Wirtschaftsforscher heben Wachstumsprognose an

Die vier führenden Wirtschaftsforschungsinstitute sehen Deutschland in ihrem Frühjahrsgutachten vor einem kräftigen Aufschwung.
Wegen der sich daraus ergebenden Überschüsse im Staatshaushalt rufen sie die Bundesregierung auf, die Einkommensteuer für kleine und mittlere Gehälter zu senken.
Für das laufende Jahr rechnen die Ökonomen mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 2,1 Prozent. Das ist deutlich mehr als noch im Herbstgutachten vorausgesagt, als die Prognose nur auf ein Wachstum von 1,2 Prozent lautete. "Der niedrige Ölpreis lässt den Deutschen mehr Geld für den Konsum, der niedrige Euro schiebt die Exporte an", erklärte Timo Wollmershäuser, Konjunkturchef beim ifo Institut, am Donnerstag in Berlin.
Für 2016 erwarten die Forschungsinstitute 1,8 Prozent Wachstum. Die rund laufende Konjunktur sorgt gleichfalls für einen höheren Personalbedarf der Unternehmen. In diesem Jahr dürfte die Arbeitslosenquote deshalb auf 6,3 Prozent von derzeit 6,8 Prozent zurückgehen, um dann im kommenden Jahr weiter zu sinken auf 5,9 Prozent.
Die gute Ertragslage der Unternehmen gepaart mit hoher Beschäftigung sorgen für hohe Steuereinnahmen. Die Konjunkturfachleute kalkulieren mit Überschüssen im Gesamthaushalt - Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen - von 20,7 Milliarden Euro in diesem und über 25 Milliarden im nächsten Jahr. Dieser Spielraum soll aus Sicht der Ökonomen genutzt werden, um Normalverdiener bei der Einkommensteuer zu entlasten.
"Dringender Handlungsbedarf ergibt sich aus der hohen Belastung des Faktors Arbeit", mahnen die Fachleute in ihrem fast 100 Seiten starken Bericht. Auch bei der kalten Progression drängen sie die Bundesregierung zur Entlastung der Steuerzahler. Tarifverlauf und steuerliche Freibeträge sollten jedes Jahr automatisch an die Inflation angepasst werden.
Die Teuerung bleibt trotz des Aufschwungs gedämpft. Mit 0,5 Prozent im laufenden und 1,3 Prozent im kommenden Jahr dürfte die Preissteigerung weiter die EZB-Zielmarke von knapp unter 2,0 Prozent verfehlen. Für die Beschäftigten ist das positiv, weil die zu erwartenden deutlichen Lohnzuwächse nicht durch die Inflation aufgefressen werden. Die Konsumausgaben legen laut Frühjahrsgutachten aus diesem Grund 2015 um voraussichtlich 2,5 und 2016 um weitere 1,6 Prozent zu.
An der Gemeinschaftsprognose beteiligt sind das Münchner ifo Institut, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, das IWH aus Halle und die Ökonomen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung. Für das erste Quartal 2015 beziffern die das Wachstum auf 0,6 Prozent. Das wäre etwas schwächer als das Schlussquartal 2014, in dem das BIP um 0,7 Prozent gestiegen war.
DJG/chg/ros
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