Zweifelhafte Premiere

Darum will die BaFin Bonitätsanleihen für Privatkunden verbieten

15.08.16 14:19 Uhr

Darum will die BaFin Bonitätsanleihen für Privatkunden verbieten | finanzen.net

Die BaFin will erstmals von ihren neuen Kompetenzen in Sachen Verbraucherschutz Gebrauch machen und direkt eine ganze Produktgruppe verbieten. Nicht nur Privatkunden sehen das jedoch kritisch.

Der deutschen Finanzaufsicht BaFin sind sie ein Dorn im Auge: Die Bonitätsanleihen. Was dem Namen nach nach Anleihe klingt, ist eigentlich ein Zertifikat und mit höheren Risiken verbunden, als die Bezeichnung des Derivats suggeriert. Risiken, die Privatkunden nach Ansicht der BaFin, nicht einschätzen können. Die BaFin möchte Privatanleger daher vor sich selbst schützen und die risikobehafteten Wetten kurzerhand verbieten.

"Nichts für die Hände von Privatkunden"

Die für die Wertpapieraufsicht zuständige BaFin-Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele erklärt: "Strukturierte Produkte, die sich auf Kreditrisiken beziehen, können für institutionelle Investoren eine sinnvolle Anlagealternative sein. In die Hände von Privatkunden gehören sie aus unserer Sicht aber nicht". Warum aber traut die BaFin den Privatkunden nicht zu, die Risiken des Derivats richtig einschätzen zu können? Die Antwort ist klar: Privatanleger haben in der Regel keine Möglichkeit, sich die notwendigen Informationen zu beschaffen.

Wie funktionieren Bonitätsanleihen?

Im Grunde wetten Anleger von Bonitätsanleihen auf die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen ihre Kredite bedienen können - also auf ihre Bonität. Damit lastet ein doppeltes Risiko auf den Privatkunden, die ihr Geld in Bonitätsanleihen stecken. Zum einen müssen die Anleger das Emittentenrisiko auf ihre Schultern nehmen und sind darauf angewiesen, dass die Bank, die die Bonitätsanleihen emittiert hat, sie bedienen kann. Und zum anderen hängt die Rückzahlung zusätzlich davon ab, ob die Unternehmen ihre Kredite bedienen können.

Privatunden können das Risiko einer Bonitätsanleihe nicht einschätzen

Bei herkömmlichen Zertifikaten, die sich auf einen gewissen Basiswert beziehen, können Anleger leicht überprüfen, wie sich ihr Papier gerade entwickelt. Spekuliert ein Anleger etwa mittels eines Zertifikats auf einen fallenden Goldpreis, kann er jederzeit überprüfen, ob dieses Ereignis eintritt oder nicht. Nicht so im Falle von Bonitätsanleihen. Hier ist der zugrundeliegende Basiswert die Bonität eines Unternehmens. Privatkunden sind damit in der Regel nicht vertraut und es mangelt an Instrumenten und Medien, mit denen sich Privatkunden darüber adäquat informieren könnten. Somit können Privatkunden die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung ihres Anlagebetrages so gut wie nicht selbst einschätzen. Die Investition in Bonitätsanleihen entspricht für Privatkunden somit einer Art Blindflug.

Banken leisten wenig Aufklärungsarbeit

Dass Privatkunden an Bonitätsanleihen geraten, ist dabei alles andere als Zufall. Vielmehr scheinen Emittenten die Bonitätsanleihen gezielt für den Absatz an Privatkunden zu produzieren, heißt es in der Stellungnahme der BaFin. Befragte Emittenten hätten dies sogar eingeräumt. In der Umfrage zeigte sich zudem auf Vertriebsseite, dass Bonitätsanleihen besonders häufig im Rahmen von provisionsbasierten Anlageberatungen empfohlen wurden. Diese Anlageberatungen nehmen besonders häufig Privatkunden in Anspruch. Eine vorgenommene Stichprobe wies zudem darauf hin, dass die exakte Funktionsweise von Bonitätsanleihen selten gegenüber den Privatkunden erörtert wird. Vielmehr erschöpften sich die Erläuterungen in lediglich "floskelhaften Ausführungen", so die BaFin weiter.

DDV: "Produktverbot muss Ultima Ratio sein"

Das potenzielle Verbot der Bonitätsanleihen für Privatkunden stößt jedoch auf harsche Kritik, nicht zuletzt beim Deutschen Derivate Verband (DDV). Für DDV-Geschäftsführer Christian Vollmuth ist das angedachte Bonitätsanleihen-Verbot vorschnell. "Ein Produktverbot muss eine Ultima Ratio nach Ausschöpfung aller anderen Mittel sein", sagte er gegenüber der "FAZ". Dies sei jedoch "hier nicht der Fall" und man werde über entsprechende Rechtsmittel nachdenken, so Vollmuth weiter. Interessanterweise reiht sich jedoch auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in die Reihe der Kritiker ein. DSW-Sprecher Jürgen Kurz sagte, laut der "FAZ", es sei sinnvoller "die Beweislast umzukehren: Der Berater sollte beweisen müssen, dass er den Kunden richtig beraten hat und nicht - wie es bisher der Fall ist - umgekehrt." Auch er hält das geplante Verbot für vorschnell. Dies deute an, "dass die BaFin die Hoffnungen aufgibt, bei den Beratern eine bessere Finanzberatung erreichen zu können." Der Anleger solle überdies selbst entscheiden dürfen, was in sein Portfolio passt.
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Emittenten und Bürger haben noch bis zum 2. September die Möglichkeit, zu den Plänen der BaFin Stellung zu beziehen. Von einem eventuellen Verbot wären jedoch bereits verkaufte Bonitätsanleihen nicht betroffen.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Shutterstock, Kai Hartmann Photography - BaFin