Nachlass

Trotz Enterbung im Testament: So ist der Pflichtteil beim Erbe geregelt

08.05.25 18:14 Uhr

Pflichtteil beim Erbe: Diese Rechte haben Enterbte laut Gesetz | finanzen.net

Auch wenn nahe Angehörige in einem Testament übergangen werden, steht ihnen häufig ein gesetzlich verankerter Pflichtteil zu. Dieser sichert bestimmten Familienmitgliedern einen Mindestanteil am Erbe, selbst wenn sie von der Erbfolge ausgeschlossen wurden. Die gesetzlichen Regelungen dazu sind komplex und hängen von verschiedenen Faktoren ab.

Bedeutung und Anspruchsberechtigung des Pflichtteils

Der Pflichtteil ist ein Erbersatzanspruch, der für nahe Angehörige vorgesehen ist. Wird eine pflichtteilsberechtigte Person durch ein Testament enterbt, bleibt dennoch ein finanzieller Mindestanspruch bestehen. Dieser Anspruch steht in erster Linie den direkten Nachkommen des Erblassers zu, also den eigenen Kindern, unabhängig davon, ob sie ehelich, nicht ehelich oder adoptiert sind, so das Deutsche-Erbenzentrum. Auch Ehepartner haben grundsätzlich ein Pflichtteilsrecht, solange die Ehe zum Zeitpunkt des Erbfalls noch bestand. Falls keine Kinder vorhanden sind, können in manchen Fällen auch die Eltern des Verstorbenen anspruchsberechtigt sein. Andere Verwandte, wie Geschwister oder Stiefkinder, haben hingegen kein gesetzliches Anrecht auf einen Pflichtteil.

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Berechnung des Pflichtteils

Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Grundlage der Berechnung ist der gesamte Nachlasswert, von dem Verbindlichkeiten und Kosten wie Beerdigungsausgaben abgezogen werden. Laut Sparkasse werden Sachwerte, darunter Immobilien oder Wertgegenstände, in die Berechnung mit einbezogen. Falls Unklarheiten über den genauen Nachlassbestand bestehen, können Pflichtteilsberechtigte eine Aufstellung der Vermögenswerte verlangen.

Durchsetzung des Pflichtteils

Der Pflichtteil wird nicht automatisch ausgezahlt, sondern muss von den Berechtigten aktiv eingefordert werden. Der Anspruch richtet sich gegen die Erben, die eine Auskunftspflicht über den Umfang des Nachlasses haben. Falls Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen, kann eine eidesstattliche Versicherung verlangt werden. In einigen Fällen ist es notwendig, Sachverständige hinzuzuziehen, um den Wert bestimmter Nachlassgegenstände, wie Kunstwerke oder Schmuck, zu bestimmen. Sollte der Pflichtteil nicht freiwillig ausgezahlt werden, bleibt nur der Weg einer gerichtlichen Auseinandersetzung.

Entzug des Pflichtteils und Verzichtmöglichkeiten

Laut § 2333 BGB kann in bestimmten Fällen der Pflichtteil durch den Erblasser entzogen werden. Dies ist jedoch nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen möglich. Dazu gehören schwere Verfehlungen des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erblasser, etwa in Form von Straftaten oder grobem Fehlverhalten. Eine Enterbung aus rein persönlichen Gründen reicht hingegen nicht aus, um den Pflichtteil zu verwehren.

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Es besteht zudem die Möglichkeit, noch zu Lebzeiten auf den Pflichtteil zu verzichten. Ein solcher Verzicht erfolgt durch eine notariell beurkundete Vereinbarung zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem. Oft wird dieser mit einer Abfindungszahlung verbunden, deren Höhe individuell ausgehandelt werden kann.

Rechtzeitige Planung und Beratung

Auch bei einer testamentarischen Enterbung bleibt nahe Angehörigen in vielen Fällen ein Anspruch auf den Pflichtteil. Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, kann eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Regelungen sinnvoll sein. Eine rechtliche Beratung hilft dabei, alle Möglichkeiten und Pflichten im Erbfall zu verstehen und gegebenenfalls angemessene Vereinbarungen zu treffen.

Redaktion finanzen.net

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