Rheinmetall-Aktie pausiert Rekordrally: Ukraine-Krieg und Trump-Wende befeuern auch HENSOLDT & RENK nur kurz
• Rheinmetall-Aktie nähert sich ihrem bisherigen Höchststand
• Geopolitische Impulse und strategischer Richtungswechsel in den USA als Treiber
• Deutsche Rüstungswerte im Fokus
Globale Impulse verstärken Interesse an Rüstungstiteln
Mit der überraschenden Wende in der Politik der USA wächst wieder der Druck auf die Märkte, sich mit Verteidigungs- und Sicherheitswerten zu beschäftigen. In Washington mehren sich Signale, dass die strategische Ausrichtung zurück zu stärkerer militärischer Abschreckung gehen soll. Dies verschiebt die Gewichtung für Investoren - insbesondere in einem Umfeld mit geopolitischen Spannungen rund um den Ukraine-Krieg.
Zugleich sorgen Unsicherheiten in den Energiemärkten und eine insgesamt volatile Stimmung für eine verstärkte Fokussierung auf Titel, die als "sichere Häfen" in Krisenzeiten gelten könnten - darunter auch Rüstungsaktien.
USA hoffen auf Durchbruch im Gaza-Krieg mit 21-Punkte-Plan
Belastend wirken für den Rüstungssektor Entwicklungen im Nahen Osten: Die USA haben bei einem Treffen mit muslimischen Staatschefs in New York nach Angaben ihres Sondergesandten Steve Witkoff einen neuen Plan zur Beendigung des Gaza-Kriegs vorgelegt. "Wir haben unseren sogenannten Trump-21-Punkte-Plan für Frieden im Nahen Osten vorgestellt", sagte Witkoff US-Medienberichten zufolge am Mittwoch (Ortszeit) in New York.
Das Treffen, das bereits am Dienstag stattgefunden habe, sei "sehr produktiv" gewesen. "Wir sind hoffnungsvoll, ich würde sogar sagen zuversichtlich, dass wir in den kommenden Tagen eine Art Durchbruch verkünden können". Medienberichten zufolge nahmen an den Beratungen neben Witkoff und US-Präsident Donald Trump Vertreter Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate, Ägyptens, Jordaniens, der Türkei, Indonesiens und Pakistans teil. Am Mittwoch habe ein weiteres Treffen der Staatschefs mit US-Außenminister Marco Rubio stattgefunden.
Wie sieht der neue Plan aus?
Der 21-Punkte-Plan berücksichtigt nach Angaben Witkoffs sowohl die Interessen Israels als auch die seiner Nachbarstaaten. Wie US-Medien unter Berufung auf Regierungskreise berichteten, umfasst er eine Reihe von Forderungen, darunter eine dauerhafte Waffenruhe, die Freilassung der Geiseln, den schrittweisen Rückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen und einen Vorschlag für eine Regierung des Küstengebiets ohne Beteiligung der islamistischen Hamas.
Die arabischen Staaten hätten bei dem Treffen Unterstützung für den Plan signalisiert, aber auch zusätzliche Forderungen unterbreitet, berichteten US-Medien unter Berufung auf mit den Gesprächen vertraute Diplomaten. Dazu gehöre unter anderem der Verzicht Israels auf die Annexion von Teilen des Westjordanlands oder des Gazastreifens, die Beibehaltung des Status quo in Jerusalem und verstärkte humanitäre Hilfe für den Gazastreifen.
Trumps letzter Vorschlag stieß auf Kritik
Auch europäischen Regierungen sei der Plan bereits vorgelegt worden, berichtete der Sender CNN. Der Plan könnte am Donnerstag Thema bei einem Treffen zwischen Trump und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan werden. Am kommenden Montag will Trump dann Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Weißen Haus empfangen.
In vergangenen Monaten waren verschiedene Vorschläge im Gespräch zur Frage, wie der Gazastreifen nach einem möglichen Kriegsende gesichert und verwaltet werden soll. Trump hatte zuvor die Idee ins Spiel gebracht, die Kontrolle über das Gebiet zu übernehmen und die palästinensische Bevölkerung in Drittländer umzusiedeln, um Gaza in eine "Riviera des Nahen Ostens" zu verwandeln. Der Vorschlag stieß auf heftige Kritik.
Ende des Kriegs bislang nicht greifbar
Eine Waffenruhe oder gar ein Ende der Kämpfe zwischen Israel und der islamistischen Hamas in Gaza scheinen derzeit in weiter Ferne. Palästinensische Vertreter drängen auf einen Wiederaufbau des Gazastreifens unter eigener Verwaltung. Israel will im Gazastreifen nach eigenen Angaben die Hamas zerschlagen und strebt die Einrichtung einer alternativen Zivilverwaltung an, die Israel nicht bedroht.
Rheinmetall baut neue Munitionsfabrik in Lettland
Rheinmetall plant eine neue Munitionsfabrik in Lettland. Die Premierministerin des baltischen Staats, Evika Silina, und Rheinmetall-Chef Armin Pappberger unterzeichneten am Donnerstag in Hamburg eine entsprechende Absichtserklärung. Betrieben werden soll die Fabrik von einem Joint Venture aus Rheinmetall (51 Prozent) und der lettischen State Defence Corporation (49 Prozent). Produziert werden soll Artilleriemunition des Kalibers 155 Millimeter sowohl für die lettische Armee als auch für deren Partner und den Export.
Bis zu 80.000 Geschosse pro Jahr
Baubeginn der Fabrik soll im kommenden Frühjahr sein, so dass dann rund ein Jahr später mit der Produktion begonnen werden könnte, teilte Rheinmetall mit. Die Investitionen betragen laut Unternehmen rund 275 Millionen Euro. Die Produktionskapazität bezifferte Pappberger auf 60.000 bis 80.000 Geschosse pro Jahr. Es sei geplant, 150 neue Jobs zu schaffen. Die Fabrik sei in Konzeption und Größe vergleichbar mit der Munitionsfabrik im Nachbarland Litauen, deren Bau in wenigen Wochen begonnen werde.
Premierministerin Silina bezeichnete die Absichtserklärung als einen klaren Schritt zur Stärkung der Sicherheit und zur Entwicklung der Verteidigungsindustrie. "Durch die Partnerschaft mit Rheinmetall stärkt Lettland nicht nur seine nationale Verteidigung, sondern trägt auch zur Versorgungssicherheit in Europa bei, stärkt die Industriekapazität und fördert das Wirtschaftswachstum", erklärte Silina.
Rheinmetall baut derzeit 13 Fabriken parallel
Rheinmetallchef Pappberger sagte, sein Unternehmen baue derzeit 13 Fabriken parallel in ganz Europa. "Das ist ein Teil unseres Risikomanagements auf der einen Seite und auf der anderen Seite möchten wir natürlich auch, dass alle Länder partizipieren." Es sei wichtig, dass es unterschiedliche Werke gebe und gerade für Osteuropa und das Baltikum sei es entscheidend, auch eigene Kapazitäten zur Verteidigung zu haben.
Rheinmetall-Chef sieht gute Chancen für Blohm+Voss-Werft
Rheinmetall-Chef Armin Papperger sieht gute Zeiten auf die Blohm+Voss-Werft im Hamburger Hafen zukommen. Es gebe ein erhebliches Potenzial für die Werften in Deutschland und natürlich auch für den Standort Hamburg, sagte Papperger in Hamburg am Rande der Unterzeichnung einer Absichtserklärung für den Bau einer Munitionsfabrik in Lettland. "In allen Standorten, wo wir bisher eingestiegen sind, haben wir das Personal deutlich erhöht."
Deutschlands größter Rüstungskonzern hatte sich Mitte des Monats mit der Bremer Werftengruppe Lürssen auf einen Kauf ihrer Militärsparte NVL geeinigt, dazu zählt auch Blohm+Voss in Hamburg. Vorbehaltlich der Genehmigung durch die Kartellbehörden ist die Übernahme für Anfang 2026 geplant. Zum Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart, angesichts der Milliardenumsätze beider Firmen dürfte aber eine gewaltige Summe an die Lürssen-Eigner fließen.
"Ich bin der festen Überzeugung, dass das sehr positiv für den Standort hier in Hamburg sein wird", sagte Papperger. Rheinmetall habe derzeit etwa 40.000 Beschäftigte. "Wir wollen auf 70. 000 Beschäftigte hochlaufen und dafür brauchen wir auch Kapazitäten." Und die Werften seien ein Bereich, wo das möglich sei. Das Unternehmen habe momentan einen Auftragsbestand von rund 65 Milliarden Euro. Papperger geht davon aus, dass sich das binnen kurzer Zeit verdoppeln werde.
"Wir müssen das abarbeiten. Dafür brauchen wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter", suchte der Konzernchef Sorgen von Hamburger Beschäftigten zu zerstreuen.
Rheinmetall-Aktie & Co. im Rampenlicht
Die deutsche Rüstungsindustrie steht damit wieder im Rampenlicht der Kapitalmärkte. Angeführt von Rheinmetall, dessen Aktie sich Mitte der Woche wieder auf Rekordniveau zubewegte, rücken Rüstungswerte stärker in das Blickfeld von Investoren.
Am heutigen Donnerstag geht es via XETRA allerdings wieder um 1,26 Prozent runter auf 1.953,50 Euro.
Auch RENK und HENSOLDT nur kurzzeitig stark
Neben Rheinmetall zeigen sich HENSOLDT und RENK nach den Aufwärtsbewegungen des Vortages tiefer. RENK-Aktien verlieren am Donnerstag um 0,56 Prozent auf 78,04 Euro.
HENSOLDT zeigte nur vorübergehende Stärke, verliert aber am Donnerstag ebenfalls 2,67 Prozent auf 102,00 Euro.
Aufwärtstrend intakt?
Analysten begründen den zeitweisen Rückenwind unter anderem mit der erwarteten Zunahme an Rüstungsausgaben in Europa, gestiegener Nachfrage nach militärischem Material und der Fähigkeit etwa von Rheinmetall, komplexe Lieferketten innerhalb relativ kurzer Zeit zu bedienen. Einige Experten sprechen von weiterem Aufwärtspotenzial, sofern politische Impulse und Beschaffungsprogramme in Kraft treten.
Gleichzeitig ist die Volatilität in diesem Segment nicht zu unterschätzen, weshalb Anleger die Entwicklungen genau beobachten sollten.
Redaktion finanzen.net / Dow Jones
Bildquelle: HENSOLDT