Chartexperte Bauer: Boden beim DAX akut gefährdet
Die Nerven der Börsianer waren in den vergangenen Wochen aufs Extremste belastet worden. Finanzen.net sprach mit dem Chartexperten Dr. Gregor Bauer über den DAX.
Finanzen.net: Wie sehen Sie die aktuelle charttechnische Lage beim DAX? Ist das Schlimmste bereits überstanden?
Dr. Gregor Bauer: Die derzeitige Situation ist vor allem eines: höchstgradig spannend. In den kommenden Tagen könnte über das weitere Schicksal des Marktes entschieden werden. Im Bereich von 5.345 bis 5.600 DAX-Zählern verläuft nämlich eine markante Unterstützungszone, die es zu verteidigen gilt. Auf kurze Sicht ist die Chance auf eine Stabilisierung auf jeden Fall vorhanden. So könnte es zur Ausbildung eines Doppelbodens kommen, der in der Charttechnik als eindeutig positives Signal interpretiert wird. Dieser wäre aber erst bei einem Anstieg auf etwa 6.100 Punkte bestätigt.
Halten Sie einen Absacker auf oder unter die Tiefststände von März 2009 für wahrscheinlich?
Unmöglich scheint in der heutigen Zeit sicherlich nichts zu sein, zumal meiner Meinung nach die Abwärtsbewegung noch nicht abgeschlossen ist. Anleger sollten daher bei ihren Investments flexibel bleiben und auf neue Signale warten.
Zu welcher konkreten Strategie würden Sie Privatanlegern raten?
Auf jeden Fall zu einer zweigleisigen. Schließt der DAX über der Marke von 5.600 Punkten, bietet sich ein Call-Engagement an. Hier würde sich dann Erholungspotenzial bis in den Bereich von zunächst 6.100 Zählern eröffnen. Sollte der Leitindex allerdings unter die Marke von 5.300 Punkte rutschen, ist mit einer massiven Verkaufswelle zu rechnen. In diesem Negativszenario würde sich dann als Kurziel der Bereich von 4.700 bis 4.500 Zähler anbieten.
Gibt es beim DAX irgendwelche technische Indikatoren, die sich für Börsianer als Mutmacher eignen?
Die Aussagekraft von technischen Indikatoren stufe ich als geringer ein. Ich betrachte eher die reine Marktstruktur, also das Trendverhalten und Unterstützungs- und Widerstandsbereiche, sowie insbesondere auch einzelne Kerzen. Hier gab es zuletzt wenig Ermutigendes zu sehen. Wer aber beispielsweise die am 29. Juli bzw. 1. August generierten eindeutigen Verkaufssignale in Form von sogenannten „Bearish engulfing“-Kerzen befolgte, konnte hohe Verluste vermeiden bzw. über ein Put-Engagement in Abhängigkeit von der Hebelwirkung attraktive Kursgewinne erzielen. Aufgrund fehlender Mutmacher würde ich meine eigene Marktmeinung zum DAX gegenwärtig als verhalten bearish bezeichnen.
zur Person:
Dr. Gregor Bauer ist unabhängiger Portfolio Manager für Firmen und Privatinvestoren sowie Dozent für technische Analyse an diversen Hochschulen (www.drbauer-consult.de). Außerdem fungiert er als Vorstandsvorsitzender der Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands e.V. (www.VTAD.de) und ist Mitglied im Vorstand des Weltverbands der Technischen Analysten (www.ifta.org).