Nach Verhandlungen: Putin informiert Trump über angeblichen Angriff durch Kiew - Selenskyj dementiert

29.12.2025 21:21:38

Der russische Präsident Wladimir Putin will seine Position bei den Verhandlungen mit US-Präsident Donald Trump über ein Kriegsende in der Ukraine wegen eines angeblichen Terroranschlags Kiews überarbeiten.

Der Kremlchef habe Trump darüber bei einem Telefonat informiert, nachdem es einen versuchten Drohnenangriff der Ukraine gegen seine Präsidentenresidenz im Gebiet Nowgorod gegeben habe, sagte Putins außenpolitischer Berater, Juri Uschakow. Der Kreml hoffe auf Verständnis der USA, dass Russland nun seine Position bei den Verhandlungen überdenke.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wies die Anschuldigungen Russlands, die Ukraine habe Putins Residenz angegriffen, gleich in mehreren Posts in den sozialen Netzwerken als Lüge zurück.

Laut russischen Medien handelt es sich um Putins Waldai-Residenz, die im Gebiet Nowgorod zwischen Moskau und St. Petersburg liegt. Dort soll Putin oft seine Wochenenden mit der Familie verbringen. Sein Privatleben aber hütet der Kreml wie ein Staatsgeheimnis. Uschakow nannte weder den Namen der Residenz noch machte er Angaben dazu, ob sich Putin dort aufgehalten hatte in der Nacht zum Montag.

Für den russischen Präsidenten stehen in vielen Teilen des flächenmäßig größten Landes der Erde Residenzen zur Verfügung. Außerhalb Moskaus hält sich Putin etwa immer wieder auch in St. Petersburg auf und in Sotschi am Schwarzen Meer.

Angeblich 91 Drohnen auf dem Weg zur Residenz zerstört

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte zuerst am Montag den versuchten "Terroranschlag" öffentlich gemacht. Er sprach von 91 ukrainischen Drohnen mit größerer Reichweite, die Russlands Flugabwehr abgeschossen habe. Über Schäden oder Verletzte war nach Darstellung Lawrows nichts bekannt. Lawrow kündigte aber auch Vergeltungsschläge Moskaus in Kiew an. Details nannte er nicht.

Das russische Verteidigungsministerium teilte am Abend mit, dass die Drohnen über den Gebieten Brjansk, Smolensk und Nowgorod "neutralisiert" worden seien. Die Angaben waren von unabhängiger Seite nicht überprüfbar.

Trump sei "schockiert" gewesen von den Schilderungen Putins, behauptete Uschakow. "Angesichts des von Kiew ausgeübten Staatsterrorismus kann die russische Seite nicht anders handeln", betonte er mit Blick auf die Erklärung, dass Russland nun seine Position bei den Friedensverhandlungen auf den Prüfstand stelle. "Dies wurde sehr deutlich zum Ausdruck gebracht", sagte Uschakow. Zugleich habe Putin betont, "dass die russische Seite weiterhin eng und fruchtbar mit den amerikanischen Partnern zusammenarbeiten will, um Wege zum Frieden zu finden".

Trump: "Das ist nicht gut"

Trump bestätigte vor Journalisten, dass Putin ihn über den angeblichen Drohnenangriff informiert habe. Zunächst sagte der US-Präsident, er wisse darüber nichts, er habe aber davon gehört. "Das wäre sehr schade. Das wäre nicht gut." Kurz darauf konkretisierte Trump erneut darauf angesprochen, dass Putin ihm am Morgen (US-Ortszeit) gesagt habe, er sei angegriffen worden. "Das ist nicht gut."

Trump verwies in dem Zusammenhang darauf, dass er im Oktober keine Freigabe von Tomahawk-Waffen erteilt hatte, die die Ukraine erbeten hatte. Der Marschflugkörper hat eine hohe Reichweite und hätte die Ukraine in die Lage versetzen können, ihn bis tief in das russische Hinterland abzufeuern. Der US-Präsident sagte: Es sei eine Sache, offensiv zu sein, weil sie (Russland) offensiv gewesen seien. "Aber es ist eine andere Sache, sein Haus anzugreifen."

Selenskyj spricht mit Merz und wirft Russland Falschnachrichten vor

Selenskyj bezeichnete den von Putin behaupteten Drohnenangriff als Vorwand Moskaus, den Krieg fortsetzen und erneut auch Regierungsgebäude in Kiew angreifen zu wollen.

Selenskyj hatte am Sonntag mit Trump in den USA über eine Beendigung des Krieges verhandelt, ohne greifbares Ergebnis. "Es ist klar, dass wir gestern ein Treffen mit Trump hatten, und es ist klar, dass es für die Russen ein Misserfolg ist, wenn es keinen Skandal zwischen uns und Amerika gibt, sondern wir Fortschritte erzielen. Sie wollen diesen Krieg nicht beenden", sagte Selenskyj. Er forderte erneut Druck auf Russland, den Krieg zu beenden.

Er habe auch mit Kanzler Friedrich Merz (CDU) über die Verhandlungen in den USA gesprochen - und auch über die russischen Falschnachrichten von einem Drohnenangriff auf "irgendeine Residenz" Putins. "Putin muss sich daran gewöhnen, dass er den Krieg, die Angriffe und das Blutvergießen beenden muss. Die Ukraine tut alles, um Frieden zu schaffen", teilte Selenskyj nach seinem Telefonat mit Merz mit.

Die Ukraine wehrt sich immer wieder auch mit Drohnenangriffen auf russische Ziele gegen den Angriffskrieg Moskaus, der seit fast vier Jahren andauert. Der ukrainische Präsident hatte mit seiner Weihnachtsansprache in Russland Kritik ausgelöst mit einer Formulierung, dass die Ukrainer "seinen" Tod wünschten. Auch in der Ukraine hatten das viele so verstanden, dass Putin damit gemeint ist. Namentlich erwähnt hatte Selenskyj ihn aber nicht.

Kreml: Trump informierte Putin über Gespräch mit Selenskyj

Nach Darstellung Uschakows informierte Trump Putin über die Gespräche mit Selenskyj am Sonntag; die US-Seite habe Selenskyj darauf hingewiesen, dass "Kiew konkrete Schritte zur endgültigen Beilegung des Konflikts unternehmen müsse, anstatt sich hinter Forderungen nach einem vorübergehenden Waffenstillstand zu verstecken", sagte Uschakow. Russland lehnt einen Waffenstillstand ab, weil es nach eigenen Angaben verhindern will, dass die ukrainische Armee sich neu aufstellt und bewaffnet.

Selenskyj sei laut Trump empfohlen worden, "nicht einmal zu versuchen, eine Atempause für seine Streitkräfte zu erreichen, sondern sich auf das Erreichen einer umfassenden Vereinbarung zu konzentrieren, die zu einer wirklichen Beendigung des bewaffneten Konflikts führen würde", sagte Uschakow. Er kündigte an, dass Putin und Trump im Gespräch bleiben wollten.

Putin will Gebietshauptstadt Saporischschja einnehmen lassen

Die russische Armee rückt in der Ukraine nach Angaben der Militärführung in Moskau in den Gebieten Saporischschja und Donezk "sehr dynamisch" vor. Die russischen Truppen stünden bereits 15 Kilometer im Süden vor der Grenze der Gebietshauptstadt Saporischschja, teilten Militärs bei einer Sitzung mit Kremlchef Wladimir Putin mit. Putin sagte, dass die ukrainischen Streitkräfte sich zwar sehr lange auf eine Verteidigung vorbereitet hätten, aber die russische Armee erledige die Aufgabe der Einnahme Saporischschjas. Die Einheiten "Dnepr" und "Wostok" (Osten) sollten die Stadt gemeinsam einnehmen, sagte er.

Verteidigungsminister Andrej Beloussow sagte, alles laufe "sehr dynamisch" und nach Plan. "Tatsächlich haben wir im Dezember das maximale Tempo des Jahres erreicht", sagte er. Es werde derzeit mehr erreicht als vorgesehen.

Generalstabschef Waleri Gerassimow informierte Putin, dass im Gebiet Donezk nun Slowjansk als nächstes Ziel in Angriff genommen werde. Insgesamt liefen die Operationen zur vollständigen Einnahme der Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson gemäß den Planungen. Die russischen Truppen stießen tief in die Verteidigungsstellungen der ukrainischen Streitkräfte vor, sagte er.

Putin: Ukrainische Truppen ziehen sich zurück

"Die Truppen der Gruppierungen rücken sicher vor und durchbrechen die Verteidigungslinien des Gegners. Die Einheiten der ukrainischen Streitkräfte ziehen sich überall, entlang der gesamten Frontlinie, zurück", behauptete Putin. Von unabhängiger Seite sind die russischen Angaben nicht überprüfbar. Die ukrainischen Streitkräfte hatten zuletzt von Putin behauptete Eroberungen immer wieder als Lüge und Wunschdenken zurückgewiesen.

Russland führt seit bald vier Jahren seinen zerstörerischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Obwohl die Besatzer die vier annektierten Gebiete größtenteils erobert haben, fehlen ihnen überall Teile für die komplette Kontrolle. Eingenommen haben die Russen auch Teile der Gebiete Sumy, Charkiw und Dnipropetrowsk, auf die Putin bisher nicht offiziell Anspruch erhebt.

/mau/DP/nas

MOSKAU/KIEW (dpa-AFX)

Bildquelle: Photo Veterok / Shutterstock.com

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