Welche Arten von Testamenten gibt es und wann ist welches Testament sinnvoll?
Das eigenhändige Testament
Das eigenhändige oder privatschriftliche Testament ist die einfachste und kostengünstigste Form, da weder ein Notar noch Zeugen erforderlich sind, wie die Kanzlei Herfurtner berichtet. Es wird vollständig handschriftlich verfasst, datiert und unterschrieben. Diese Form eignet sich besonders für Personen mit überschaubarem Nachlass und klaren Vorstellungen über die Erbfolge. Der Vorteil liegt in der Flexibilität: Das Testament kann jederzeit geändert oder vernichtet werden. Gleichzeitig besteht ein erhöhtes Risiko formaler Fehler oder Missverständnisse, die die Wirksamkeit beeinträchtigen können. Zudem ist in vielen Fällen ein Erbschein notwendig, insbesondere wenn Immobilien vererbt werden sollen, was zusätzliche Kosten mit sich bringt.
Das notarielle oder öffentliche Testament
Dieses Testament wird bei einem Notar errichtet. Dabei kann der Wille entweder mündlich erklärt oder schriftlich übergeben werden. Der Notar berät rechtlich, dokumentiert korrekt und sorgt für die amtliche Hinterlegung beim Nachlassgericht. Im Erbfall kann dadurch oft auf einen Erbschein verzichtet werden, vorwiegend bei Immobilien und größeren Vermögenswerten. Diese Form bietet die höchste Rechtssicherheit und ist besonders bei komplexen Erbfällen oder bei Familien mit mehreren Erben ratsam. Auch für Unternehmerinnen und Unternehmer bietet sich diese Form des Testaments an, wie postbank.de erklärt. Der Nachteil liegt in den Kosten, die sich nach dem Nachlasswert richten. Dennoch kann diese Investition dabei helfen, spätere Streitigkeiten und Verzögerungen zu vermeiden. Ein weiteres Manko stellt laut der Kanzlei Herfurtner die eingeschränkte Flexibilität dar.
Das gemeinschaftliche Testament
Verheiratete Paare und eingetragene Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Testament verfassen. Für Lebensgefährten eigne es sich dagegen nicht, wie der Fachanwalt für Erbrecht und für Steuerrecht, Eberhard Rott, im Gespräch mit den Experten der ING-DiBa erklärt. Das Gemeinschaftstestament enthält in der Regel wechselseitige Verfügungen, etwa dass sich die Partner zunächst gegenseitig beerben und nach dem Tod des Letztversterbenden die Kinder oder andere Dritte. Eine häufige Form ist das sogenannte Berliner Testament, bei welchem sich die Ehepartner als alleinige Erbende eintragen und gemeinsam den Schlusserbenden bestimmen. Vorteilhaft ist die Absicherung des Partners. Gleichzeitig ist diese Form nach dem ersten Erbfall je nach Vereinbarung nicht mehr einseitig änderbar. Paul Grötsch empfiehlt daher, dem Längerlebenden einen Änderungsspielraum zu gewähren. Dennoch können steuerliche Nachteile entstehen, da Kinder ihren Freibetrag unter Umständen erst beim zweiten Todesfall nutzen können. Dies kann zu einer höheren Steuerbelastung führen. Zudem können gegebenenfalls Pflichtteilsansprüche gesetzlicher Erben entstehen, wie die Kanzlei Herfurtner erklärt.
Paare haben selbstverständlich ebenfalls die Möglichkeit, Einzeltestamente aufzusetzen, wie Paul Grötsch, Fachanwalt für Erbrecht, gegenüber ING-DiBa betont. Diese können jederzeit verändert oder widerrufen werden. Hier werden die Ehe- respektive Lebenspartner jedoch nicht abgesichert. Außerdem kann es laut der Kanzlei Herfurtner ohne klare Regelung zwischen den Erben zu Konflikten kommen.
Das Nottestament
In Ausnahmesituationen wie akuter Lebensgefahr kann ein Nottestament errichtet werden. "Dabei können Sie Ihren letzten Willen vor drei Zeugen mündlich erklären", beschreibt Rott. Diese Zeugen müssen jedoch neutral sein. So wird beispielsweise bei dem Bürgermeistertestament ein Bürgermeister oder vergleichbarer Amtsträger als einer der drei Zeugen eingesetzt. Gehören potenzielle Erben zu den Zeugen, ist der letzte Wille unwirksam. Diese Testamente sind zudem nur vorübergehend gültig und verlieren ihre Wirkung, wenn der Erblasser nach drei Monaten noch lebt. Zudem besteht das "Risiko von Missverständnissen und Interpretationsspielräumen bei der Übermittlung des Willens" sowie eine "geringe Beweiskraft gegenüber schriftlich oder notariell festgehaltenen Testamenten", so die Kanzlei Herfurtner. Nottestamente sind also wichtig als letztes Mittel, ersetzen aber keine langfristige Vorsorge.
Das Behindertentestament
Für Familien mit einem pflegebedürftigen Angehörigen kommt das sogenannte Behindertentestament in Betracht. Ziel ist es, dem Kind oder Verwandten eine Erbschaft zukommen zu lassen, ohne dass diese auf Sozialleistungen angerechnet wird. Dabei wird mit Vor- und Nacherbschaft sowie Testamentsvollstreckung gearbeitet, um das Vermögen langfristig zu schützen. Diese Form ist hoch komplex und sollte ausschließlich mit juristischer Begleitung erstellt werden.
Beratung nahezu immer sinnvoll
Die Wahl des richtigen Testaments hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Familienstand, Vermögensverhältnisse, Immobilienbesitz und steuerliche Überlegungen spielen eine zentrale Rolle. Während ein handschriftliches Testament für einfache Fälle genügen kann, sind notarielle oder gemeinschaftliche Testamente bei komplexeren Konstellationen deutlich sinnvoller. Wer besonderen Schutz für einzelne Angehörige oder eine verbindliche Nachlassregelung wünscht, sollte rechtzeitig professionellen Rat einholen.
Redaktion finanzen.net
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