Umschichtung: ETF-Anleger verlassen die USA und strömen nach Europa
• Donald Trump schreckt Anleger ab
• Kapitalströme verlagern sich aus den USA nach Europa
• DWS sieht eine "Normalisierung der Bewertungen"
Anleger hassen bekanntlich Unsicherheit - und US-Präsident Donald Trump liefert derzeit davon eine ganze Menge. Am 2. April, den er als "Liberation Day" anpries, verhängte der Republikaner Zölle gegen Importwaren vieler anderer Länder. Dabei ging er aggressiver vor als im Vorfeld weitgehend erwartet und löste quasi einen Handelskrieg aus. Zwar ruderte der 78-Jährige inzwischen teilweise wieder zurück, jedoch bleibt sein Handeln - Stichworte: Zollpause, Erleichterungen für bestimmte Länder und Produkte, höhere Zölle für Autoteile - völlig unvorhersehbar.
Nervös beobachten die Marktteilnehmer zudem Trumps Fehde mit US-Notenbank-Chef Jerome Powell. Während der US-Präsident nicht müde wird, niedrigere Zinsen zu fordern, beließ die Fed zuletzt ihre Geldpolitik unverändert, weil sie zunächst abwarten will, wie sich der von Trump angezettelte Zollkrieg auf die Inflation in den USA auswirkt. Trump reagiert darauf auf seine typische Art aggressiv und sprunghaft: Nachdem er zunächst auf seiner Plattform Truth Social erklärte, dass Powells Entlassung "nicht schnell genug" kommen könne, versicherte er den verschreckten Märkten, dass er gar "nicht die Absicht" habe, Powell zu feuern, nur um bei späterer Gelegenheit zu tönen, er selbst "verstehe viel mehr von Zinsen" als der Fed-Präsident. Mit seinen Attacken auf die Unabhängigkeit der Fed untergräbt Trump jedoch das Vertrauen in die Verlässlichkeit des US-Kapitalmarkts.
Flucht der ETF-Anleger
Die Reaktion der Anleger erfolgte prompt, sie wenden sich in Scharen vom US-Kapitalmarkt ab. Wie "finanzmarktwelt" unter Berufung auf Daten von Morningstar Direct berichtet, erlitten bereits in den ersten beiden Aprilwochen die von Amundi, UBS und State Street verwalteten US-Fonds auf Basis von Aktien-ETFs Mittelabflüsse in Höhe von sage und schreibe 3,9 Milliarden Euro. Profitieren konnten von dieser Entwicklung in erster Linie europäische Aktienfonds: So hätten BlackRock, Amundi und UBS hier Zuwächse von insgesamt 2,4 Milliarden Euro erzielt.
Investmentkunden hätten ihre Portfolios "massiv umgeschichtet" und in europäische Aktien und börsengehandelte Staatsanleihen investiert, wird ein Sprecher von Amundi, Europas größtem Vermögensverwalter, in diesem Zusammenhang zitiert. Die Richtung der Kapitalflüsse spiegele eine "breitere Neupositionierung des Marktes" infolge der Zollankündigungen wider, erläuterte er.
Umschichtungen nur eine Normalisierung?
Die beschriebenen Umschichtungen haben nach Meinung von Stefan Hoops eine "Normalisierung der Bewertungen" zur Folge. Denn "die Menschen sind viel weniger pessimistisch gegenüber Europa und weniger optimistisch gegenüber den USA", erläuterte der Vorstandsvorsitzende der Investmentgesellschaft DWS. "Die optimistische Stimmung gegenüber den USA und die pessimistische Stimmung gegenüber Europa waren wahrscheinlich übertrieben, und das kehrt sich nun bis zu einem gewissen Grad um", argumentiert Hoops.
Redaktion finanzen.net
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