Zinn: Sturm aus Südostasien
Der international größte Exporteur Indonesien will seine Ausfuhren limitieren.
von Emmeran Eder, €uro am Sonntag
Schon die Römer führten dafür Kriege. Wegen der damals sehr bedeutenden Zinnvorkommen in Cornwall eroberten sie England. Dass das englische Wort für Zinn, „tin“, auch Dose heißt, ist kein Zufall. Für aus Weißblech gefertigte Dosen, Lebensmittelbehälter und Backformen wurde Zinn früher vorrangig genutzt.
Selbst heute macht Weißblech noch 30 Prozent des Zinnverbrauchs aus. Der Löwenanteil wird aber in der Elektroindustrie als Lötzinn für Bauteile-Verbindungen und in Leiterplatten verwendet. Im Flachglas von Fensterscheiben ist es auch vorhanden.
Inzwischen kommt das Industriemetall auch nicht mehr aus England, sondern vorwiegend aus Asien und Südamerika. Indonesien liegt zwar hinter China nur an zweiter Stelle bei der weltweiten Produktion und den Vorkommen. Da das Reich der Mitte den Rohstoff aber fast vollständig selbst absorbiert, dominiert die Inselgruppe den globalen Export. Lässt man China außen vor, beträgt der Weltmarktanteil des Inselstaats 35 Prozent, gefolgt von Peru mit 24 und Bolivien mit 15 Prozent.
Das große Geld verdienen aber zum Missfallen der Regierung in Jakarta internationale Rohstoffkonzerne. Das will diese nun ändern. Als größter Devisenbringer solle Zinn künftig im Land selbst weiterverarbeitet werden, hieß es im Vorjahr. Bis die dafür nötige Infrastruktur wie Schmelzanlagen und Exportterminals steht, will Indonesien die Ausfuhr beschränken.
Noch reichen die Lagerbestände
Gegenwärtig hat das noch keine Auswirkungen auf den Zinnpreis, da die fehlenden Ausfuhren durch Lagerbestände in anderen Ländern ausgeglichen werden können. Doch die gehen irgendwann aus. „Die Indonesier können den Zinnmarkt stark beeinflussen, falls sie Ernst machen“, sagt Sven Streitmayer, Rohstoffprofi bei der LBBW. Schon jetzt gebe es ein knappes Angebotsdefizit, das aber noch nicht bedrohlich sei.
Die schwächelnde Konjunktur in China und Europa hat die Notierungen für Zinn seit Februar jedoch von 25.000 US-Dollar je Tonne auf 19.140 Dollar fallen lassen. Das scheint übertrieben. „Zinn ist nicht so ausgeprägt konjunktursensitiv wie viele andere Industriemetalle“, meint Streitmayer. Charttechnisch ist der Rohstoff angeschlagen. Stabilisiert sich der Preis bei 19.000 Dollar je Tonne, sollten Anleger mit dem Zinn-Zertifikat der RBS (ISIN: DE 000 AA0 ZDP 6) einsteigen.
Sonst ist es sinnvoll, erst einen weiteren Kursrutsch abzuwarten, um die mittelfristig fundamental positiven Aussichten zu nutzen. Dafür brauchen Anleger gute Nerven. Das Metall ist wenig liquide und hoch volatil.