Salzgitter-Aktie sackt zweistellig ab: Salzgitter senkt Prognose nach Quartalsverlust
Auch in der zweiten Jahreshälfte sei noch keine spürbare Markterholung zu erwarten, teilte der Konkurrent von thyssenkrupp am Donnerstagabend überraschend mit. Das zweite Quartal fiel vorläufigen Berechnungen zufolge schwächer aus als von Analysten erwartet. Damit verschärft sich die Krise in der deutschen Stahlindustrie weiter.
Analysten zeigten sich über das Ausmaß der Prognosesenkung überrascht. Das revidierte operative Gewinnziel (Ebitda) des Stahlkonzerns liege rund 30 Prozent unter der Konsensschätzung, notierte Jefferies-Analyst Cole Hathorn. Bei den vorläufigen Halbjahreszahlen liege es etwa 40 Prozent unter den Erwartungen. Vor allem die Äußerungen zur zweiten Jahreshälfte dürften Anleger sauer aufstoßen, glaubt Analyst Dominic O'Kane von der Bank JPMorgan.
Das Papier hatte in den vergangenen Tagen einen Zickzackkurs hingelegt. Anleger hatten nach einer behördliche Zulassung eines Spezialstahls von Salzgitter für militärische Zwecke den Kurs jüngst binnen weniger Tage in der Spitze um mehr als 40 Prozent nach oben schnellen lassen. In der Folge nahmen Anleger dann Kursgewinne mit. Trotz der Korrektur liegt die Aktie im bisherigen Jahresverlauf rund 37 Prozent im Plus und liegt damit im oberen Mittelfeld der 70 SDAX-Titel.
Im laufenden Jahr dürfte der Umsatz nicht bei 9,5 bis 10 Milliarden Euro liegen, sondern nur bei 9,0 bis 9,5 Milliarden, hatte Salzgitter am Donnerstagabend mitgeteilt. Auch das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) dürfte mit 300 bis 400 Millionen Euro die bisherige Prognose von 350 bis 550 Millionen eher unterschreiten. Vor Steuern erwartet Salzgitter nun eher einen Verlust, das Minus könnte sich dabei auf bis zu 100 Millionen Euro belaufen. Im besten Fall geht der Konzern von einer schwarzen Null aus. Die alte Spanne lag bei plus bis minus 100 Millionen Euro.
Das zweite Quartal fiel enttäuschend aus. Der Außenumsatz sank um fast 12 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro. Das Ebitda sackte noch stärker von 107,3 auf 38,2 Millionen Euro ab. Der Verlust vor Steuern weitete sich auf 56,5 Millionen Euro aus. Vor einem Jahr hatte er bei 5,7 Millionen gelegen.
Bereits im ersten Quartal hatten ein schwaches konjunkturelles Umfeld und eine sinkende Stahlnachfrage auf die Ergebnisse gedrückt. Viele Industriekunden hielten sich auch wegen der US-Zollstreitigkeiten mit Investitionen zurück. Hohe Energiepreise sowie Billigimporte aus Asien belasten zusätzlich. Angesichts der schwachen Entwicklung hatte Salzgitter sein laufendes Sparprogramm zuletzt deutlich verschärft.
Salzgitter steht damit nicht allein. Auch Deutschlands größter Hersteller Thyssenkrupp hat für seine Stahlsparte ein Sparprogramm aufgelegt, das einen deutlichen Abbau der Kapazitäten und tausende Stellenstreichungen umfasst. Beide Unternehmen müssen zudem hohe Investitionen für die Dekarbonisierung der energiefressenden Stahlherstellung stemmen. Angesichts der schlechten Lage hat Europas Nummer 1, ArcelorMittal, ihre Milliarden-Pläne für die Umrüstung ihrer Werke in Deutschland auf "grünen Stahl" gestoppt.
JPMorgan belässt Salzgitter auf 'Underweight' - Ziel 18,40 Euro
Die US-Bank JPMorgan hat Salzgitter nach Zahlen und einer Ausblicksenkung auf "Underweight" mit einem Kursziel von 18,40 Euro belassen. Die erste Gewinnwarnung im europäischen Stahlsektor dürfte die Konsensschätzung für das diesjährige operative Ergebnis (Ebitda) um mehr als 30 Prozent sinken lassen, schrieb Dominic O'Kane in einer am Donnerstag vorliegenden Reaktion. Die vorläufige Kennziffer für das vergangene Quartal sieht er sogar noch deutlicher unter den Erwartungen. Dass Salzgitter im zweiten Halbjahr keine nennenswerte Markterholung erwarte, könnte die Aktie am Freitag um rund 10 Prozent absacken lassen.
So reagiert die Salzgitter-Aktie
Nach einer Senkung der Geschäftsziele für 2025 ist aus den Aktien der Salzgitter AG die jüngst aufgekommene Rüstungsfantasie erst einmal wieder raus. Der Aktienkurs brach am Freitag via XETRA letztlich um 20,81 Prozent auf 20,78 Euro ein. Der Stahlkocher kappte infolge eines schwachen zweiten Quartals die Prognosen für das Gesamtjahr. Auch in der zweiten Jahreshälfte sei noch keine spürbare Markterholung zu erwarten, mahnte das Unternehmen.
Vor allem die Äußerungen zur zweiten Jahreshälfte dürften Anleger sauer aufstoßen, glaubt Analyst Dominic O'Kane von der Bank JPMorgan. Er rechnet damit, dass die Markterwartungen für das operative Ergebnis (Ebitda) 2025 nun um mehr als 30 Prozent sinken dürften.
Mit dem Kurseinbruch am Freitag sind die Salzgitter-Papiere auf das Niveau von Anfang Juli zurückgefallen - bevor die Bundeswehr dem Unternehmen eine Zulassung für Panzerstahl gegeben hatte. Die damit verbundene Rüstungsfantasie hatte den Aktienkurs zwischenzeitlich fast bis auf 30 Euro und damit auf den höchsten Stand seit fast zwei Jahren nach oben getrieben. Trotz des Rückschlags liegt die Aktie 2025 mit einem Kursplus von rund 38 Prozent noch im vorderen Drittel des Nebenwerteindex SDAX.
Im Sog von Salzgitter verloren am Freitag thyssenkrupp gut drei Prozent und ArcelorMittal gaben um mehr als ein Prozent nach.
Nach der Senkung des Ausblicks wiederholte indes Analyst Cole Hathorn vom Investmenthaus Jefferies seine frühere Einschätzung, dass der Kurssprung infolge der Panzerstahlzulassung ohnehin übertrieben gewesen sei. Das Unternehmen könnte zwar von der wachsenden Nachfrage nach Wehrtechnik und damit nach recht profitablen Spezialstahl profitieren, allerdings sei das Geschäftsvolumen aktuell mit weniger als einem Prozent des Konzernerlöses sehr niedrig.
SALZGITTER/NEW YORK (dpa-AFX)
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