thyssenkrupp-Aktie tiefer: Branche spürt zunehmend Druck aus Asien - thyssen-Chef: Konzernumbau ist keine 'Zerschlagung'
Während der Bedarf allenfalls leicht steigt, fahren asiatische Länder die Produktion deutlich hoch, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einem Bericht schreibt. "Die Auslastung könnte so erneut in Richtung 70 Prozent sinken, was selbst sehr wettbewerbsfähige Stahlhersteller unter enormen Druck setzt."
Laut OECD steigt die weltweite Produktion trotz gesunkener Preise bis Ende 2027 um 6,7 Prozent, was einem Zuwachs von 165 Millionen Tonnen entspricht. Zum Vergleich: Deutschlands größter Hersteller thyssenkrupp fertigt nach eigenen Angaben elf Millionen Tonnen Rohstahl pro Jahr. Die globalen Zuwächse gehen vor allem aufs Konto von China, Indien und anderen asiatischen Staaten.
Handelskonflikte könnten noch mehr Stahl nach Deutschland leiten
Derlei Überkapazitäten sind auf dem Stahlmarkt kein neues Problem: Die Stahlpreise fielen laut OECD auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren - wenngleich aktuell eine Talsohle erreicht zu sein scheint. So fehle den Unternehmen das Geld, das sie für den klimafreundlichen Umbau ihrer Produktion bräuchten. Hersteller in Europa fürchten zudem, wegen des eskalierenden Handelskonflikts zwischen China und den USA könnten noch mehr Exporte ihren Weg in die EU finden.
Die Fachleute der OECD kritisieren ungleiche Voraussetzungen in der Produktion: Staatliche Zuschüsse gebe es immer häufiger, vor allem in Asien und Nordafrika. Gerade in China werde Stahl zehnmal stärker subventioniert als in den OECD-Nationen. Zu ihnen gehören neben weiten Teilen Europas auch etwa die USA, Japan und Israel.
thyssenkrupp-Chef: Konzernumbau ist keine 'Zerschlagung'
Bei dem geplanten Umbau des Industriekonzerns thyssenkrupp in eine Holding mit fünf eigenständigen Unternehmen geht es nach Worten von Thyssenkrupp-Chef Miguel López "nicht um eine Zerschlagung". "Richtig ist: Wir wollen schrittweise alle Geschäftsbereiche von Thyssenkrupp verselbstständigen", sagte er in einem Interview der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ).
Bei sämtlichen Aktivitäten - Stahl ausgenommen - strebe man aber eine Mehrheitseigentümerschaft an. "Wir behalten also die Kontrolle", sagte López weiter. Für die Stahlsparte ist ein 50:50-Gemeinschaftsunternehmen mit dem tschechischen Konzern EPCG geplant.
Thyssenkrupp hatte am Montag bekanntgegeben, dass der Konzern - nach der Stahl- und der Marinesparte - in den kommenden Jahren auch die anderen drei übrigen Geschäftsfelder Autoteile, Werkstoffhandel und grüne Technologien eigenständig aufstellen und kapitalmarktfähig machen will.
Auch andere Unternehmen sollen sich beteiligen können. Mittelfristig solle die Thyssenkrupp AG eine strategische Konzernführungsgesellschaft mit eigenverantwortlichen Einheiten werden. Der Vorstand will das "Zukunftsmodell" genannte Konzept noch in diesem Jahr dem Aufsichtsrat vorstellen.
"Fünf Unternehmen schaffen, die wettbewerbsfähig sind"
"Ich will Thyssenkrupp stärken", sagte der Manager der WAZ. "Wir wollen fünf Unternehmen schaffen, die wettbewerbsfähig sind. So entsteht Wachstum. Indem wir unsere verschiedenen Geschäfte eigenständig aufstellen, gewinnen wir an Stärke."
Der Konzern verändere sich, so wie sich auch andere Unternehmen verändert haben, sagte er in dem Interview. "Es gibt viele gute Beispiele von Konzernen, die einen ähnlichen Ansatz wie wir bereits erfolgreich umgesetzt haben - Siemens, GE Aerospace oder Continental beispielsweise."
Man sei prinzipiell auch offen für Partnerschaften - "wenn wir uns dadurch verbessern und unsere Leistungsfähigkeit steigern können", so López. "Davon profitieren letztlich auch unsere Beschäftigten und unsere Aktionäre."
Via XETRA verliert die thyssenkrupp-Aktie am Dienstag zeitweise 1,96 Prozent auf 9,21 Euro.
PARIS/ESSEN (dpa-AFX)
Bildquelle: thyssenkrupp AG