Tesla-Aktie im Fokus: Hat Elon Musk Investoren beim Billig-Tesla getäuscht?
• Falsche Versprechungen zu günstigem Tesla-Modell
• Widersprüchliche Signale
• Tesla peilt möglicherweise Strategiewechsel an
Im April vergangenen Jahres sorgte ein Bericht der Nachrichtenagentur Reuters für Unruhe bei Tesla. Laut dem Bericht hatte das Unternehmen die Entwicklung eines kostengünstigen Elektrofahrzeugs - intern und extern oft als "Model 2" bezeichnet - eingestellt. Das Fahrzeug war ursprünglich als Meilenstein für Teslas Wachstumsstrategie positioniert worden, mit einem angestrebten Einstiegspreis von rund 25.000 US-Dollar. Kurz nach der Veröffentlichung wies Tesla-CEO Elon Musk die Berichterstattung jedoch öffentlich via X zurück und erklärte: "Reuters lügt (mal wieder)".
Reuters is lying (again)
- Elon Musk (@elonmusk) April 5, 2024
Die Tesla-Aktie, die unmittelbar nach dem Bericht rund sechs Prozent eingebüßt hatte, erholte sich nach Musks Kommentar teilweise, schloss aber dennoch mit einem Tagesminus von 3,6 Prozent.
Wie Reuters unter Berufung auf Informationen von mit der Angelegenheit vertrauten Personen berichtet, soll Musks Dementi intern jedoch nicht unumstritten gewesen sein. So hätten mehrere Führungskräfte zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass das Projekt bereits einige Wochen zuvor eingestellt worden war und Tesla die Ressourcen auf die Entwicklung autonomer Robotaxis umlenkte. Einige dieser Führungskräfte sollen Musk nach seinem öffentlichen Widerspruch direkt auf die Diskrepanz angesprochen haben, doch er habe bestätigt, dass das Projekt weiterhin nicht verfolgt werde.
Unklare Kommunikation und Auswirkungen auf Investoren
Die widersprüchlichen Signale warfen Fragen auf - sowohl innerhalb des Unternehmens als auch bei Investoren. Führungskräfte berichteten gegenüber Vertrauten, dass sie die Situation als problematisch einschätzten, insbesondere im Hinblick auf die Erwartungen der Öffentlichkeit und der Kapitalmärkte, wie es bei Reuters weiter hieß. Analysten hatten das Model 2 bereits in ihre Prognosen aufgenommen. Die Sorge bestand, dass die Verwirrung potenzielle Käufer verunsichern und künftige Verkäufe beeinträchtigen könnte, wenn Kunden auf ein günstigeres Modell warten, das in Wirklichkeit gar nicht mehr geplant sei.
Zudem gab es vereinzelt Bedenken hinsichtlich möglicher Konsequenzen seitens der US-Börsenaufsicht SEC. Musks Aussage, das Projekt sei nicht eingestellt worden, könnte als irreführend gewertet werden - insbesondere, da sich ähnliche Vorfälle in der Vergangenheit bereits negativ für das Unternehmen ausgewirkt hatten. 2018 hatte Musk nach einer ebenfalls kontroversen Äußerung über einen möglichen Börsenrückzug von Tesla eine Einigung mit der SEC erzielt und eine Geldstrafe von 40 Millionen US-Dollar akzeptiert.
Strategiewechsel hin zu bestehenden Plattformen
Im Zuge der internen Neuausrichtung plane Tesla statt eines komplett neuen Modells die Einführung vereinfachter Versionen der bestehenden Fahrzeuge Model 3 und Model Y. Diese sollen voraussichtlich im Laufe des Jahres 2025 auf den Markt kommen, ein konkreter Preis wurde bislang nicht genannt. Teslas Technikchef Lars Moravy bestätigte auf einer Investorenkonferenz im April, dass die neuen Fahrzeuge bestehende Designs aufgreifen würden, jedoch zu einem niedrigeren Einstiegspreis angeboten werden sollen.
In einem späteren Update gegenüber Investoren erklärte Tesla, dass weiterhin neue, erschwinglichere Modelle geplant seien - jedoch auf bestehenden Produktionslinien basierend, und nicht als komplett neue Fahrzeugplattform.
Veränderte Marktbedingungen und wachsender Wettbewerb
Die Abkehr von einem eigenständigen, günstigen Modell kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Tesla mit sinkenden Verkaufszahlen und zunehmender Konkurrenz konfrontiert ist. Im Jahr 2024 verzeichnete das Unternehmen erstmals einen Rückgang bei den Jahresverkäufen. Im ersten Quartal 2025 sanken die Verkaufszahlen um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Insbesondere auf dem europäischen Markt verliert Tesla Marktanteile an den chinesischen Hersteller BYD, der im April 2025 erstmals mehr Fahrzeuge in Europa verkaufte als Tesla. BYDs Einstiegsmodell Seagull wird in China für unter 10.000 US-Dollar angeboten und auch in Exportmärkten zu wettbewerbsfähigen Preisen verkauft.
Tesla scheint an einem strategischen Wendepunkt zu stehen. Während das Unternehmen öffentlich an der Vision eines erschwinglichen Elektrofahrzeugs festzuhalten scheint, deuten interne Informationen auf eine klare Abkehr vom ursprünglich geplanten Model 2 hin. Stattdessen scheint das Unternehmen auf Kostensenkung durch Vereinfachung bestehender Modelle und eine verstärkte Ausrichtung auf autonome Fahrzeuge zu setzen. Die Kommunikation dieser Kursänderung scheint jedoch zunächst unklar. Angesichts zunehmenden Wettbewerbsdrucks, vor allem aus China, dürfte es entscheidend sein, wie Tesla seine Positionierung im Markt künftig gestaltet.
Redaktion finanzen.net
Bildquelle: Nadezda Murmakova / Shutterstock.com, Phil Stafford / Shutterstock.com, pio3 / Shutterstock.com, kovop / Shutterstock.com