Etikettenschwindel

Öl und Gas statt grüner Energie

01.09.09 14:14 Uhr

Aller grünen Werbung zum Trotz: Statt auf den Ausbau regenerativer Geschäfte, fokussieren sich die großen Ölkonzerne auf Öl und Gas – der Rendite wegen.

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von Oliver Ristau

Es war Mitte August nur eine kleine Meldung, und doch war sie exemplarisch: Der Ölkonzern Shell verkaufte seine letzte Solarbeteiligung. Dabei war Shell erst 2002 mit der Übernahme des früheren Weltmarktführers Siemens Solar in das Geschäft eingestiegen, um ein Global Player zu werden. Doch der Führung in Den Haag und London war das Geschäft zu fremd, und nach vier Jahren Verlust wurde es mit Ausnahme der kleinen Beteiligung an dem Solarkonzern SolarWorld verscherbelt. Als „Teil von Shells Strategie, sich auf alternative Energien zu konzentrieren, die den Kernkompetenzen entsprechen“, begründete Shell jetzt den finalen Abschied.

Damit bleibt von Shells regenerativem Engagement nur der Biospritbereich übrig. Doch auch dort sind die Erfolge spärlich. So bietet das Gemeinschaftsunternehmen Choren aus Freiberg (u. a. mit Daimler) trotz jahrelanger Forschung immer noch keinen synthetischen Biodiesel der neuen Generation an, der dem herkömmlichen Biosprit auf Futterpflanzenbasis technisch wie ökologisch überlegen ist. Lediglich zusammen mit dem kanadischen Partner Iogen gelang bisher ein Achtungserfolg. Autofahrer in Ottawa können an einer Shell-Tankstelle Benzin mit einer Biobeimischung von synthetisch hergestelltem Ethanol tanken.

Grüne Geschäfte sind für die internationalen Ölkonzerne nur von sehr marginalem Interesse. Ihr Beitrag zum Cashflow und Gewinn ist nahe null“, resümiert Dirk Hoozemans, Energiefondsmanager der niederländischen Investmentgesellschaft Robeco. „Für die Titelauswahl spielen diese Aktivitäten keine Rolle.“

Die Welt hat sich für die Ölkonzerne gewandelt. „Vor einigen Jahren sahen die Unternehmen auch aus PR-Gründen die Notwendigkeit, sich mehr für erneuerbare Energien zu engagieren“, sagt Björn Tore Urdal, Analyst der Sustainable Asset Management AG (SAM) aus Zürich. „Sie waren aber unschlüssig, welche Technologie die beste wäre.“ Seitdem ist die Beschaffung neuen Öls im Kerngeschäft deutlich schwieriger und kostspieliger geworden, die Investitionen stiegen entsprechend. „Die integrierten Ölkonzerne mussten sich erneut auf die Exploration und Förderung von Öl fokussieren. Investitionen in erneuerbare Energieformen habe damit an Priorität eingebüßt“, sagt Urdal. Zugleich sind die Renditen im Öl- und Gasgeschäft wegen der steigenden Preise kräftig angezogen und machen Investments für Sonne und Wind unattraktiv.

Nach Ansicht von BP wird es auch noch mehr als ein Jahrzehnt dauern, bis die Renditen im Alternativbusiness in die Nähe derer im Öl- und Gasgeschäft kommen können. „Wenn das unser kurzfristiges Ziel wäre, bräuchten wir gar nicht erst anzufangen“, sagt Ulrich Winkler, Pressechef der Deutschen BP. Vor 2015 erwartet BP allenfalls geringe Ergebnisbeiträge. Erst ab dann sollen die grünen Gewinne kräftiger sprudeln und damit das Geschäft bis 2030 zu einer tragenden Stütze des gesamten Konzerns werden lassen.

Kurzum, weder im Wind- noch im Biospritbereich verdient BP heute schon Geld. Zwar investierten die Briten 2008 mit 1,5 Milliarden Euro mehr als alle anderen Ölmultis in das grüne Geschäft. Für ein Unternehmen, das seinen Namen mit „beyond petroleum“ übersetzt, sind sieben Prozent der Gesamtinvestitionen des Konzerns allerdings nicht viel. Zumal die Ausgaben 2009 wieder um ein Drittel gekürzt wurden.

Immerhin „schreibt BP im Solargeschäft seit 2004 schwarze Zahlen“ wie Winkler versichert. Mit BP Solar waren die Briten tatsächlich schon im Geschäft, als es Firmen wie Q-Cells oder SolarWorld noch gar nicht gab.

BP wird trotz seiner momentanen Vorzeigeposition nach Meinung von Urdal nicht zwangsläufig auch in Zukunft vorn sein. Alle Ölmultis würden mit einiger Sicherheit ihre Investitionen und Forschungsausgaben in Zukunft erhöhen. „Es kann sein, dass in zehn Jahren ein Unternehmen bei erneuerbaren Energieformen führend ist, das heute noch gar nicht existiert.“ Wer auf die Nachhaltigkeit von Ölkonzernen setzen will, der müsse sich vor allem den Anteil und die Zukunftsplanungen für das Gasgeschäft ansehen. „Für ein Investment in erneuerbare Energieformen eignet sich die Ölindustrie nicht“, sagt der SAM-Analyst.

Paradebeispiel ist Branchenführer Exxon. Bis vor Kurzem hat das größte börsennotierte Unternehmen der Welt kaum einen Cent in grüne Alternativen investiert. Vor wenigen Wochen überraschte der US-Multi mit der Ankündigung, in den kommenden Jahren bis zu 600 Millionen Dollar in die Biokraftstoffgewinnung auf Algenbasis zu investieren, allerdings nur, wenn „die Etappenziele in Forschung und Entwicklung mit Erfolg erreicht werden.“ Doch selbst, wenn dieses Geld fließen sollte – im Vergleich zu dem Rekordgewinn 2008 von 45 Milliarden Dollar wären das nicht mehr als Peanuts.

Investment-Tipps lesen Sie auf der folgenden Seite.Worauf Ölkonzerne setzen: Neuer Biosprit aus England
Zusammen mit DuPont baut BP in Großbritannien die erste kommerzielle Fertigung für Biobutanol auf. Das ist ein höherwertiger, energiereicherer Alkohol als das sonst im Biokraftstoffbereich übliche Ethanol. Biobutanol kann mit bis zu zehn Prozent dem Benzin zugesetzt werden, ohne dass Motoren dafür umgerüstet werden müssen oder gar geschädigt werden. Vermischt man es mit Ethanol, wird dadurch der Dampfdruck und die Wasserabsorption von Ethanol herabgesetzt – zwei Faktoren, die bisher dem breiten Einsatz von Ethanol entgegenstanden. Biobutanol sorgt also für einen qualitativ hochwertigen Sprit und ist technologisch wie ökologisch dem bisher produzierten Bio-Ethanol überlegen.
BP will Biobutanol aus Zuckerrüben und langfristig auf Basis von Zellulose herstellen. Das heißt, es sollen in Zukunft nicht mehr Früchte oder Getreide zur Kraftstofferzeugung genutzt werden, sondern die nicht mehr verwertbaren Pflanzenreste wie Stroh oder Blätter. Damit würde die Biobutanolerzeugung nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelherstellung treten. Die 400 Millionen Dollar teure Fabrik soll 2010 fertiggestellt werden und zunächst noch Bio-Ethanol produzieren. Mit 420 Millionen Litern jährlich könnte ein Drittel des britischen Biobenzinbedarfs gedeckt werden.

BP: Grünes Image
Rund vier Prozent der Gesamtinvestitionen – mehr als 750 Millionen Euro – steckte BP 2008 in den Biospritbereich. Da Tankstellen in der EU verpflichtet sind, bei Diesel und Benzin Bioanteile einzusetzen, ist das ein sicheres Geschäft. BP betreibt in Brasilien mit Partnern eine Ethanolfertigung aus Zuckerrohr und bereitet in Großbritannien die Herstellung von Biobutanol vor. Mit der Marke BP Solar zählen die Briten weltweit zu den größten Anbietern von Solarstromanlagen. Unter den großen Ölkonzernen der Welt ist BP der Titel mit der größten Öko-­Orientierung, auch wenn der neue BP-Chef Tony Hayward dieses Business wohl nicht mehr so ernst nimmt wie Vorgänger John Browne. Konservative Anleger, denen ein bisschen „Grün“ reicht, können investieren.

Gas Natural: Saubere Alternative
Die im spanischen Auswahlindex IBEX gelistete Gas Natural ist ausschließlich im Erdgas- und neuerdings auch im Stromgeschäft aktiv. Unter den europäischen Öl- und Gastiteln ist der Konzern aus Barcelona damit einer der saubersten Vertreter. Im Stromgeschäft setzt die Gesellschaft auf hocheffiziente Gasturbinenkraftwerke, die wenig CO2 ausstoßen. Gas Natural verfügt außerdem über eines der größten und renditestärksten Windkraftportfolios aller börsennotierten Öl- und Gasfirmen. Im ersten Halbjahr konnte das Unternehmen seinen Nettogewinn um 10,5 Prozent auf 622 Millionen Euro steigern. Für langfristig orientierte Anleger, die einen konservativen Energiewert mit Nachhaltigkeitspotenzial suchen.

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