Frankreichs Premierminister Lecornu tritt zurück - Le Maire will mit Rückzug Politikkrise in Paris entschärfen

06.10.2025 20:59:00

Frankreichs neuer Premierminister Sébastien Lecornu ist nach nur vier Wochen im Amt überraschend zurückgetreten.

Der Premier habe seinen Rücktritt bei Präsident Emmanuel Macron eingereicht und dieser habe ihn angenommen, teilte der Élysée-Palast mit.

Erst am Vorabend hatte Lecornu die Verteilung der Schlüsselressorts in der künftigen Regierung bekanntgemacht und damit die Konservativen gegen sich aufgebracht, die prompt mit einem Rückzug aus der Regierung drohten. In der Mitte-Rechts-Koalition regierten die Républicains bislang mit dem Mitte-Bündnis von Präsident Emmanuel Macron. Die Regierung hatte im Parlament aber keine Mehrheit, ebenso wenig wie das linke und national-rechte Lager.

Konservative drohten mit Rückzug aus Regierung

Der in seinem Amt bestätigte Innenminister und Républicain-Vorsitzende Bruno Retailleau hatte sich noch am Sonntagabend unzufrieden über die Zusammensetzung der neuen Regierung geäußert und eine Krisensitzung seiner Partei für diesen Montag angekündigt. Noch vor Start dieser Sitzung trat der Premier, der aus dem Präsidentenlager stammt, zurück.

Retailleau hatte zuvor ein Drittel der Ministerposten für seine Partei verlangt und war über die Rolle und das Gewicht der Konservativen in der neuen Regierung unzufrieden, wie Medien unter Verweis auf Parteiverantwortliche berichteten. Für Empörung bei den Konservativen sorgte demnach auch, dass der 2024 ausgeschiedene langjährige Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire, der der Mitte-Partei von Macron angehört, überraschend zum Verteidigungsminister bestimmt wurde.

Lecornu warf den Parteien im zerstrittenen Parlament nach seinem Rücktritt vor, das Land politisch zu blockieren. "Die politischen Parteien nehmen weiterhin eine Haltung ein, als hätten sie alle die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung", sagte Lecornu. "Und im Grunde befand ich mich in einer Situation, in der ich zu Kompromissen bereit war, aber jede politische Partei will, dass die andere politische Partei ihr gesamtes Programm übernimmt", so Lecornu in einer Stellungnahme vor dem Regierungssitz.

Der zurückgetretene Premier beklagte außerdem ein Gerangel der Parteien um Posten bei der Regierungsbildung, das unmittelbarer Auslöser seines Rücktritts war.

Frankreich steckt in Haushaltskrise

Frankreich befindet sich nun in einer schweren politischen Krise, die Präsident Macron massiv unter Druck setzt. Er ist jetzt gezwungen, zum dritten Mal binnen zwölf Monaten auf die Suche nach einem neuen Premierminister zu gehen. Allerdings kann er auch das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen. Die Vorgängerregierung unter François Bayrou stürzte bei einer Vertrauensfrage im Streit um den geplanten Sparhaushalt. Das Land hat mit rund 3,3 Billionen Euro die höchsten Schulden in der Europäischen Union.

Aus der Opposition kam prompt der Ruf nach Neuwahlen und einem Rücktritt von Macron. "Wir sind am Ende des Weges angekommen", sagte die Anführerin von Frankreichs Rechtsnationalen, Marine Le Pen. "Die Franzosen sind diese Situation satt." Neuwahlen seien der einzige Weg. "Wir befinden uns in einer Sackgasse. Solange wir zögern, das Kernproblem anzugehen, wird sich alles nur noch verschlimmern", sagte Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon.

Präsident Macron, dessen Amt von der Regierung unabhängig ist, hatte einen Rücktritt vor Ende seiner Amtszeit im Frühjahr 2027 bisher kategorisch ausgeschlossen. Zu der mit dem Rücktritt des Premiers entstandenen Zwangslage äußerte er sich zunächst nicht öffentlich.

Le Maire will mit Rückzug Politikkrise in Paris entschärfen

Frankreichs ehemaliger Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire verzichtet auf seine Ernennung zum Verteidigungsminister, um damit einen Ausweg aus der politischen Krise in Paris zu ermöglichen. Er habe Präsident Emmanuel Macron angeboten, sich unverzüglich aus der Regierung zurückzuziehen, und der Präsident habe seinen Vorschlag angenommen, schrieb Le Maire am Nachmittag auf X. "Ich hoffe, dass diese Entscheidung die Wiederaufnahme der Gespräche zur Bildung einer neuen Regierung ermöglicht, die Frankreich braucht."

Frankreichs neuer Premierminister Sébastien Lecornu war am Morgen nach nur vier Wochen im Amt zurückgetreten, nachdem die konservativen Républicains mit einem Rückzug aus der Regierung gedroht hatten. Der Chef der Konservativen, Bruno Retailleau, hatte am Sonntagabend empört auf die Ernennung von Le Maire reagiert, der dem Präsidentenlager angehört. Retailleau äußerte sich über die Rolle und das Gewicht der Konservativen in der neuen Regierung unzufrieden. Lecornu warf er laut Medienberichten vor, ihm die geplante Ernennung von Le Maire verschwiegen zu haben.

Le Maire wegen massiver Verschuldung in Kritik

Le Maire war von 2017 bis 2024 Wirtschafts- und Finanzminister und setzte sich insbesondere während der Corona-Epidemie und der Energiekrise für einen Kurs ein, der Wirtschaft und Bevölkerung vor harten Belastungen schützte. Allerdings stieg Frankreichs Staatsverschuldung während seiner Amtszeit um 1.000 Milliarden Euro an. Auch deshalb stieß seine erneute Ernennung in ein Ministeramt auf viel Kritik, nicht nur bei den Konservativen.

Ob der Rückzug von Le Maire die Politikkrise entspannen kann, ist noch offen. Präsident Macron empfing den am Morgen zurückgetretenen Premier Lecornu am Nachmittag erneut im Élysée-Palast. Zum Gegenstand der Gespräche der beiden drang zunächst nichts nach draußen. Möglicherweise soll Lecornu dazu bewegt werden, als Premierminister weiterzumachen.

Zurückgetretener Premier soll in Paris Weg aus Krise finden

Nach dem Rücktritt von Frankreichs Premier Sébastien Lecornu hat Präsident Emmanuel Macron den weiterhin amtierenden Regierungschef beauftragt, bis Mittwochabend über einen Ausweg aus der politischen Krise zu verhandeln. Der massiv unter Druck geratene Macron verschafft sich damit Luft bis zu einer Entscheidung über die Ernennung eines neuen Premiers oder alternativ ein Auflösen des Parlaments mit anschließenden Neuwahlen.

Der Präsident habe Lecornu, "dem zurückgetretenen Premierminister, der weiterhin die laufenden Geschäfte führt, die Verantwortung übertragen, bis Mittwochabend letzte Verhandlungen zu führen", um eine Grundlage und Maßnahmen für eine Stabilität des Landes zu definieren, teilte der Élysée-Palast mit.

Lecornu will nicht wieder antreten

"Auf Ersuchen des Präsidenten habe ich mich bereit erklärt, letzte Gespräche mit den politischen Kräften zu führen, um die Stabilität des Landes zu gewährleisten", schrieb Lecornu, der erst vor vier Wochen sein Amt angetreten hatte, auf X. "Ich werde dem Staatschef am Mittwochabend mitteilen, ob dies möglich ist oder nicht, damit er alle notwendigen Schlussfolgerungen daraus ziehen kann." Selbst wolle er nicht erneut zum Premier ernannt werden, sagte Lecornu dem Präsidenten, wie die Zeitung "Le Figaro" und andere französische Medien berichteten.

Aus dem Umfeld des Präsidenten hieß es nach Angaben des "Figaro", dass Macron "seine Verantwortung übernehmen" werde, wenn Lecornus letzte Verhandlungen scheitern. Einen Rücktritt hatte Macron zwar auch vor kurzem noch ausgeschlossen, allerdings könnte er das Parlament auflösen und Neuwahlen anberaumen.

Rücktritt kam überraschend

Kurzzeit-Regierungschef Lecornu hatte sein Amt angetreten, nachdem die Mitte-Rechts-Regierung des vorherigen Premiers François Bayrou im Streit um einen Sparhaushalt gestürzt worden war. Der Rücktritt von Lecornu kam vollkommen überraschend nur einen halben Tag nach der Vorstellung des Kerns der neuen Regierungsmannschaft.

Der in seinem Amt bestätigte Innenminister und Républicain-Vorsitzende Bruno Retailleau hatte sich nach Bekanntwerden der neuen Kabinettszusammensetzung unzufrieden über die Rolle und das Gewicht der Konservativen geäußert. Er drohte mit einem Rückzug der Konservativen aus der Regierung und berief eine Krisensitzung seiner Partei ein. Noch vor Start dieser Sitzung trat der Premier, der aus dem Präsidentenlager stammt, zurück.

Gerade ernannter Minister zieht sich nach Kritik zurück

Um einen Ausweg aus der politischen Krise zu ermöglichen, verzichtete Frankreichs ehemaliger Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire auf seine Ernennung zum Verteidigungsminister. "Ich hoffe, dass diese Entscheidung die Wiederaufnahme der Gespräche zur Bildung einer neuen Regierung ermöglicht, die Frankreich braucht", schrieb Le Maire am Nachmittag auf X. Insbesondere seine Ernennung war bei den Konservativen auf viel Kritik gestoßen. Ob sein Rückzug allein aber die Politikkrise entspannen kann, ist offen.

Weder das Mitte-Bündnis von Macron noch das linke und rechte Lager haben in der französischen Nationalversammlung eine Mehrheit. Da die Bildung einer regierungsfähigen Koalition bislang nicht gelungen ist, steckt Frankreich bereits seit über einem Jahr in einer politischen Klemme. Dabei erfordert insbesondere die hohe Staatsverschuldung des Landes, dass die Parteien an einem Strang ziehen und sich über einen Sparkurs verständigen.

PARIS (dpa-AFX)

Bildquelle: connel / Shutterstock.com

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