Gerresheimer-Aktie dennoch fester: Gerresheimer gibt Umsatzwarnung aus
Und auch im Geschäft mit oral einzunehmenden flüssigen Medikamenten läuft es nicht rund. Die Düsseldorfer schraubten ihre Wachstumsziele für das laufende Jahr noch weiter zurück, wie sie am Donnerstag zusammen mit ihren Halbjahreszahlen mitteilten. Und auch in den kommenden Jahren dürfte das Wachstum schwächer ausfallen als bislang prognostiziert.
UBS-Analyst Olivier Calvet zeigte sich erleichtert, dass bei Gerresheimer keine weiteren negativen Faktoren aufgekommen sind. Sein Jefferies-Kollege James Vane-Tempest zeigte sich von der Kürzung der mittelfristigen Prognose nicht überrascht, nachdem die Geschäftsentwicklung schon zuletzt schwer einzuschätzen gewesen sei. Zudem lobte er die Quartalszahlen, die aus seiner Sicht über den Erwartungen lagen.
Gerresheimer-Chef Dietmar Siemssen zeigte sich derweil ernüchtert. Es sei kein einfaches Jahr für Gerresheimer, sagte der Manager. Das zweite Quartal sei "enttäuschend" gewesen. Er rechnet aber mit einem stärkeren zweiten Halbjahr und versprach, Abläufe zu optimieren und die Kosten zu senken. Klares Ziel sei es, 2026 einen positiven Barmittelfluss zu erreichen.
Für das laufende Jahr musste er nun seine Wachstumsambitionen noch weiter zurückschrauben. Auch in den kommenden Jahren dürfte das Geschäftswachstum schwächer ausfallen als bislang prognostiziert. Für das Geschäftsjahr 2025 bis Ende November rechnet Siemssen jetzt nur noch mit einer Erlösentwicklung aus eigener Kraft von stabil bis plus 2 Prozent. Seit der Gewinnwarnung Anfang Juni war er von 1 bis 2 Prozent Wachstum ausgegangen. An dem Ziel einer bereinigten operativen Gewinnmarge (Ebitda) von rund 20 Prozent hielt er fest.
Mittelfristig soll der Umsatz organisch um durchschnittlich 6 bis 9 Prozent pro Jahr zulegen. Bislang war Gerresheimer von 8 bis 10 Prozent Wachstum ausgegangen. Die bereinigte operative Gewinnmarge soll mittelfristig weiter bei 23 bis 25 Prozent liegen. Die mittelfristige Planung umfasst bei Gerresheimer das laufende sowie die kommenden vier Jahre.
Das Unternehmen hatte bereits vor gut einem Monat mitgeteilt, dass das laufende Geschäftsjahr bis Ende November schwächer ausfallen dürfte als zuvor prognostiziert. Dabei hatte Gerresheimer auch Eckdaten zum zweiten Quartal vorgelegt.
Der Umsatz stieg in den drei Monaten bis Ende Mai im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Fünftel auf knapp 601 Millionen Euro. Dabei gab besonders der Zukauf von Bormioli Pharma Schwung. Aus eigener Kraft fiel das Umsatzwachstum schwächer aus.
Vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Sondereffekten (bereiniges Ebitda) blieben rund 119 Millionen Euro und damit knapp 11 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Unterm Strich halbierte sich der auf die Aktionäre entfallene Gewinn nahezu auf rund 17 Millionen Euro - besonders wegen gestiegener Zinszahlungen.
Anfang Juni hatte der Gerresheimer-Vorstand auch mitgeteilt, die Dividende für das vergangene Geschäftsjahr wegen der trüben Geschäftsaussichten auf das gesetzliche Minimum zu kürzen. Wie das für das laufende Jahr aussieht, dazu wollten die Manager am Donnerstag nun keine Angaben machen. Dies werde Ende Februar 2026 mit der Vorlage der Gesamtjahreszahlen entschieden und mitgeteilt.
So reagierte die Gerresheimer-Aktie
Anleger von Gerresheimer haben die weitere Senkung der Wachstumsprognose am Donnerstag recht gut verdaut. Die Aktien des Herstellers von Spezialverpackungen waren am Morgen noch um bis zu 5,7 Prozent abgesackt, bevor sie sich schrittweise erholten und ins Plus drehten. Zwischenzeitlich waren sie auch über die 50-Euro-Marke geklettert, unter die sie nach einer Gewinnwarnung Anfang Juni gesackt waren.
Zum Handelsende stand bei den Papieren von Gerresheimer ein Gewinn von 4,47 Prozent auf 50,50 Euro zu Buche.
Die schwache Nachfrage im Kosmetikmarkt hat Gerresheimer in seinem zweiten Geschäftsquartal weiterhin belastet. Und auch im Geschäft mit oral einzunehmenden flüssigen Medikamenten läuft es momentan nicht rund.
Gerresheimer hatte vor gut einem Monat mitgeteilt, dass das laufende Geschäftsjahr (bis Ende November) schwächer ausfallen dürfte als zuvor prognostiziert und dabei Eckdaten für das zweite Quartal vorgelegt. Am Donnerstag nun senkte das Management seine Umsatzprognose noch etwas weiter, ebenso wie jene für die mittelfristige Perspektive.
Analysten zeigten sich derweil uneins, ob die Senkung der Wachstumsprognosen das erhoffte reinigende Gewitter war. Etwas zuversichtlich zumindest ist der Experte Ed Hall von der Investmentbank Stifel. Mit dem besseren zweiten Quartal bewege sich der Hersteller von Spezialverpackungen mit seinen jetzt realistischeren Zielen womöglich in die richtige Richtung. Es müsse 2025 aber noch einiges passieren hinsichtlich einer Beschleunigung im zweiten Halbjahr.
Skeptischer äußerte sich der Fachmann Christian Ehmann vom Analysehaus Warburg Research. Trotz allen Optimums des Managements bestätigten die Quartalszahlen den anhaltenden Gegenwind, in dem der Hersteller von Spezialverpackungen stehe. Der Bereich Containment-Lösungen rund um den Schutz von Produkten vor Kontaminationen bleibe eine Bremse für die Unternehmensentwicklung.
Aus charttechnischer Sicht bleibt das Bild getrübt. Seit dem Kursrutsch Anfang Juni notieren die Aktien unter der 50-Tage-Durchschnittslinie, die den mittelfristigen Trend beschriebt. Von der viel beachteten 200-Tage-Linie als Maß für die langfristige Entwicklung ist der Kurs deutlich entfernt.
Doch immerhin hat sich der Aktienkurs nach dem Mitte Juni bei 42,48 Euro erreichten, tiefsten Stand seit Ende 2014 erholt. Damit notieren Gerresheimer zumindest wieder auf der Höhe der 21-Tage-Linie, die die kurzfristige Entwicklung abbildet.
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DÜSSELDORF (dpa-AFX)
Bildquelle: Daniel Gebauer / Gerresheimer AG