Die verrücktesten Gründe, wieso man nicht Schweizer Staatsbürger werden darf
Zwischen Alpenidylle und Gemeindepolitik
Die Schweiz genießt international den Ruf eines durchorganisierten Landes, in dem alles seine Ordnung hat. Doch wer hier Staatsbürger werden möchte, merkt schnell, diese Ordnung hat ihre ganz eigenen Regeln und die sind oft überraschend persönlich. Im Kanton Jura lehnte eine Gemeinde den Einbürgerungsantrag eines französischen Bürgers ab, obwohl dieser seit Jahren im Ort lebte, Deutsch sprach und beruflich fest integriert war. Was ihm am Ende zum Verhängnis wurde, war nicht etwa ein Mangel an Papieren - sondern dass er an einem Feiertag den Rasen mähte. Die lokale Einbürgerungskommission sah darin ein Zeichen mangelnder Rücksichtnahme und schloss daraus, dass er nicht genug mit dem Ort verbunden sei, so Blick.
Kuhglocken-Engagement sorgt für Ablehnung
Der gebürtigen Niederländerin Nancy Holten wurde der "Daily Mail" zufolge unterdessen aus ganz anderem Grund die Staatsbürgerschaft verweigert: Sie hatte sich gegen Schweizer Traditionen wie Kuhglocken engagiert und diese einmal als "lästig" abgelehnt. Kühe, die diese tragen würden, seien zu laut, zudem sei dies eine Form von Tierquälerei. Holten hatte zwar formell alle gesetzlichen Voraussetzungen für eine Staatsbürgerschaft erfüllt, dem Blatt zufolge stimmen aber die Einheimischen gegen sie, da sie sie für ungeeignet hielten.
Jede Gemeinde ein eigener Staat
Wer glaubt, einheitliche Standards würden diesen Prozess lenken, irrt. In der Schweiz entscheidet nicht der Bund, sondern die Gemeinde. Und mit über 2.100 Gemeinden existieren ebenso viele Wege zur Einbürgerung. Während mancherorts ein Gespräch mit der Verwaltung reicht, verlangen andere Orte Sprachprüfungen, Staatskundekurse oder Nachweise über das Engagement im Vereinsleben. In Freienbach im Kanton Schwyz etwa müssen Bewerber einen sechsteiligen Integrationskurs absolvieren, inklusive Prüfung. Diese Vielfalt an Verfahren hat Folgen. Wer in Zürich lebt, hat unter Umständen bessere Chancen als jemand in einem Walliser Dorf. Die Einbürgerung wird zur geografischen Lotterie und ist stark vom lokalen Klima abhängig.
Mehr Gefühl als Gesetz
Ein weiteres Problem liegt in der Art der Entscheidung. Oft bestimmen nicht neutrale Behörden, sondern Bürgerkomitees oder Gemeindeversammlungen über den Antrag. Dabei spielen persönliche Eindrücke eine große Rolle. Wer zurückhaltend auftritt, nicht ins gewohnte Bild passt oder einfach nicht auffällt, kann durch das Raster fallen. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus kritisiert diese Praxis seit Jahren. In einem Bericht wird deutlich, dass Menschen aus bestimmten Herkunftsländern häufiger abgelehnt werden auch wenn sie formal alle Voraussetzungen erfüllen, so der Spiegel.
Teurer Pass - nicht nur ideell
Neben den sozialen und kulturellen Barrieren gibt es auch eine ganz reale, finanzielle Hürde. Die Kosten für ein Einbürgerungsverfahren können je nach Wohnort stark variieren. In manchen Gemeinden ist es mit ein paar hundert Franken getan, in anderen summieren sich Gebühren, Kurse und Dokumente auf bis zu 50.000 Franken. Dadurch entsteht ein Nebeneffekt: Wer Geld hat, kann sich eher einbürgern lassen. Wer nicht, bleibt außen vor, auch dann, wenn Integration längst gelebt wird.
Redaktion finanzen.net
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