Showdown im Handelskrieg: Brüssel warnt Trump vor Eskalation
Für Handelsfragen zuständige Minister der Mitgliedstaaten wollen am Montag in Brüssel beraten, wie es nach der Ankündigung aus Washington weitergehen soll.
Trump will Einfuhren aus der EU ab dem 1. August mit einem Zoll von 30 Prozent belasten. Eigentlich war nach wochenlangen Verhandlungen eine baldige Vereinbarung zur Entschärfung des Handelskonflikts erwartet worden.
Merz: US-Zölle würden deutsche Wirtschaft "ins Mark treffen"
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gibt die Hoffnung auf eine Einigung mit den USA noch nicht auf. Die zweieinhalb Wochen bis zum Stichtag 1. August müssten genutzt werden, um zu einer Lösung zu kommen, sagte er im ARD-"Sommerinterview". "Dafür engagiere ich mich wirklich intensiv." Er sei zwar wie der französische Präsident Emmanuel Macron für massive Gegenzölle, wenn es dabei bleiben sollte. "Aber nicht vor dem 1. August".
Der Kanzler warnte eindringlich vor den Folgen für die deutsche Wirtschaft, falls es nicht zu einer Einigung kommen sollte. "Wenn das käme, dann könnten wir große Teile unserer Anstrengungen um die Wirtschaftspolitik hinten anstellen. Denn das würde alles überlagern und würde die deutsche Exportwirtschaft ins Mark treffen", sagte Merz.
Deutschland als Exportnation besonders getroffen
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) teilte mit: "Es geht jetzt in der verbleibenden Zeit für die EU darum, pragmatisch eine Lösung mit den USA zu verhandeln, die sich auf die wesentlichen großen Konflikt-Punkte konzentriert." US-Sonderzölle würden laut Reiche nicht nur die exportierenden Unternehmen in Europa treffen, sondern auch spürbare wirtschaftliche Folgen für Wirtschaft und Verbraucher auf der anderen Seite des Atlantiks haben.
Auch Finanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil betonte, die Zölle bedrohten die amerikanische Wirtschaft mindestens genauso stark wie Unternehmen in Europa. Der SPD-Chef forderte eine Deeskalation auf beiden Seiten. "Niemand braucht jetzt neue Drohungen oder Provokationen. Sondern wir brauchen weiterhin ernsthafte und zielgerichtete Verhandlungen der EU mit den USA", sagte Klingbeil der "Süddeutschen Zeitung".
Allerdings machte Klingbeil für die Bundesregierung auch deutlich, dass sie nicht klein beigeben will. "Wenn eine faire Verhandlungslösung nicht gelingt, dann müssen wir entschlossene Gegenmaßnahmen treffen, um Arbeitsplätze und Unternehmen in Europa zu schützen."
Trump lässt Spielraum erkennen
EU-Ratspräsident António Costa kritisierte in sozialen Netzwerken: "Zölle sind Steuern. Sie heizen die Inflation an, schaffen Unsicherheit und hemmen das Wirtschaftswachstum." Die EU stehe geeint zusammen und sei bereit, ihre Interessen zu schützen, fügte der Portugiese hinzu.
Das sieht der Zollsatz vor
Der neue Zollsatz von 30 Prozent gilt demnach auf alle Waren, die die EU in die Vereinigten Staaten einführen möchte. Davon ausgenommen sind bestimmte Branchen, bei denen Trump andere Aufschläge verlangt. Bislang galten etwa für Auto und Autoteile sowie Stahl und Aluminium andere Sätze. Bislang belegen die USA importierte EU-Autos und -Autoteile mit einem Zollsatz von 25 Prozent, bei Stahl und Aluminiumeinfuhren sind es 50 Prozent.
Die Präsidentin des Auto-Branchenverbandes VDA, Hildegard Müller, kommentierte: "Die Kosten für unsere Unternehmen sind bereits im Milliarden-Bereich - und mit jedem Tag wächst die Summe."
Für Deutschland sind die USA der wichtigste Handelspartner. Mit seiner Zollpolitik will der Republikaner angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren und erreichen, dass mehr in den USA produziert wird. Im weltweiten Zollkonflikt hatte Trump zunächst eine Frist vom 9. Juli für neue Zölle gesetzt und diese dann vor wenigen Tagen auf den 1. August verlängert.
In den vergangenen Wochen hatten die USA mit vielen Ländern verhandelt. Zuletzt folgten Briefe an zahlreiche Länder mit neuen Zollbestimmungen. Die Höhe der zusätzlichen Gebühr für Einfuhren aus der EU liegt dabei im Mittelfeld.
EU: Trumps Zollpläne kommen einem Handelsverbot gleich
Die Umsetzung der von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zollerhöhungen hätte nach Einschätzung der EU-Kommission drastische Auswirkungen auf den transatlantischen Handel. Wenn Zölle in Höhe von 30 Prozent oder noch mehr in Kraft treten würden, wäre es nahezu unmöglich, den Handel in der gewohnten Form fortzuführen, sagte EU-Handelskommissar Maros Sefcovic am Randes eines Ministertreffens in Brüssel.
Es sei dann mit erheblichen negativen Auswirkungen auf beiden Seiten des Atlantiks zu rechnen. "Seien wir ehrlich: Ein Zollsatz von 30 Prozent käme einem faktischen Handelsverbot gleich", sagte Sefcovic.
Der EU-Handelskommissar betonte, dass er den Dialog mit den USA deswegen fortsetzen werde, um bis zum 1. August zu einer Verhandlungslösung zu kommen. Dies ist das Datum, für das Trump das Inkrafttreten eines 30-Prozent-Zolls auf Importe aus der EU angekündigt hat.
Sollte es keine Einigung geben, will die EU mit Gegenzöllen reagieren. Trump hat bereits angekündigt, diese dann noch zusätzlich auf seine eigenen Zölle aufzuschlagen.
Trump beklagt Handelsdefizit
Der Republikaner begründet seine Zollpolitik insbesondere mit dem US-Handelsdefizit. Nach jüngsten Zahlen des Statistikamts Eurostat verbuchte die EU im Warenhandel mit den USA 2024 tatsächlich einen deutlichen Überschuss in Höhe von rund 198 Milliarden Euro.
Im Dienstleistungsbereich hat die EU allerdings ein Handelsdefizit mit den Vereinigten Staaten, so dass sie nach eigenen Angaben in der Gesamtbilanz lediglich einen Überschuss von etwa 50 Milliarden Euro hat.
Im Jahr 2024 belief sich der gesamte transatlantische Handel mit Waren und Dienstleistungen nach EU-Zahlen auf rund 1,7 Billionen Euro. Damit hatten die Europäische Union und die Vereinigten Staaten zuletzt die umfassendsten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen der Welt.
Nach Trump-Brief: EU legt neue Liste für Gegenzölle vor
Die EU bereitet nach den neuen Zollankündigungen von US-Präsident Donald Trump zusätzliche Gegenzölle auf Importe aus den USA im Wert von 72 Milliarden Euro vor. Bei einem Handelsministertreffen in Brüssel habe es Einigkeit darüber gegeben, dass man für den Fall der Fälle gewappnet sein sollte, erklärte der zuständige EU-Kommissar Maros Sefcovic in einer Pressekonferenz.
Gleichzeitig machte er deutlich, dass sich die EU bis Anfang August weiter um eine Verhandlungslösung bemühen wird. Ab dann will Trump nach seiner Ankündigung vom vergangenen Samstag Zölle in Höhe von 30 Prozent auf Einfuhren aus der EU erheben.
Sefcovic warnte, dass die Umsetzung der Trump-Pläne drastische Auswirkungen auf den transatlantischen Handel haben würde. "Seien wir ehrlich: Ein Zollsatz von 30 Prozent käme einem faktischen Handelsverbot gleich", sagte er. Wenn er in Kraft treten sollte, sei mit erheblichen negativen Auswirkungen auf beiden Seiten des Atlantiks zu rechnen.
Liste umfasste zunächst Importe im Wert von 95 Milliarden Euro
Bei den Vorbereitungen für die Gegenmaßnahmen geht es um eine Liste mit Industrie- und Agrarerzeugnissen aus den USA, die von neuen Zöllen der EU betroffen sein sollen, falls die europäischen Bemühungen für eine gütliche Einigung scheitern. Sie wurde nach einer öffentlichen Konsultation zuletzt noch einmal etwas angepasst. Ursprünglich umfasste sie Importe aus den USA in die EU im Wert von sogar 95 Milliarden Euro.
Welche Produkte vorerst von der Liste gestrichen wurden, sagte Sefcovic bisher nicht. Er erklärte lediglich, dass sie nun noch einmal von den Mitgliedstaaten diskutiert werden kann. Auf der ersten Vorschlagsliste hatten auch symbolisch relevante US-Erzeugnisse wie Flugzeuge, Autos und Bourbon Whiskey gestanden.
Trump-Brief bringt "völlig andere Dynamik"
Über das Vorgehen von Trump äußerten sich bei dem Treffen sowohl Sefcovic als auch die derzeitige dänische EU-Ratspräsidentschaft schwer enttäuscht. "Wir haben wochenlang über eine Grundsatzvereinbarung verhandelt, und ich denke, wir waren fast am Ziel", sagte der EU-Kommissar. Trumps Brief bringe nun "eine völlig andere Dynamik".
Der dänische Außenminister Lars Løkke Rasmussen nannte Trumps Ankündigung in seiner Funktion als Vorsitzender des EU-Handelsrats "absolut inakzeptabel und ungerechtfertigt". Auch er machte deutlich, dass die USA im Fall einer Umsetzung ihrer Ankündigungen mit entschlossenen Gegenmaßnahmen rechnen müssen.
Bereits beschlossen sind Gegenzölle für den Fall, dass die vor Monaten eingeführten neuen Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte nicht wieder aufgehoben werden. Sie betreffen nach früheren EU-Angaben Ausfuhren der Vereinigten Staaten im Wert von insgesamt 21 Milliarden Euro und könnten zu den Zöllen auf die Exporte im Wert von 72 Milliarden Euro hinzukommen.
Zudem bereitete die EU-Kommission zuletzt auch Beschränkungen bestimmter EU-Exporte von Stahlschrott und chemischen Erzeugnissen in die USA im Wert von 4,4 Milliarden Euro vor. Und sie schließt ausdrücklich auch die Nutzung des neuen EU-Instruments gegen Zwangsmaßnahmen nicht aus. Mit diesem könnte zum Beispiel US-Unternehmen der Zugang zu öffentlichen Aufträgen in der EU versperrt werden.
Drohender Handelskrieg
Zu den weiteren Verhandlungen sagte Sefcovic, er habe trotz des Briefes von Trump das Gefühl, dass auch seine US-amerikanischen Gesprächspartner bereit zu weiteren Verhandlungen seien. Er sei hundertprozentig überzeugt, dass eine Verhandlungslösung viel besser sei als die Spannungen, die im Fall einer weiteren Eskalation nach dem 1. August entstehen könnten, sagte Sefcovic: "Diese Sache wird sonst nicht gut ausgehen."
Als besonders verwundbar in einem Handelskrieg gilt die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft. Nach einer Analyse der Bundesbank ist fast jeder vierte Arbeitsplatz hierzulande vom Export abhängig, der bereits 2024 schrumpfte und nun wegen des Zollstreits mit den USA unter zusätzlichem Druck steht.
Öffentliche Äußerungen der Bundesregierung gab es am Montag beim Handelsministertreffen nicht. Die zuständige Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) ließ sich von Staatssekretär Thomas Steffen vertreten.
BRÜSSEL/BERLIN/WASHINGTON (dpa-AFX)
Bildquelle: Lightspring / Shutterstock.com, Win McNamee/Getty Images, JMiks / Shutterstock.com