Anleihekäufe starten

Geldschwemme: Die EZB öffnet die Schleusen

07.03.15 08:00 Uhr

Geldschwemme: Die EZB öffnet die Schleusen | finanzen.net

Mit Mega-Anleihekäufen ­flutet Mario Draghi das Finanzsystem. Der EZB-Chef will mit dem umstrittenen Maßnahmen­paket die Konjunktur antreiben und Deflationsrisiken bekämpfen. Der Euro gerät unter Druck.

von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag

Am Montag startet Mario Draghi das größte geld­politische Programm in der Geschichte der Währungsunion: Die Europäische Zen­tralbank (EZB) beginnt mit monatlichen Anleihekäufen in Höhe von 60 Milliarden Euro, was schon im Januar beschlossen wurde. Das Kaufprogramm im Volumen von 1,14 Billionen Euro soll bis September 2016 laufen "oder darüber hinaus", wie der EZB-Chef nach einer Zentralbankratssitzung in Zypern erklärte. Dabei könnten auch Staatsanleihen mit negativer Rendite bis auf Höhe des EZB-Einlagezinssatzes von derzeit minus 0,2 Prozent einbezogen werden. Insbesondere kurz laufende deutsche Bundesanleihen weisen aktuell negative Renditen aus.

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Etwas überraschend verbesserten die Zentralbanker auch ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr. "Wir erwarten, dass sich die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone graduell verbreitert und verstärkt", sagte Draghi. Statt bisher 1,0 Prozent Wachstum in diesem Jahr erwartet die EZB nun im Euroraum 1,5 Prozent. Die Prognose für 2016 wurde von 1,5 Prozent auf 1,9 Prozent angehoben. Für 2017 sagen die Notenbanker ein BIP-Wachstum von 2,1 Prozent voraus. Die EZB zeigt sich damit deutlich optimistischer als die meisten Volkswirte. Die Leitzinsen ließ die Notenbank unverändert auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent.

DAX haussiert, Euro unter Druck
Dank der erwarteten Geldschwemme der EZB war der DAX am Donnerstag auf ein Allzeithoch von 11 532 Zählern gesprungen. Die Analysten der Commerzbank haben am Freitag ihre Jahresprognose für den Leitindex um 1000 Punkte auf 11 800 Zähler angehoben. Damit käme der deutsche Leitindex Ende 2015 auf ein Plus von rund 20 Prozent.

Dagegen geriet der Euro weiter unter Druck und rutschte unter die Marke von 1,10 Dollar. Mit 1,0964 Dollar markierte die Gemeinschaftswährung am Freitag den tiefsten Stand seit September 2003. Laut Analysten könnte dem Euro eine längere Schwächephase bevorstehen. Insbesondere, wenn Spekulationen auf eine baldige Zinserhöhung in den USA neue Nahrung bekämen.

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Skeptiker bezweifelten nach der EZB-Sitzung, dass die Zentralbank genügend geeignete Papiere findet, um auf das Volumen von 60 Milliarden Euro monatlich zu kommen. Auch wiederholten sie ihre Kritik, dass das Programm insbesondere den Krisenländern weitere Verschuldung erleichtere und den Reform- und Sparwillen untergrabe. Nichtsdestotrotz setzen andere da­rauf, dass die Konjunktureffekte grei-fen. "Die Wachstumsprognosen sind in der Tendenz nicht unrealistisch", so Holger Sandte von Bank Nordea.

Heller: "Crashgefahr gering"
Fiduka-Börsenexperte Gottfried Heller geht zwar mit EZB-Chef Draghi hart ins Gericht. "Der einzige Sinn des Programms ist es, den Euro so weit zu schwächen, dass die Südländer und insbesondere Italien ohne eigene Anstrengungen aus ihrer Misere kommen."
Gleichwohl glaubt der Börsenexperte, dass die Geldschwemme die Märkte weiter antreiben wird und die Gefahr eines Aktiencrashs gering sei. "Mittelfristig werden die Börsen trotz zu erwartender Korrekturen weiterhin auf Hausse gerichtet sein, denn die Liquidität wird in Europa massiv gesteigert." Auch die Konjunktur werde durch das Programm stimuliert, wodurch die Unter­neh­mens­gewinne stiegen und auch der Konsum angeschoben werde. "Dadurch könnte auch in Europa eine Art Wohlstandseffekt entstehen, wie er in den USA bereits vor drei Jahren getragen hat."

Die Gefahr eines Aktiencrashs hält Heller auch deshalb für gering, weil die Börsen trotz der Rekorde etwa beim DAX noch immer moderat bewertet seien. "Ein Kurs-Gewinn-Verhältnis im DAX von 13,5 für 2015 und 12,5 für 2016 lässt immer noch genügend Spielraum für weitere Kursfantasie."

Bildquellen: einstein / Shutterstock.com, Andreas Böttcher/ECB