessern, haben Sie die Möglichkeit, die Analysen für Siemens AG nach folgenden Kriterien zu filtern.

Alle: Alle Empfehlungen

Buy: Kaufempfehlungen wie z.B. "kaufen" oder "buy"
Hold: Halten-Empfehlungen wie z.B. "halten" oder "neutral"
Sell: Verkaufsempfehlungn wie z.B. "verkaufen" oder "reduce"
mehr Analysen