ifo fordert wegen Flüchtlingen Teilabschaffung des Mindestlohns
Von Hans Bentzien
FRANKFURT/MÜNCHEN (Dow Jones)--Das ifo Institut plädiert dafür, den gerade erst eingeführten Mindestlohn zumindest teilweise wieder abzuschaffen, um die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Zugleich veröffentlichten die Konjunkturforscher eine neue, deutlich höhere Schätzung der Kosten, die auf den Staat im Zuge der Flüchtlingskrise zukommen.
Im Schnitt aller Branchen des verarbeitenden Gewerbes halten laut ifo 29 Prozent der Unternehmen den Mindestlohn für ein bedeutsames Einstellungshindernis. Besonders problematisch sei der Mindestlohn dabei für die Branchen im Osten. Hier hielten im Handel und am Bau rund 60 Prozent der Firmen den Mindestlohn für ein Einstellungshindernis für Flüchtlinge.
Das ifo Institut fordert daher, den Mindestlohn in Deutschland abzuschaffen, nicht nur für Flüchtlinge, wenigstens aber für alle jungen Arbeitnehmer ohne Qualifikation. "Flüchtlinge sollten sofort arbeiten dürfen und parallel Deutschkurse belegen", heißt es in einer Presseerklärung.
Zudem erhöhte das ifo Institut seine Schätzung dazu, welche Kosten die Flüchtlinge dem Staat verursachen. Die Konjunkturforscher erwarten nun 21,1 Milliarden Euro allein für 2015 - unter der Annahme, dass bis zum Jahresende 1,1 Millionen Menschen nach Deutschland flüchten. "Das schließt nun Unterbringung, Ernährung, Kitas, Schulen, Deutschkurse, Ausbildung und Verwaltung ein", sagte Gabriel Felbermayr vom ifo Institut.
Bislang hatte das Institut die Kosten für den Staat auf 10 Milliarden Euro für die ersten zwölf Monate geschätzt, basierend auf der Unterbringung und Ernährung von 800.000 Menschen.
"Die Schlüssel für die Kosten und die Integration sind die Qualifikation und der Arbeitsmarkt", fügte Felbermayr hinzu. Viele Flüchtlinge seien schlecht ausgebildet. Über 40 Prozent der vom ifo Institut befragten Industrie-Unternehmen aus Westdeutschland halten Flüchtlinge nur als Hilfsarbeiter für potenziell gut verwendbar, auf dem Bau (West) und im Handel (West) sind es knapp unter 40 Prozent. Die Zahlen für Ostdeutschland liegen deutlich darunter.
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November 10, 2015 09:00 ET (14:00 GMT)
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