Wie Moderna zum Pionier der mRNA-Technologie wurde
• Moderna erlebt innerhalb von 13 Jahren einen rasanten Aufstieg
• Geschichte beginnt bereits 2005 an der Stanford University
• Moderna fährt aufgrund von COVID-19 ersten Quartalsgewinn der Unternehmensgeschichte ein
Postdoktorand der Stanford University ebnet den Weg für Moderna
Die Geschichte von Moderna beginnt bereits im Jahre 2005 an der Stanford University. Dort stieß der 39-jährige Stammzellbiologe und Postdoktorand Derrick Rossi auf eine wissenschaftliche Abhandlung der ungarischen Biochemikerin Katalin Karikó über RNA-vermittelte Immunaktivierung, verfasst gemeinsam mit dem US-Immunologen Drew Weissman. Rossi erkannte sofort das bahnbrechende Potenzial dieser neuen Technologie. Jahre später sagte er dem Wissenschaftsmagazin STAT zufolge, Karikó und Weissman hätten den Chemie-Nobelpreis verdient. (Tatsächlich wurden Karikó und Weissman 2023 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.) Als Rossi 2007 eine Assistenzprofessur an der Harvard Medical School erhielt, forschte er zunächst nicht an Impfstoffen, sondern daran, ob Boten-RNA der Schlüssel zur Erzeugung embryonaler Stammzellen sein könnte. Sein Ziel war es, über solche Zellen Krankheiten wie Parkinson oder Rückenmarksverletzungen zu heilen. Damit hoffte er zugleich ein ethisches Dilemma zu lösen, denn embryonale Stammzellen stammen meist aus abgetriebenen Embryonen.
Rossi programmierte daher adulte Zellen so um, dass sie sich wie embryonale Stammzellen verhielten. 2009 gelang ihm der Durchbruch: Unter seinem Mikroskop entdeckte er eine Platte von Zellen genau der Art, die er erzeugen wollte. Dieser Erfolg ebnete den Weg zur Unternehmensgründung.
2010: Moderna wird gegründet
Nach Rossis Durchbruch wandte er sich an seinen Kollegen Timothy Springer, Professor an der Harvard Medical School und Biotech-Unternehmer. Springer erkannte das kommerzielle Potenzial und zog den MIT-Biomedizintechnik-Professor Robert Langer hinzu. Laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes investierte Springer 5 Millionen US-Dollar in das neue Unternehmen "ModeRNA Therapeutics". Neben Rossi, Springer und Langer gehörten auch der Risikokapitalgeber Noubar Afeyan und der Kardiologe Kenneth Chien zu den Mitgründern. 2011 begann das junge Unternehmen mit der Entwicklung von mRNA-Arzneien, und Stéphane Bancel übernahm als Gründungs-CEO die Führung. Profite gab es zunächst keine. Dennoch expandierte Moderna 2014 und eröffnete neue Hauptquartiere und Labore in Cambridge, Massachusetts.
Interne Streitigkeiten führten jedoch zu Rückschlägen: Gründer Derrick Rossi verließ das Unternehmen nach Unstimmigkeiten mit Langer und Afeyan. Rossi warf ihnen vor, den "Mythos" zu verbreiten, er habe das volle Potenzial seiner Entdeckung nicht erkannt, während Langer entgegnete, Rossi habe zwar Wichtiges entdeckt, sich aber zu sehr auf Stammzellen konzentriert. Im November 2017 erzielte Moderna einen weiteren wissenschaftlichen Meilenstein. Mitarbeiter fanden heraus, dass mRNA ein sehr instabiles Molekül ist und deshalb schützende Transportsysteme benötigt, um im Körper zu wirken. Die Forschung zahlte sich aus: 2017 testete Moderna erstmals einen eigenen Wirkstoff an Menschen - den Kombinationsimpfstoff mRNA-1653 gegen zwei Atemwegsviren (hMPV und Parainfluenza). 2018 folgte dann der bis dahin größte Börsengang der Biotech-Geschichte. Moderna eröffnete zugleich ein klinisches Entwicklungszentrum in Norwood und benannte sich von "ModeRNA Therapeutics" in das heutige "Moderna" um. Der Name setzt sich aus "modified RNA" zusammen, wie die Firmenwebseite erklärt.
Moderna schafft ersten Quartalsgewinn der Unternehmensgeschichte
Bis 2020 hatte Moderna zwar zahlreiche vielversprechende Projekte, aber noch kein Produkt auf dem Markt. Dementsprechend häufte das Unternehmen bis dahin Verluste von rund 1,7 Milliarden US-Dollar an, wie die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) berichtete. Doch mit Ausbruch von COVID-19 wurde Moderna zu einem Vorreiter der Impfstoffforschung. Durch frühe Partnerschaften mit Pharmakonzernen wie Merck, Astra Zeneca und Vertex, sowie durch Vorverkaufsverträge mit verschiedenen Staaten verfügte Moderna schließlich - Stand: Mitte 2020 - laut der NZZ über liquide Mittel in Höhe von 4 Milliarden US-Dollar. In den ersten neun Monaten 2020 erzielte Moderna lediglich 46 Millionen US-Dollar Umsatz - nicht einmal genug, um die Verwaltungskosten zu decken. Allein für Forschung und Entwicklung gab Moderna in diesem Zeitraum 378 Millionen US-Dollar aus. Doch dank ausreichender Finanzreserven und der Aussicht auf einen wirksamen Impfstoff überstand das Unternehmen diese Phase. Ende 2020 empfahl die US-Gesundheitsbehörde CDC den Einsatz des Moderna-Impfstoffs ab 18 Jahren. Bereits im ersten Quartal 2021 schrieb Moderna dann erstmals schwarze Zahlen. Mit dem globalen Impfprogramm stieg Moderna in neue Dimensionen auf. Bis Mai 2022 wurden in Deutschland mehr als 30,5 Millionen Menschen mindestens einmal mit Modernas Vakzin geimpft. Weltweit lieferte das Unternehmen bis Ende 2021 insgesamt 807 Millionen Dosen seines COVID-19-Impfstoffs aus. Rund 25 Prozent davon gingen an Länder mit niedrigem oder mittlerem Einkommen - teils direkt, teils über internationale Spendenprogramme. 2021 erzielte Moderna einen Jahresumsatz von 17,7 Milliarden US-Dollar und einen Nettogewinn von 12,2 Milliarden US-Dollar. Im Folgejahr 2022 stiegen die Erlöse sogar auf 19,3 Milliarden US-Dollar, bevor die Impfstoffnachfrage 2023 deutlich nachließ.
Modernas neue Produktionsstätte in Laval bei Montreal, die Teil einer zehnjährigen Partnerschaft mit der kanadischen Bundesregierung und der Provinz Québec ist, sollte ursprünglich ab 2024 bis zu 100 Millionen Impfdosen pro Jahr produzieren. Tatsächlich wurde das hochmoderne Werk Anfang 2024 fertiggestellt. Es erhielt im September 2024 die Herstellungslizenz der kanadischen Behörden, sodass dort ab 2025 mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19, RSV und Grippe produziert werden können. Auch in Kanada unterstreicht Moderna damit sein langfristiges Engagement für die Impfstoffversorgung im eigenen Land. Parallel dazu ging Moderna 2022 eine Kooperation mit der Universität Toronto ein, um gemeinsam neue Mittel zur Prävention und Behandlung von Infektionskrankheiten zu entwickeln - etwa in Molekulargenetik, Biomedizintechnik und Biochemie.
Diversifizierung: mRNA jenseits von COVID-19
Nach dem Ende der akuten Pandemie hat Moderna seinen Fokus deutlich erweitert: Neben COVID-19 konzentriert sich das Unternehmen inzwischen auf neue mRNA-basierte Impfstoffe - etwa gegen Krebs, RSV, Grippe und Cytomegalovirus (CMV).
Diese Fortschritt in der Produktentwicklung markieren einen bedeutenden Schritt in der Diversifizierung des mRNA-Portfolios und untermauern Modernas Anspruch, auch langfristig eine führende Rolle im Bereich innovativer Impfstoffe zu spielen.
Redaktion finanzen.net
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