Ratingagenturen

Ratings von S&P, Moody’s & Co spalten Regierung

09.07.11 09:00 Uhr

Während innerhalb der Regierungsparteien über den Einfluss von Ratingagenturen ein Streit ausgebrochen ist, unterstützen die deutschen Bankenverbände die Pläne der EU-Kommission für ein Einfrieren von Länderratings.

von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag

„Um Hilfs- und Sanierungsmaßnahmen für EU-Länder nicht zu konterkarieren, sollten die Ratings für mindestens drei bis sechs Monate eingefroren werden“, so eine Sprecherin des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV). Dies sei die gemeinsame Hal­tung aller Bankenverbände in Deutschland, darunter der Privatbankenverband (BdB) und der Volksbankenverband (BVR). Nach Ablauf der Frist sollten die Ratings dann schrittweise angepasst werden, um zu vermeiden, dass sich aufgrund einer Herabstufung nach Hilfsmaßnahmen „die Situation für Unternehmen oder Staaten unkontrollierbar weiter verschlechtert und erneute Rettungsmaßnahmen erforderlich werden“.

Wer­bung

Die Diskussion über den Einfluss der Ratingagenturen war entbrannt, nachdem Standard &Poor’s (S & P) die Bonitätsnote Griechenlands gesenkt und gleich darauf Moody’s portugiesische Anleihen auf Ramschstatus gestellt hatte, nachdem dort gerade Reformprogramme angelaufen waren. Die drei US-Agenturen S & P, Moody’s und Fitch kontrollieren 90 Prozent des Ratingweltmarkts.

Unterdessen attackiert der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wegen seiner Pläne, die Ratingagenturen schärfer kontrollieren zu wollen. Die Ratingagenturen nähmen lediglich den ihnen von der Politik zugewiesenen gesetzlichen Auftrag wahr. „Es ist völlig widersinnig, sie dafür zu kritisieren. Die Ratingagenturen fällen ehrliche Urteile, ansonsten würden sie mit Bedeutungsverlust vom Markt bestraft. Offenbar erwartet Herr Schäuble von Privatunternehmen, dass sie sich zum Handlanger seiner politisch motivierten und unwirtschaftlichen Dauersubventionierung von Schulden­staaten machen.“ Die angedrohten gesetzlichen Eingriffe seien für eine ­Lösung der Schuldenkrise kontra­produktiv. „Man zerschlägt ja auch nicht das Thermometer, wenn einem die Hitze des Sommers nicht passt.“ Auch Pläne für eine staatlich angeschobene europäische Ratingagentur führten in die falsche Richtung, so Schäffler. Sie sei ebenso wenig politisch unabhängig wie die EZB. „Da besteht die Gefahr, dass man sich ein Thermometer mit einer falschen Skala zusammenbaut.“


Hier gehts zum aktuellen Heft

Wer­bung

Unterstützung bekommt Schäuble dagegen von seinem bayerischen Amtskollegen Georg Fahrenschon (CSU). Er habe den Eindruck, die US-Agenturen „lassen bewusst die notwendige Sensibilität vermissen“, sagte Fahrenschon. „Ich kritisiere, dass die Ratingagenturen sich zu ­wenig konstruktiv mit den Rettungsmodellen befassen und zu wenig sagen, wie es gehen könnte, sondern öf­fentlich Verunsicherung verbreiten.“ Fahrenschon plädiert für die Einführung unabhängiger europäischer ­Ratingagenturen. Auch solle die Verwendung von Ratings in Regulierungen kritisch geprüft werden. S & P-Deutschland-Chef Torsten Hinrichs beklagt dagegen, dass sich kaum jemand inhaltlich mit der Arbeit der Ratingagenturen auseinandersetze. „Ratings sind Meinungen über die künftige Zahlungsfähigkeit von Schuldnern und haben über lange Jahre eine hervorragende Trefferquote aufzuweisen. Gerade in dieser Zeit sind unabhängige, objektive Meinungen von großem Wert.“