Der Goldpreis ist keine Blase - 2000 Dollar und mehr sind möglich
Frank Schallenberger, Rohstoff-Experte der LBBW, bewertet den Aufwärtstrend beim Gold nach wie vor als intakt. Mittelfristig hält er einen Goldpreis von 2000 Dollar je Feinunze für möglich.
von Benjamin Summa
Die Politik des Star-Investors George Soros, der kürzlich seine Goldreserven veräußert hat, kann Schallenberger nicht verstehen.
In Zeiten fallender Aktienkurse ist Gold als Krisenmetall gefragt, aber auch in Boomphasen steigen häufig sowohl Aktiennotierungen als auch der Goldpreis – Inflationsängste spielen hierbei eine große Rolle. Ist das Edelmetall also eine Allzweckwaffe für nicht ganz so risikobewusste Anleger?
Ich denke schon! Gold hat seit Ausbruch der Finanzkrise ja gezeigt, dass es in turbulenten Zeiten eine gewisse Stabilität in ein Depot bringt. Selbst wenn es in Zeiten stark steigender Aktienkurse zurückhinkt - es ist und bleibt eine sehr geeignete Allzweckwaffe für risikoaverse Investoren.
Welche Faktoren werden Ihrer Meinung nach in den kommenden Monaten den Goldpreis in erster Linie beeinflussen?
Nach Lehman, Immobilienblasen, Griechenland sowie Unruhen in Nordafrika kann man sich schon fragen, welche Krise als nächstes den Goldpreis voranbringt. Ich würde da momentan nicht spekulieren - aber das jetzt nicht schlagartig Ruhe an den Märkten einkehrt, dürfte klar sein. Auf der Nachfrageseite werden sicher die physisch hinterlegten Goldprodukte sowie die Schmucknachfrage weiter zunehmen. Zudem dürfte das Verhalten der Notenbanken den Goldpreis stark beeinflussen. Die Zentralbanken haben in der Vergangenheit sehr viel Gold an den Markt gebracht - nach meiner Schätzung werden sie 2011 mit 250 Tonnen auf der Käuferseite stehen.
Wie hoch schätzen Sie die Inflationsgefahren ein?
Momentan halte ich das Thema noch nicht für so akut. Immerhin kommen wir auch von einem extrem niedrigen Niveau. Auch 2011 wird die Inflationsrate in Deutschland vermutlich unter 2,5 Prozent bleiben. Wenn wir dann jedoch auch mal Raten von 2,5 Prozent und höher sehen, dürfte das Thema Inflation sicher nochmals gravierender eingeschätzt werden.
Zur Inflationsbekämpfung wird das allgemeine Zinsniveau mittelfristig weiter ansteigen. Dies würde festverzinsliche Wertpapiere attraktiver machen. Wird der Goldpreis Ihrer Meinung nach darunter stark leiden?
Grundsätzlich machen steigende Zinsen Gold über die höheren Opportunitätskosten natürlich etwas unattraktiver. Aber auch hier stellt sich die Frage des Niveaus. Wir kommen von einem sehr niedrigen Level. Ob eine 5-jährige Bundesanleihe mit 2 oder 3 Prozent rentiert, ist hier noch nicht so entscheidend. Erst wenn wir wieder 5, 6 oder 7 Prozent sähen, wäre das aus meiner Sicht wirklich eine echte Konkurrenz für Gold. Deshalb glaube ich, dass der Zinsanstieg schon etwas heftiger ausfallen müsste, bevor man das beim Goldpreis wirklich merkt.
In den vergangenen Wochen hat der Goldpreis wieder etwas nachgegeben. Eine Gelegenheit nachzukaufen?
Der Aufwärtstrend beim Goldpreis ist weiterhin intakt! Deshalb würde ich bei Rücksetzern zum Einstieg raten. Als Kaufzone würde ich momentan den Bereich zwischen 1450 USD und 1500 USD sehen. Auf Sicht von 12 Monaten halte ich einen Anstieg bis auf 1700 USD für wahrscheinlich.
Schwellenländer wie Mexiko setzen auf Edelmetalle und wetten damit gegen den US-Dollar. Mexiko hat im ersten Quartal 2011 seine Goldbestände um mehr als vier Milliarden Dollar aufgestockt. Der Starinvestor George Soros hat hingegen kürzlich seinen Goldschatz veräußert. Wer hat Ihrer Meinung nach die richtigere Strategie?
Möglicherweise hat George Soros seine besten Zeiten hinter sich! Ich denke, dass Mexiko hier den besseren Riecher hatte als der "Starinvestor". Denn die Argumentation von Soros, beim Goldpreis handele es sich um eine "ultimative Blase", halte ich für eine krasse Fehleinschätzung. Die wieder anziehende Schmucknachfrage (insbesondere aus Asien), die vermutlich weiter steigende Investorennachfrage und das veränderte Verhalten der Notenbanken machen den Goldmarkt unverändert interessant. Das scheint Herr Soros übersehen zu haben. Und deshalb wird die Partie Mexiko vs. Soros ganz klar zu Gunsten der Mittelamerikaner ausgehen.
Kann Gold wieder zu einer echten Alternative zu klassischen Währungen aufsteigen? Oder anders gefragt: Erleben wir derzeit den schleichenden Tod der Papierwährungen, wie es manche Beobachter ausdrücken?
Das halte ich wirklich für übertrieben. Die Zeiten des Goldstandards sind vorbei. Es wird meiner Meinung nach sicher kein Revival von Gold als Währungsersatz geben. Aber als Portfoliodiversifikation und Absicherung gegen Krisen aller Art wird Gold weiter gefragt bleiben - und das alleine macht das gelbe Metall schon sehr attraktiv.
Der Goldkauf wird zunehmend zu einem Hobby breiter Bevölkerungsschichten, vom Studenten bis zum Rentner. Private Edelmetall-Händler wie Pro Aurum erleben derzeit eine starke Nachfrage. Ist Gold für jeden Anleger das richtige Investment?
Es kommt schon auf das Gesamtvermögen, die Risikoeinstellung, die Renditeerwartung und vieles mehr an. Aber in einem gut ausgewogenen Depot sollte ein gewisser Goldanteil als konservative Kapitalanlage nach meinem Dafürhalten nicht fehlen. Über den Anteil kann man natürlich diskutieren. Mit 5 bis 10 Prozent Goldanteil lässt es sich aber sicher besser schlafen, als wenn man ganz ohne das gelbe Metall dem Auf und Ab an den Kapitalmärkten ausgesetzt ist.
Welche Rolle spielen Spekulanten bei der Gold-Hausse? Wie groß ist also die Gefahr einer Überhitzung?
In den vergangenen anderthalb Jahren hat sich die durchschnittliche Positionierung der Spekulanten nach den Daten der amerikanischen Börsenaufsicht CFTC bei Gold eigentlich nicht mehr stark geändert - trotzdem hat der Goldpreis in dieser Zeit nochmals deutlich zugelegt. Grundsätzlich wird der Preis durch Angebot und Nachfrage bestimmt - das ist auch bei Gold der Fall. Die Spekulanten sind sicher mal für 50 oder vielleicht auch 100 USD in der Spitze beim Goldpreis gut - aber sie bestimmen nicht den Trend! Grundsätzlich denke ich, dass ihr Einfluss überschätzt wird.
Betrachten Sie Anlageprodukte wie Edelmetall-ETFs, die Investitionen in Gold und Silber extrem vereinfacht haben, künftig weiterhin als Wachstumstreiber? Institute wie die Deutsche Bank verkaufen diese Produkte sehr erfolgreich.
Die Dynamik der Nachfrage aus diesem Segment wird nachlassen, aber die Nachfrage wird in der Summe dennoch weiter zunehmen. Die Leute haben in den vergangenen turbulenten Jahren am Kapitalmarkt gelernt, dass ein gewisser Goldanteil, der eben auch physisch hinterlegt sein kann, Stabilität in ein Depot bringt. Die physischen ETF-Bestände haben weltweit in den letzten sechs Jahren auf über 2000 Tonnen zugelegt - dieser Trend geht sicher weiter!
Viele Experten sehen den Goldpreis mittelfristig bei über 2000 Dollar pro Feinunze, manche sogar bei bis zu 8000 Dollar. Wie seriös sind solche Prognosen und wie weit lehnen Sie sich aus dem Fenster?
Mein Ziel für die nächsten 12 Monate sind wie bereits erwähnt 1700 USD. Mittelfristig halte ich 2000 USD durchaus für machbar. Eine Prognose von 8000 USD halte ich mittelfristig nicht für seriös. Gold hat in den vergangenen fünf Jahren immerhin 150 Prozent zugelegt. Das ist schon sehr bemerkenswert. Dass sich der Trend jetzt beschleunigt und wir demnächst nochmals um mehr als 400 Prozent zulegen (das würde einen Stand von 8000 USD bedeuten), kann ich mir noch nicht vorstellen. Zumindest nicht in dieser Dekade!