Coinstar - die Cashmaschine

von Tim Schäfer, US-Korrespondent von €uro am Sonntag

Jeder Zentimeter in Supermärkten ist genutzt. Nur der Raum zwischen Kasse und Ausgang nicht. Es sei denn, dort steht ein Automat von Coinstar. An den Kästen können Kunden Geldkarten erwerben, Bargeld wechseln oder sich DVDs ausleihen. Mehr als 18 400 Geldwechselkioske betreibt Coinstar in den USA, Kanada und Großbritannien. Weitere 145 000 Maschinen hat der Konzern vor allem zum Amüsement von Kindern aufgestellt. Etwa Fahrautomaten, Geschicklichkeitskräne oder Süßwarenständer. Das Geschäft brummt. Im vergangenen Jahr kam der Umsatz trotz der Rezession von 564 auf 911 Millionen Dollar voran. Zu einem regelrechten Kassenschlager hat sich der DVD-Verleih entwickelt. Die Tochter Redbox schraubt jede Stunde einen neuen Automaten zusammen. Ende Juni hatten die Washingtoner 13 700 dieser Maschinen in Betrieb, bis Silvester sollen es 17 900 sein. Damit fügt Vorstandschef Paul Davis seit 2007 jedes Jahr 7000 Automaten zum Bestand hinzu. Sie stehen praktisch überall: in McDonald’s-Filialen, bei Wal-Mart, in Drogeriemärkten oder in kleinen Lebensmittelläden.

Warum boomt gerade der DVD-Verleih? Die Antwort ist simpel: Er ist billig. Pro Tag kostet ein Film nur einen Dollar. Es fallen weder Verspätungs- noch Mitgliedsgebühren an. 2006 betrug der Marktanteil von Redbox erst 0,8 Prozent. Zwei Jahre später waren es schon 9,0 Prozent. Ende Juni kletterte der Anteil auf beachtliche 13,8 Prozent.

Die Marktforscher der NPD Group prognostizieren, dass bis zum Jahr 2010 rund 30 Prozent aller DVDs am Automaten ausgeliehen werden. Der führende US-Verleiher Blockbuster mit seinen 5000 Filialen muss sich also warm anziehen. Selbst Trendsetter wie das Unternehmen Netflix, das auf dem Postweg sowie über das Internet Filme kostengünstig vertreibt, setzt der neue Senkrechtstarter zu.

Auch unter den Hollywood-Studios geht wegen der spottbilligen Leihgebühr die Angst um. Ihre Neuerscheinungen wollen 20th Century Fox, Universal und Warner nur noch verspätet an Redbox ausliefern. Dagegen geht der Kostenbrecher nun gerichtlich vor. Aus Protest gegen die Studios schuf Redbox gar die Website www.savelowcostdvds.com.

Trotz der hohen Expansionskosten und der Kampfpreise verdient Redbox schon jetzt ordentlich. Zum Halbjahr klingelte ein operatives Ergebnis von 58 Millionen in der Kasse. Von Januar bis Juni summierte sich der Umsatz in der Verleihsparte auf 344 Millionen Dollar. Das ergibt eine Marge von 17 Prozent vor Zinsen, Abschreibungen und Steuern.

Bei den Münzwechslern dominiert Coinstar längst den Markt. Amerikaner horten akkumuliert 36 Milliarden Dollar Hartgeld in Portemonnaies, Hosentaschen, Sparschweinen und Schubladen. Davon werden nach Angaben des Finanzministeriums pro Jahr neun bis zehn Milliarden Dollar eingetauscht. Coinstar wickelt von dieser Summe mittlerweile drei Milliarden ab. Gebühren fallen bei Coinstar nicht an – sofern der Gegenwert in eine Geschenkkarte oder eine elektronische Guthabenkarte umgewandelt wird.

Auch für die Einzelhändler zahlen sich die Maschinen aus. Schließlich fallen keine Personalkosten an und es kommen neue potenzielle Kunden in die Geschäfte. Denn die Kioske stehen hoch in der Gunst der Amerikaner – sie schätzen die flotte Abwicklung. Es dauert beispielsweise nicht einmal eine Minute, um eine DVD auszuleihen.

Einer Studie des Technologiekon­zerns NCL zufolge verdoppelt sich der Wert selbst durchgeführter Transaktionen von derzeit 775 Milliarden auf 1,6 Billionen Dollar bis zum Jahr 2013 – allein in Nordamerika. Das sind 20 Prozent Wachstum pro Jahr. Gute Aussichten für einen bislang scheinbar nutzlosen Raum zwischen Kasse und Ausgang.